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Das Engelchen. Robert Prutz. - Karl-May-Gesellschaft

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für Julian, wo sie traurig, keinen Genuß für ihn, wo<br />

sie in Entbehrungen wäre? Es war ihr wohl bekannt,<br />

in welcher unseligen Lage ihr Bruder sich befand, und<br />

wie sein junges Leben, gleich einer Pflanze, die in fremdem<br />

Erdreich steht, fern von der Luft und der Sonne<br />

ihrer Heimat, verschmachtete in der kalten, herzlosen<br />

Umgebung des väterlichen Hauses. Seine Briefe<br />

freilich hatten es ihr nicht melden dürfen, mit keinem<br />

Wort) keiner Silbe – sie gingen ja allemal erst durch<br />

die Hand ihres Vaters! Aber auch ohne Wort und ohne<br />

Silbe, ihr Herz hatte den Jammer seiner Seele dennoch<br />

verstanden, hatte dennoch den Nothschrei gehört, mit<br />

dem der Verschmachtende ihr rief! Dies, ja dies allein<br />

war der eigentliche, der innerste Zweck ihrer Heimkehr:<br />

sie kam, ihrem Bruder, in der entsetzlichen Vereinsamung<br />

seines jungen Lebens, Trost, Freude, Erheiterung<br />

zu bringen, sein kummervolles Auge sollte sich<br />

widerspiegeln in dem heitern Glanz des ihren, sein armes,<br />

verwaistes, freudloses Herz sollte genesen, indem<br />

es wieder den Herzschlag einer Schwester fühlte. Zu<br />

jedem Opfer und jeder Entsagung bereit, die nur ihr<br />

eigenes Schicksal betraf, war sie gleichwohl fest entschlossen,<br />

den hartnäckigsten Kampf für ihren Bruder<br />

zu wagen, um ihn aus dieser unseligen, seiner Natur<br />

so ganz widersprechenden Lage zu befreien, in welcher<br />

die thörichte, selbstsüchtige Eitelkeit seines Vaters<br />

ihn gefangen hielt. Eine Empfindung wie von Mutterliebe<br />

durchströmte das Herz des jungen Mädchens und

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