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Das Engelchen. Robert Prutz. - Karl-May-Gesellschaft

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— 9 —<br />

Endlich wacht’ er auf – nicht langsam, nicht allmälig,<br />

nicht die Glieder behaglich dehnend: sondern jählings,<br />

als hätte eine Stimme ihm Entsetzliches ins Ohr gerufen<br />

. . . wachte auf und, die sehnigen Arme gegen die<br />

Erde stemmend, mit einem gewaltigen Ruck, hoch aufrecht<br />

saß er da! Keine Spur von Müdigkeit lag mehr<br />

auf seinem Antlitz; alle Fibern waren angespannt und<br />

straff; ohne zu zucken, gleichmüthig, blickt’ er in den<br />

Abgrund zu seinen Füßen.<br />

So saß er etwa zwei Minuten. Dann wurden die gewaltigen<br />

Arme schlaff, der Nacken senkte sich, die ganze<br />

Gestalt brach ohnmächtig, krankhaft, in sich zusammen;<br />

er preßte die Hände vor die Stirn, das Haupt<br />

wiegend, leise, langsam, und doch mit so viel innerer<br />

Heftigkeit, daß die schwarzen Locken ihn, Schlangen<br />

gleich, umzüngelten.<br />

Und wiederum saß er so einige Minuten.<br />

Dann, mechanisch, griff er in den Zwerchsack. Der<br />

Sack war leer; er kehrte ihn um – und nichts fiel heraus,<br />

als eine geleerte Branntweinflasche und wenige<br />

unsaubere, verschimmelte Brosamen.<br />

Die Brosamen rollten vor ihn hin, das abschüssige<br />

Gestein entlang, bis hart vor den Abgrund. Ein Vögelchen,<br />

das in einer Spalte des Felsens, dicht unter<br />

dem Abhang, nistete, kam begierig herbeigeflattert<br />

und pickte mit hungrigem Schnabel von den harten<br />

Krumen.

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