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Alkoholismus als biographisches Ereignis am Beispiel chronisch ...

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„Die Abkürzung ‚CMA‘ und auch die Formulierung, die für dieses Kürzel steht: ‚<strong>chronisch</strong><br />

mehrfach beeinträchtigte Abhängigkeitskranke‘, ist eine klassifikatorische Beschreibung, ein<br />

Abbild, Definitionen, Definitionsvorschläge, Klassifikationsversuche (Hilge, 1998; Schu, M.<br />

1998; Arbeitsgruppe CMA, 1999; Fleischman & Wodarz, 1999; Schlanstedt et al., 2001),<br />

Abbilder und Konstrukte. Diese sprachlichen Konstrukte verhalten sich zu den Menschen, die<br />

d<strong>am</strong>it beschrieben werden sollen, wie Apfelbilder zu ‚real existierenden Äpfeln‘.“ (Steingass<br />

2003, 8)<br />

Obwohl derartige Systeme natürlich auch sein müssen, um eben eine statistische Aussage<br />

über den Hilfebedarf zu machen, oder um einen solchen individuell festzustellen, sind sie<br />

auch äußerst kritisch zu bewerten, denn ihre Einführung „...brachte...erhebliche Nachteile mit<br />

sich. Die Operationalisierbarkeit der Krankheitsdefinitionen wurde mit einer rigiden<br />

Beschränkung auf den Verhaltensaspekt erkauft. Die Frage der motivationalen, situativen und<br />

biographischen Verknüpfungen des Krankheitsgeschehens wurde an den Rand gedrückt –<br />

eben weil entsprechende Feststellungen zumeist nicht operationalisierbar sind.“ (Bittner 1996<br />

b, 23)<br />

Somit sei hier noch einmal gesagt, dass diese Definitionsinstrumente nur Abbilder sind, hinter<br />

denen sich Menschen mit ihrer individuellen Lebensgeschichte, mit ihren individuellen<br />

Empfinden und Sinnzus<strong>am</strong>menhängen verbergen.<br />

Dies gilt auch für die ICD-Kriterien, so heißt es z.B. im Vorwort zur deutschen Übersetzung<br />

des ICD-10: „Die ICD-10-Forschungskriterien dagegen sind strenge und komplexe<br />

operationalisierte Kriterien, die für wissenschaftliche Untersuchungen zu einer<br />

Stichprobenhomogenisierung beitragen sollen.“ (Dilling 2004, 9)<br />

Die Gefahr, die ein verstärkter Kostendruck in Verbindung mit einer vermehrten Forderung<br />

nach Hilfebedarfsnachweisen bringt, ist die, dass dadurch ein Paradigma aufgedrängt wird,<br />

das den Menschen reduziert auf Kategorien, auf operationalisierbare Merkmale oder auf<br />

Ziele.<br />

Deswegen ist es notwendig, neben diese Paradigmen eines zu stellen, das den Menschen in<br />

seiner Subjektivität wissenschaftlich betrachtet und zu Wort kommen lässt. Und dies soll in<br />

dieser Arbeit geschehen.<br />

Insges<strong>am</strong>t ist auch die Landschaft der Suchttherapie und Suchtforschung vorwiegend von<br />

empirischen, evidenzbasierten Ansätzen geprägt. Es besteht ein Mangel und d<strong>am</strong>it ein<br />

Nachholbedarf an subjektorientierten Forschungsansätzen.<br />

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