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Das Engelchen. Robert Prutz. - Karl-May-Gesellschaft

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— 89 —<br />

Luft machen durfte. Lore besaß überdies zwei Eigenschaften,<br />

welche für einen Mann von Sandmolls Lage<br />

und Verhältnissen geradehin unschätzbar waren und<br />

die auch allem Vermuthen nach seine Wahl entschieden<br />

hatten: sie war schwerhörig, beinahe taub, und<br />

in Folge dessen, bei einer erprobten Verschwiegenheit,<br />

im äußersten Grade wortkarg; es gab, ihren Gebieter<br />

abgerechnet, kaum einen Menschen im ganzen Dorfe,<br />

der sich rühmen konnte, eine zusammenhängende Rede<br />

von einigem Umfang aus ihrem Munde vernommen<br />

zu haben.<br />

Wie Sandmoll übrigens gewohnt war, mit seiner<br />

Freundin umzugehen, davon gab er sogleich beim Eintritt<br />

eine deutliche Probe. Ohne Begrüßung oder ohne<br />

sonst irgend ein Wort zu sagen, ging er geradewegs<br />

auf sie los und, einen seiner gewaltigen Arme in Bewegung<br />

setzend, mit einem einzigen wohlgezielten Schlage,<br />

mitten im schönsten Choral, schleuderte er ihr das<br />

Gesangbuch vom Schooße.<br />

Plärre, sagte er, wenn dich die Leute hören; um mich<br />

brauchst du dir keine Mühe zu geben. – Diebslore, ohne<br />

eine Silbe zu erwiedern, sah ihm steif ins Gesicht;<br />

dann, als wäre nichts vorgefallen, nahm sie das Gesangbuch<br />

auf, rückte sich noch näher an den Ofen und<br />

setzte, wenn auch mit einigermaßen gedämpfter Stimme,<br />

ihren Gesang unerschüttert fort.<br />

Sandmoll fühlte sich von der einmaligen Kundgebung<br />

seines souverainen Willens befriedigt; indem er

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