29.01.2013 Aufrufe

Alkoholismus als biographisches Ereignis am Beispiel chronisch ...

Alkoholismus als biographisches Ereignis am Beispiel chronisch ...

Alkoholismus als biographisches Ereignis am Beispiel chronisch ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

naturwissenschaftliche Bestimmungen nicht möglich sind. Die Übergänge vom Genuss zum<br />

Laster oder zum Missbrauch und schließlich zur Krankheit sind „schw<strong>am</strong>mig“. Die<br />

Beschreibung von Rush, der von einem „Mittelding zwischen Laster und Krankheit“ (Rush<br />

1814 zit. n. Spode 1993, 127) spricht, trifft diesen Umstand noch <strong>am</strong> ehesten.<br />

Auch die Frage nach der Erblichkeit, und d<strong>am</strong>it die auch heute noch immer wieder<br />

aufkeimende Anlage – Umwelt - Diskussion wird von den Ärzten dieser Zeit aufgeworfen.<br />

Aber auch hier zeigen die unterschiedlichen Meinungen, dass es wohl verschiedene Ursachen<br />

für eine Krankheitsentwicklung gibt, und dass die genetische Veranlagung nur ein Faktor<br />

unter vielen ist.<br />

Durch die beiden Weltkriege k<strong>am</strong> es zu einem Rückgang des Alkoholkonsums. Während der<br />

Zeit des Ersten Weltkrieges wurde einmal sämtlicher verfügbarer Alkohol für die Soldaten an<br />

die Front geschafft, und zum anderen wurde unter der Zivilbevölkerung auf Grund der<br />

Lebensmittelknappheit kaum noch Alkohol hergestellt.<br />

In den Zwanzigerjahren k<strong>am</strong> es nur zu einem langs<strong>am</strong>en und vorsichtigen Anstieg des<br />

Alkoholkonsums. Dies lag an einem größeren Bewusstsein bezüglich der Gefahren und an der<br />

schlechten wirtschaftlichen Lage. (vgl. ebd.) Es k<strong>am</strong> kaum zu ausschweifendem<br />

Alkoholkonsum. Aus diesen Gründen wurde vermehrt die Finanzierung von Behandlungen<br />

von Alkoholikern in Frage gestellt, und immer mehr Einrichtungen mussten wegen<br />

Patientenmangel und aus finanziellen Gründen wieder schließen. (vgl. ebd.)<br />

In der Zeit des Nation<strong>als</strong>ozialismus wurde angenommen, dass <strong>Alkoholismus</strong> erblich sei. So<br />

hieß es im Rassengesetz nach § 1 Abs. 3 ‚Gesetz zur Verhütung des erbkranken<br />

Nachwuchses‘: „Wer an schwerem <strong>Alkoholismus</strong> leidet, kann sterilisiert werden“. (zit n.<br />

Lindenmeyer 2001) Die Zahl derer, die wegen <strong>Alkoholismus</strong> in Konzentrationslager<br />

geschickt worden sind, ist nicht bekannt. (ebd.)<br />

Insges<strong>am</strong>t k<strong>am</strong>en während der Nazizeit die Vorurteile über Trinker <strong>als</strong> „willensschwache,<br />

triebhafte und kriminelle“ Persönlichkeiten wieder verstärkt auf. 1943 wurden sogar alle<br />

Abstinenzvereine verboten, und nur eine einzige Trinkerheilstätte blieb während des Zweiten<br />

Weltkrieges geöffnet.<br />

<strong>Alkoholismus</strong> wurde in dieser Zeit <strong>als</strong>o wieder mit dem Konzept der Charakter- und<br />

Willensschwäche in Verbindung gebracht. Dies zeigt nochm<strong>als</strong> das wechselhafte<br />

Krankheitsverständnis der letzten 200 Jahre. Immer wieder konnten sich Vertreter dieser<br />

18

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!