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Klassenbester in Deutsch oder Englisch? Nein danke – das passt ...

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Verb<strong>in</strong>dung damit an der vorh<strong>in</strong> erwähnten häufigen Orientierung der Informatiklehrkräfte an<br />

den Vorkenntnissen der Jungen an (vgl. Mädchen und Computer 1992, S. 11), so<br />

dokumentiert sich auch <strong>in</strong> Informatik e<strong>in</strong>e Misserfolgsangst bei Mädchen. Gehen sie doch<br />

hier von e<strong>in</strong>em größeren Erfahrungsschatz der Jungen aus und davon, <strong>das</strong>s Jungen gleichfalls<br />

um ihre fachliche Überlegenheit wüssten und ihnen aus diesem Grund die fachliche Eignung<br />

absprächen. Schüler gehen mit diesem Selbst- und Fremdbild der Schüler<strong>in</strong>nen konform (vgl.<br />

Mädchen und Computer 1992, S. 14, S. 82). Die E<strong>in</strong>schätzung der <strong>in</strong>formationstechnischen<br />

Fähigkeiten beruht hierbei oftmals <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Überbewertung des eigenen Kenntnisstandes bei<br />

Jungen, während Mädchen ihre Kompetenzen selbst bei gleichem Wissensniveau ger<strong>in</strong>ger<br />

bewerten als die der Jungen. 202 Infolgedessen kommt es zur Entstehung von „Chef-<br />

Sekretär<strong>in</strong>- Rollenkonstellationen“, an denen die Schüler<strong>in</strong>nen auch willig mitwirken.<br />

Beispielsweise diktieren Schüler den Schüler<strong>in</strong>nen die e<strong>in</strong>zugebenden Daten und legen<br />

Prozedurnamen, Abkürzungen und Motive fest (vgl. Kreienbaum/ Metz-Göckel 1992, S. 87;<br />

vgl. dazu auch Mädchen und Computer 1992, S. 82). Halten wir uns die Bedeutsamkeit von<br />

Erfolg, Bestätigung durch andere, Selbstbestätigung sowie von dem (bereits im Kontext mit<br />

der Problematik des kognitiven Lernens erwähnten) <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sisch motivierten Sach<strong>in</strong>teresse als<br />

„zentrale Lernmotive“ vor Augen 203 , so wird verständlich, wieso Schüler<strong>in</strong>nen, deren Klasse<br />

im Rahmen e<strong>in</strong>es Experimentes für die Durchführung e<strong>in</strong>es Computerkurses nach<br />

Geschlechtern getrennt wurde, sich <strong>in</strong> der geschlechtshomogenen Gruppe „sicherer fühlten“,<br />

„mehr Mut zum Ausprobieren hatten“, „Fehler selbst erkennen konnten“ und „mehr<br />

Selbstbestätigung bei erfolgreichen Arbeiten erfuhren“ (Mädchen und Computer 1992, S. 15).<br />

Im Umkehrschluss impliziert <strong>das</strong> aber für die koedukative Lernsituation entsprechend<br />

negative Auswirkungen auf die Lerne<strong>in</strong>stellung und <strong>das</strong> fachliche Selbstkonzept von<br />

Schüler<strong>in</strong>nen im H<strong>in</strong>blick auf die als „Jungenfach“ geltende Informatik.<br />

Fachliches Selbstkonzept und Lerne<strong>in</strong>stellung werden allerd<strong>in</strong>gs nicht nur durch die<br />

Interaktion der Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler untere<strong>in</strong>ander, sondern auch durch die Interaktion<br />

der Lernenden mit den Lehrenden geprägt. Nehmen doch <strong>in</strong>folge der bereits genannten<br />

Funktion des Geschlechtes als soziale Ordnungsgröße, mit der sich e<strong>in</strong> umfassender<br />

Interpretationskatalog verb<strong>in</strong>det, nicht nur SchülerInnen die Lehrkräfte <strong>in</strong> ihrer<br />

Geschlechtlichkeit wahr, sondern tun Lehrkräfte ihrerseits auch <strong>das</strong>selbe mit den<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern. Hieraus ergeben sich z.B. unterschiedliche Erwartungen an die<br />

Mädchen und Jungen h<strong>in</strong>sichtlich ihrer fachlichen bzw. körperlichen Fähigkeiten, welche sich<br />

<strong>in</strong> Form von Zuschreibungen an die Geschlechter äußern. So schätzen, wie e<strong>in</strong>e Untersuchung<br />

zeigen konnte, Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Mathematik die Schüler<strong>in</strong>nen qua Geschlecht erheblich<br />

weniger begabt als Schüler e<strong>in</strong><strong>–</strong> <strong>das</strong> heißt, ihre Leistungserwartungen an Jungen s<strong>in</strong>d<br />

pr<strong>in</strong>zipiell höher. 204 Folgen wir den Ergebnissen der Studie von Jacobson und Rosenthal 205<br />

von 1971, so führen derlei Attribuierungen zum sogenannten „Pygmalion-Effekt“, nach dem<br />

die Erwartungshaltung e<strong>in</strong>er Lehrkraft e<strong>in</strong>en großen E<strong>in</strong>fluss auf die Lern- und<br />

Leistungsmotivation von SchülerInnen ausübt. Dies bedeutet, die SchülerInnen stellen sich<br />

mit der Zeit auf die an sie gerichteten hohen <strong>oder</strong> niedrigen Erwartungen der Lehrperson e<strong>in</strong><br />

und s<strong>in</strong>d -unabhängig von ihren tatsächlichen <strong>in</strong>tellektuellen Potentialen- entsprechend stark<br />

<strong>oder</strong> schwach ambitioniert. Das Phänomen der „sich selbst erfüllenden Prophezeiungen“ ist<br />

202 vgl. Fauser, R./ Schreiber, R. : Was erwarten Jugendliche und Erwachsene von <strong>in</strong>formationstechnischer<br />

Bildung? Ergebnisse e<strong>in</strong>er empirischen Untersuchung bei Familien mit K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong> der 8. Schulklasse.<br />

Universität Konstanz: Konstanz 1988, S. 32ff, zitiert <strong>in</strong>: Heppner/ Osterhoff/ Schiersmann/ Schmidt 1990, S. 146<br />

f<br />

203 Glöckel, H.: Vom Unterricht. Lehrbuch der allgeme<strong>in</strong>en Didaktik. Verlag Julius Kl<strong>in</strong>khardt: Bad Heilbrunn/<br />

Obb. 1992, S. o. A.<br />

204 vgl. Beziehungsstrukturen <strong>in</strong> der Schule. E<strong>in</strong>e Untersuchung an hessischen Schulen im Auftrag des<br />

hessischen Instituts für Bildungsplanung und Schulentwicklung. Projektbericht, Frankfurt am Ma<strong>in</strong>/ Wiesbaden<br />

1988, zitiert <strong>in</strong>: Birmily/ Dablander/ Rosenbichler/ Vollmannn 1991, S. 70<br />

205 Rosenthal, R./ Jacobson, L.: Pygmalion im Unterricht. Beltz Verlag: We<strong>in</strong>heim 1971<br />

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