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Alkoholismus als biographisches Ereignis am Beispiel chronisch ...

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Nun entsteht aber die Frage, wie diese <strong>Ereignis</strong>se im Nachhinein bewertet werden, <strong>als</strong>o im<br />

Sinne eines Ich – Bezuges zur Krankheit? Wir gingen ja davon aus, dass der<br />

Erzählstandpunkt, die Jetzt – Perspektive immer automatisch in der ganzen Erzählung<br />

mitschwingt und enthalten ist, in jeder Lebenserfahrung.<br />

In den Interviewinterpretationen wurde deutlich, dass explizite, reflexive Aussagen bezüglich<br />

des eigenen Lebens und der Krankheit kaum getroffen worden sind. Die Erzählperspektive<br />

und der Standpunkt können meist nur indirekt erschlossen werden, vor allem durch die<br />

Schilderung der Beeinträchtigungen und der Veränderungen durch die Therapie. Letztere<br />

etwa durch die Bildung von Umkehrschlüssen, indem das abstinente Leben mit dem<br />

Trinkerleben verglichen wird. Die Ergebnisse dieser Passagen sind im Anschluss ausführlich<br />

dargestellt.<br />

Dazu sollte auch bedacht werden, dass das autobiographische Bewusstsein vermutlich auch<br />

durch die hirnorganischen Schäden, wie z.B. die verminderte Flexibilität des Denkens, mehr<br />

oder weniger stark eingeschränkt ist. Eine Geschichte zu erzählen und gleichzeitig aus<br />

heutiger Sicht zu bewerten bedeutet womöglich eine Überforderung. Die meisten Therapeuten<br />

haben von kognitiven Defiziten ihrer Klienten berichtet (vgl. Therapeuteninterview A, B, D,<br />

E, F, G, H, K, L, N, O, Q)<br />

Nur in wenigen Interviewpassagen wird explizit Stellung zur Krankheit genommen. Einige, in<br />

denen über den <strong>Alkoholismus</strong> geurteilt wird, möchte ich hier nochm<strong>als</strong> wiedergeben:<br />

Herr C: „...aber das war der f<strong>als</strong>che Weg...“ (Interview C, 1); Herr F spricht von der „blöden<br />

Sauferei“ (Interview F, 5)<br />

Frau D „...ich sage ja für mich ist es hart weil es fällt mir schwer, ich denke auch oft darüber<br />

nach wenn ich in meinem Zimmer sitze dann denke ich `ach warum musste das alles so<br />

sein?´...es war eine harte Zeit; und es ist auch jetzt noch eine harte Zeit für mich weil ich viel<br />

darüber nachdenke...“ (Interview D, 5)<br />

Herr J: „...na ja und irgendwie meine ganze Einstellung und so weiter die Lebenseinstellung:<br />

ist unter aller Sau gewesen, weil ich habe ja nun; wenn mir jemand etwas gesagt hat `trinke<br />

nicht soviel!´ `höre auf mit dem Trinken!´ oder `trinke nicht soviel!´ da habe ich meistens<br />

gesagt `ja was wollt Ihr denn?´ sage ich `trinke ich verrecke ich, trinke ich nicht: verrecke ich<br />

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