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Alkoholismus als biographisches Ereignis am Beispiel chronisch ...

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Ein Vorverständnis für die Interpretation der Interviews dieser Arbeit ist jedoch in zweierlei<br />

Hinsicht vorhanden. Zum einen durch die Vorarbeit und der Auseinandersetzung mit<br />

Geschichte, Definitionen und Bedingungsgefügen, und zum anderen durch des Autors<br />

persönliche Erfahrungen mit Alkohol und durch die Arbeit in der soziotherapeutischen<br />

Einrichtung.<br />

Mit diesem Vorverständnis werden die Interviews beleuchtet, um das Leben mit der<br />

Erkrankung besser zum Verstehen zu bringen und gleichzeitig den Patienten, der mit der<br />

Erkrankung lebt, in den Mittelpunkt zu stellen.<br />

Auf dieser Grundlage fußt nun Bittners hermeneutische Psychologie. Er bezieht sich daber auf<br />

Dilthey, der <strong>als</strong> Begründer der modernen Geisteswissenschaften gilt. Dilthey hat in<br />

Abgrenzung zur experimentellen Laboratoriumspsychologie seiner Zeit (1833 – 1911) eine<br />

„neue“ Psychologie vertreten, die vom Leben und Erleben der Menschen handeln soll. Diesen<br />

Gedanken greift Bittner auf, und versucht dieses Anliegen für die heutige Zeit wieder<br />

fruchtbar zu machen mit dem Ziel, eine hermeneutische Psychologie zu entwerfen, die sich<br />

<strong>am</strong> Leben selbst orientiert. (vgl. Bittner 2001, 50 ff.)<br />

So steht auch Bittner den heutigen psychologischen und soziologischen Forschungsansätzen<br />

kritisch gegenüber:<br />

„Die Wissenschaft vom Menschen, vor allem Psychologie und Soziologie, aber auch...die<br />

Physiologie, sind nämlich nicht zufällig, sondern vom ganzen Ansatz her ‚lebensfremd‘, sie<br />

untersuchen Lebensvorgänge überwiegend nicht in situ, d.h. an dem Ort, an dem sie<br />

natürlicher Weise vorkommen, sondern sozusagen unter Laboratoriumsbedingungen, wo sie<br />

evoziert werden können, wie es dem Forscher für seine Zwecke <strong>am</strong> bequemsten ist.“ (Bittner<br />

2001, 49)<br />

In diesem Zus<strong>am</strong>menhang sei nochm<strong>als</strong> kritisch auf die evidenzbasierte Suchtforschung<br />

verwiesen, die ebenfalls gerne Merkmale isoliert zu betrachten und zu messen versucht, ohne<br />

den Bezug zur Lebenswelt herzustellen.<br />

Und gerade deshalb bergen diese Ergebnisse immer eine gewisse Gefahr: „Wissenschaft ist,<br />

wo es sich um die Aufklärung von Alltagerscheinungen unseres Leben handelt...stets in der<br />

Gefahr, uns in die Irre zu leiten; wir tun gut daran, Aussagen der Wissenschaft an unserer<br />

alltäglichen Lebenserfahrung zu messen, um wenigstens die gröbsten Irrtümer zu vermeiden.“<br />

(ebd.)<br />

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