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Alkoholismus als biographisches Ereignis am Beispiel chronisch ...

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Außerdem schützt nach der triebpsychologischen Theorie der Suchtmittelkonsum das Ich vor<br />

Außenreizen, wie vor konflikthaft oder bedrohlich erlebten Inhalten des Es und des Über-<br />

Ichs. Ferner wird Sucht <strong>als</strong> Symptom bzw. <strong>als</strong> missglückter Bewältigungsversuch eines<br />

Konflikts zwischen den psychischen Instanzen begriffen.<br />

Ein weiterer Aspekt ist die Ausagierung tabuisierter Affekte wie Aggressionen oder<br />

Sexualität, die vor allem bei einer indoktrinierenden, stark reglementierenden Über-Ich-<br />

Struktur der Person zum Tragen kommen kann. (vgl. Rost 2001, 49; Merkel 1987)<br />

Die Aspekte der Objektbeziehungen umfassen sowohl die Beziehung zu anderen Menschen<br />

einschließlich der verinnerlichten Bilder und Vorstellungen, <strong>als</strong> auch die Beziehungen zu sich<br />

selbst. Das Suchtmittel wird <strong>als</strong> Objektersatz, <strong>als</strong> Partialobjekt, oder <strong>als</strong> Übergangsobjekt<br />

aufgefasst (Bilitza & Heigl-Evers 1993, 158)<br />

Dieser Erklärungsansatz kann auch <strong>als</strong> Selbstzerstörungstheorie bezeichnet werden, weil mit<br />

diesem Ansatz vor allem die <strong>am</strong> schwersten gestörten Alkoholiker beschrieben werden<br />

können. (vgl. Rost 2001, 105) Der frühgestörte Alkoholiker erlebte die Mutter seiner ersten<br />

Kindheit <strong>als</strong> überwiegend böse; es handelt sich um eine fressende, zerstörerische Brust. (vgl.<br />

ebd., 88) Bei diesem Erklärungsansatz wird angenommen, dass auf Grund massiver<br />

Entwicklungsbeeinträchtigungen (durch körperliche und sexuelle Gewalt, Ablehnung,<br />

Suizidversuche der Eltern usw.) keine Identifikation mit dem Objekt einer nährenden,<br />

fürsorglichen, ‚guten Mutter‘ stattgefunden hat. Mit dem Trinken wird versucht, das eigene<br />

Selbst wie auch indirekt die ‚böse Mutter‘ zu zerstören. (vgl. Rost 2001, 92). Der Alkohol<br />

repräsentiert die böse, fressende, zerstörerische Brust, die der Süchtige aber <strong>als</strong> solche nicht<br />

bewusst erlebt. Der Alkohol verwandelt sich im Inneren in das böse Introjekt und zerstört real<br />

den Körper. (vgl. ebd., 88, 89)<br />

Dabei ist nach Simmel der ständige K<strong>am</strong>pf des Alkoholikers gegen seinen Drang zu trinken<br />

Ausdruck der Objektfixierung und seines Konfliktes, Liebe von der Mutter erhalten zu<br />

wollen, indem er sie verschlingt, um d<strong>am</strong>it die einzige Person umzubringen, von deren<br />

Existenz seine Hoffnung auf Sicherheit abhängt. Dahinter steckt eine unbewusste<br />

Todessehnsucht, in den Mutterleib zurückzukehren, in einen Zustand ohne quälende<br />

Ambivalenzen. (vgl. Simmel 1948)<br />

Somit könnten auch die starken Selbstmordtendenzen von Alkoholikern mit diesem Modell<br />

beschrieben werden. Man kann das Trinken auch <strong>als</strong> einen schleichenden Selbstmord auf<br />

Raten verstehen. (vgl. Rost 2001, 94)<br />

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