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Alkoholismus als biographisches Ereignis am Beispiel chronisch ...

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hingesetzt haben nicht? dass ich da alleine im Wirtshaus saß, aber das war mir alles ja total:<br />

vollkommen egal ja?...ja dass die Wohnung verwahrlost.“(ebd., 4,5)<br />

Das Erleben von Herrn J. war <strong>als</strong>o geprägt von einem ‚Nichtwahrhabenwollen‘, vielleicht<br />

auch von einem ‚Sichnichtmehrwahrnehmenkönnen‘, weil er in einem Suchtkreislauf von<br />

Entzug und ‚Weitertrinkenmüssen‘ gefangen war. Die eigene körperliche Verwahrlosung<br />

wurde geleugnet und auch wirklich nicht mehr wahrgenommen. Insofern muss das eigene<br />

Erleben geprägt gewesen sein von einem Rauschgefühl, von einem ‚Dichtmachen‘ und<br />

Ausblenden der Umgebung, sich auf einen inneren Zustand der Betrunkenheit<br />

zurückzuziehen. Das Ganze wird bei Herrn J. bestärkt durch eine bewusste gleichgültige<br />

Einstellung zum Leben, sodass mögliche Ambivalenzen abgewürgt wurden:<br />

„...na ja und irgendwie meine ganze Einstellung und so weiter die Lebenseinstellung: ist unter<br />

aller Sau gewesen, weil ich habe ja nun; wenn mir jemand etwas gesagt hat `trinke nicht<br />

soviel!´ `höre auf mit dem Trinken!´ oder `trinke nicht soviel!´ da habe ich meistens gesagt `ja<br />

was wollt Ihr denn?´ sage ich `trinke ich verrecke ich, trinke ich nicht: verrecke ich genauso!´<br />

sage ich `ist doch sowieso scheißegal nach mir fragt sowieso kein Mensch!´...“(ebd., 5)<br />

Ferner beschreibt er an einem <strong>Beispiel</strong>, wie seine Freizeitinteressen der zunehmenden<br />

‚Gleichgültigkeit‘ zum Opfer gefallen sind:<br />

„...ich habe nur alles hingeschmissen: ich war irgendwann im VDK aktiv ich war im Sport<br />

aktiv ich habe <strong>als</strong> Schiedsrichter Spiele gepfiffen bis zur Landesliga hinauf na ja und ich habe<br />

ja alles hingeschmissen...“ (ebd., 5)<br />

Jedoch erinnert er sich an einen ‚nüchternen‘ Moment in seinem ständig berauschten Dasein,<br />

der dazu führte, dass er seinen Führerschein noch besitzt. Von dieser Passage kann man gut<br />

auf das Erleben von Herrn J. schließen, das von einem kontinuierlichen ‚berauschten<br />

Dahinsiechen‘ geprägt ist und nur durch ganz besondere <strong>Ereignis</strong>se unterbrochen wird, die<br />

zumindest teilweise wahrgenommen und erinnert werden:<br />

„...was ich bis heute so was ich heute: für gut empfinde das ist dass ich meinen Führerschein<br />

noch habe im Gegensatz zu anderen ja?...weil da muss ich wohl irgendwie einmal einen<br />

Lichtblick gehabt haben...da habe ich gesagt da bin ich <strong>am</strong> sonntags morgens um sechs in<br />

Berlin *Wedding aufgewacht habe überhaupt nicht gewusst wie ich da hingekommen bin, und<br />

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