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Das Engelchen. Robert Prutz. - Karl-May-Gesellschaft

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— 730 —<br />

Sie trugen die leichte Kiste geräuschlos in die Stube.<br />

Sie faßten die Leiche bei Haupt und Füßen und legten<br />

sie vorsichtig in den Sarg. Noch ein mal enthüllte der<br />

Meister das Antlitz der geliebten Schwester; er war am<br />

Kopfende des Sargs niedergekniet, keine Muskel seines<br />

starren Antlitzes veränderte sich, nur zwei langsame,<br />

schwere Thränen tropften auf die kalte Stirn der Entschlafenen.<br />

Küss’ ihr noch einmal die Hand, Reinhold, sagte er;<br />

sie hat dich sehr geliebt, viel mehr als du weißt. Aber<br />

jetzt sollst du’s wissen.<br />

Reinhold, der seinem Schmerz nicht länger gebieten<br />

konnte, hatte sich ebenfalls vor der Leiche niedergeworfen<br />

und bedeckte die theure Hand mit heißen,<br />

schmerzlichen Küssen; das Herz war ihm zu voll, er<br />

konnte keine Worte finden für seinen Jammer.<br />

Der Meister erhob sich, zog Reinhold mit leiser<br />

Gewalt in die Höhe, deckte den leicht gezimmerten<br />

Deckel auf den Sarg; dann ging er hinaus.<br />

Schon nach zwei Minuten kehrte er wieder; so leis<br />

er auftrat, so lag doch in jedem Schritt, den er that,<br />

jeder Bewegung, die er machte, eine Energie und Sicherheit,<br />

die man sonst an dem äußerlich so schüchternen<br />

Manne nicht bemerkte. Er trug – und trotz des<br />

väterlichen Verbots hätte Reinhold bei diesem Anblick<br />

fast laut aufgeschrien vor Bestürzung – trug die schwere<br />

blanke Holzaxt im Arm; als wäre es ein Ehrendegen,

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