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Alkoholismus als biographisches Ereignis am Beispiel chronisch ...

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verkürzen oder es mehr oder weniger einschneidend verändern. Es gibt Krankheiten, die sich<br />

fortwährend durch Schmerz bemerkbar machen, und andere, von denen man über lange Jahre<br />

überhaupt nichts merkt. Medizinisch wie psychologisch gilt, dass man über die einzelnen<br />

Krankheiten oft sehr viel, über Krankheit im allgemeinen nur wenig aussagen kann.“ (Bittner<br />

2001, 201)<br />

Hier bringt Bittner die allgemeine Unmöglichkeit eines Krankheitsbegriffs auf den Punkt. Er<br />

plädiert für eine subjektive, biographische Annäherung und Auseinandersetzung mit von<br />

Krankheit betroffenen Menschen. (vgl. Bittner 2001, 203)<br />

Krankheit gehört zwar zu den menschlichen Grunderfahrungen, und dennoch ist eine<br />

Definition immer nur aus einer individuellen Perspektive heraus möglich. Abhängig davon,<br />

wie Krankheit erlebt wurde, wie lange das Kranksein gedauert hat, wie schwer die<br />

Erkrankung war, welche Folgen sie hatte, hinterlässt sie im Gedächtnis eines jeden Menschen<br />

ihre Spuren. Darüber lässt sich dann auch sehr viel aussagen, über Krankheit allgemein aber<br />

nur sehr wenig. (vgl. ebd., 201)<br />

Und so stellt sich auch die Frage, wer hinter der Bezeichnung CMA steckt, die<br />

ja auch nur eine objektive Krankheitsdiagnose ist. Wer sind die Menschen, was haben sie<br />

erlebt und wie sehen sie ihren <strong>Alkoholismus</strong> in Bezug auf ihr Leben?<br />

In eine ähnliche Richtung gehen die Gedanken von Victor von Weizsäcker. Er ist der<br />

Meinung, dass die Unterscheidung zwischen ‚gesund‘ und ‚krank‘ völlig überflüssig ist. (vgl.<br />

v. Weizsäcker 1967, 249)<br />

Im Zus<strong>am</strong>menhang mit dem Biographischen entwirft er somit eine spezielle Krankheitslehre,<br />

die sogenannte „Biographik“ (v. Weizäcker 1956, 241 ff.):<br />

„Da diese Lehre, nimmt man sie umfassend und konsequent, wahrscheinlich große Folgen<br />

hat, so ist hier eine Beschränkung angebracht. Sie lautet: die Krankheit soll, und zwar<br />

ausschließend, <strong>als</strong> Wirks<strong>am</strong>keit des Ungelebten und <strong>als</strong> Verwirklichung des Unmöglichen<br />

eingesehen werden. Eine richtige Biographie kommt nur zustande, wenn sie im Sinne dieser<br />

Geschichtsauffassung aufgestellt wird. In der richtigen Biographie ist, nach Überwindung des<br />

Gegensatzes von krank und gesund, auch die neue Pathologie enthalten.“ (ebd., 249)<br />

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