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Alkoholismus als biographisches Ereignis am Beispiel chronisch ...

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Einen weiteren Beitrag in diese Richtung finden wir bei Norris & Eastman, die in ihrem<br />

Selbstkonzept von einer Diskrepanz zwischen Real- und Ide<strong>als</strong>elbstbild sprechen. (vgl.<br />

Eastman & Norris 1982) Dies lässt vermuten, dass womöglich Außenstehende eher erkennen,<br />

dass Pläne, Zukunftserwartungen etc.der Betroffenen nicht sehr realistisch sind.<br />

Auch im Zus<strong>am</strong>menhang mit hirnorganischen Beeinträchtigungen kann es zu unrealistischen<br />

Selbsteinschätzungen kommen, vor allem in Bezug auf das Planungsverhalten, beispielsweise<br />

durch unorganisiertes Handeln, mangelnde Planungsvorbereitung und Verlust der zeitlichen<br />

Dimension. (vgl.Cr<strong>am</strong>on 1988, 250-253) Stuss & Benson zählen den Mangel an realer<br />

Selbsteinschätzung zu den zentralen Symptomen bei Frontalhirnschäden. (vgl. Stuss &<br />

Benson 1986, 121ff.) Die nichtadäquate Bewertung der eigenen Erkrankung im Sinne einer<br />

Anosodiaphorie: (‚Nichtzugänglichkeit‘) zählen für Kolb & Wish zu den wesentlichen<br />

Merkmalen bei frontalen Läsionen, und auch für Koch ist diese mangelnde Einsichtsfähigkeit<br />

ein typisches Symptom. (vgl. Kolb & Wish 1990, 476; Koch 1994, 107)<br />

Weitere Divergenzen zwischen der Eigen- und Fremdsicht können sich durch die<br />

alkoholbedingten Einbußen im Gedächtnisbereich ergeben, insbesondere in Bezug auf<br />

Schädigungen im episodisch-autobiographischen Gedächtnis, das biographische Inhalte<br />

speichert. (vgl. z.B. Kopelman 1999)<br />

Im Zus<strong>am</strong>menhang mit den spezifischen Abwehrmechanismen von Alkoholikern (vgl.<br />

Schneider 2001, 190 f.; Wallace 1978; vgl. Kapitel über Abwehrmechanismen), wie<br />

Verleugnen, Rationalisieren, Alles-oder-Nichts-Denken, Problemvermeidung usw., die<br />

Wallace <strong>als</strong> typisch erlernte Verhaltensweisen durch die langjährige Abhängigkeitskarriere<br />

betrachtet, wird die Vermutung einer Diskrepanz zwischen Eigen- und Fremdsicht besonders<br />

bei <strong>chronisch</strong> Abhängigen bestärkt. „…I assume that an alcoholic PDS (preferred defense<br />

structure, Armin Schach<strong>am</strong>eier) exists and that it is the outcome of alcoholism, not an<br />

antecedent condition.” (Wallace 1978)<br />

Diese „preferred defense structures“ können die beobachteten Phänomene aus der Praxis<br />

erklären, jedoch mehr in einem kategorisierenden Sinne.<br />

Für diese Arbeit stellen diese beschriebenen Abwehrmechanismen zunächst einen weiteren<br />

Hinweis auf eine divergente Eigen – Fremdsicht speziell bei Alkoholikern dar.<br />

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