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Klassenbester in Deutsch oder Englisch? Nein danke – das passt ...

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Leistungskurswahl verfügen Schüler aus mathematisch-naturwissenschaftlichen<br />

Leistungskursen auch über e<strong>in</strong> „besonders positives Selbstbild“ h<strong>in</strong>sichtlich ihrer<br />

Leistungsfähigkeit, welches ihre Kurskamerad<strong>in</strong>nen nicht im gleichen Maße aufweisen (ebd.).<br />

Denken doch „Mädchen, die ihre Leistungen <strong>in</strong> Physik hoch bewerten, …deutlich seltener<br />

daran, Physik als Beruf zu ergreifen und als Leistungskurs zu wählen.“ 215 Selbiges gilt für die<br />

Mathematik (vgl. Kreienbaum 1992, S. 155). Somit ist <strong>das</strong> Geschlecht für diese Mädchen im<br />

H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e „geschlechtsuntypische“ Leistungskurs- bzw. Berufswahl<br />

ausschlaggebender als ihr fachliches Leistungsvermögen. E<strong>in</strong> weiterer Aspekt, der Mädchen<br />

trotz gegebener fachlicher Eignung von der Wahl e<strong>in</strong>es für jungentypisch erachteten<br />

Leistungskurses abhält, könnte -neben dem Wunsch nach Geschlechtsrollenentsprechung- die<br />

antizipierte Teilhabe am Unterrichtsgeschehen se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e Teilhabe also, die stark durch<br />

Interaktion und Kommunikation bestimmt wird. Hier ist e<strong>in</strong>e Studie von Trude Sk<strong>in</strong>n<strong>in</strong>gsrud<br />

<strong>in</strong>teressant, die ermittelte, auf welch’ verschiedene Arten Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />

kommunizieren. So haben Mädchen <strong>in</strong> der Schule e<strong>in</strong>en kooperativen Interaktions- und<br />

Kommunikationsstil, währenddessen ihre Klassenkameraden vornehmlich<br />

konkurrenzorientiert auftreten. 216 Weitere Untersuchungen, welche sich im Rahmen e<strong>in</strong>es<br />

Modellversuchs unter anderem mit dem Interaktions- und Kommunikationsverhalten <strong>in</strong> der<br />

koedukativen 217 Klassengeme<strong>in</strong>schaft speziell bei der Arbeit am Computer befassten,<br />

bestätigten dieses Ergebnis (vgl. Heppner/ Osterhoff/ Schiersmann/ Schmidt 1990, S. 93-99)<br />

ebenso wie Helmut Conrads, welcher im Abschlußbericht über den Modellversuch „Mädchen<br />

<strong>in</strong> Naturwissenschaften und Technik“ formuliert: „Jungen verschaffen sich und ihren<br />

Interessen Geltung, <strong>in</strong>dem sie um knappe Ressourcen (Lehreraufmerksamkeit, Arbeitsgeräte,<br />

gute Bed<strong>in</strong>gungen beim Zuschauen und Anfassen) notfalls (<strong>in</strong> der Regel?) mit dem<br />

Ellenbogen kämpfen.“ (Conrads 1992, S. 230) Dabei werten die Jungen ihren konkurrenten<br />

Umgangsstil, den Heppner/ Osterhoff/ Schiersmann und Schmidt durch die Variablen<br />

Überlegenheitsanspruch, Dom<strong>in</strong>anzgebaren, Aggressivität, Konkurrenzverhalten und Kritik<br />

charakterisieren (vgl. Heppner/ Osterhoff/ Schiersmann/ Schmidt 1990, S. 93- 99) als e<strong>in</strong><br />

Zeichen von Kompetenz (vgl. Faulstich-Wieland/ Pfister 1989, S. 23).<br />

Der Lernraum Schule als Sozialisationsraum<br />

In der Gesamtbetrachtung der vorgestellten Untersuchungsergebnisse lässt sich resümierend<br />

feststellen, <strong>das</strong>s schulische RollenträgerInnen -Lehrkräfte wie auch SchülerInnen selbsthäufig<br />

„geschlechtsspezifisch“ agieren, <strong>in</strong>dem e<strong>in</strong>e „polare Geschlechteranthropologie“<br />

anhand des sogenannten heimlichen Lehrplans vermittelt wird (vgl. Lenzen 1989, S. 868).<br />

Dieser „heimliche Lehrplan“, welcher parallel zu den offiziellen Curricula existiert und somit<br />

e<strong>in</strong>en wesentlichen Bestandteil des Schulalltags darstellt, umfasst sämtliche<br />

Sozialisationsvorgänge, die <strong>das</strong> soziale Geschlecht („gender“) zum Differenzierungskriterium<br />

erheben und die somit Lernprozesse über die kulturelle Def<strong>in</strong>ition von „Weiblichkeit“ bzw.<br />

„Männlichkeit“ s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>e solche Konfrontation von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern mit<br />

traditionellen Geschlechterstereotypen konnte die -hier auszugsweise vorgestelltekoedukationskritische<br />

Forschung auf drei Ebenen schulischen Wirkens nachweisen (vgl.<br />

Kreienbaum/ Metz-Göckel 1992, S. 44). Sie vollzieht sich erstens auf der (die <strong>in</strong>stitutionelle<br />

215 Roloff/ Evertz 1992, S. 14 über: Hoffmann, Lore: Mädchen und Physik<strong>–</strong> e<strong>in</strong> aktuelles, e<strong>in</strong> drängendes<br />

Thema. In: Naturwissenschaften im Unterricht Physik, 1. Jg., Heft 1, 1990, S. 4-11<br />

216 vgl. Sk<strong>in</strong>n<strong>in</strong>gsrud, Trude: Mädchen im Klassenzimmer<strong>–</strong> warum sie nicht sprechen. In: Frauen und Schule,<br />

Heft 5, 1984, S. 21-23, zitiert <strong>in</strong>: Hoose/ Vorholt 1994, S. 102<br />

217 Inhalt der Studien war weiterh<strong>in</strong> die Erforschung der Handlungsweisen und des Gesprächsverhaltens von<br />

SchülerInnen <strong>in</strong> geschlechtshomogenen Gruppen. Differenzen <strong>in</strong> der Art des Umgangs zwischen Schüler<strong>in</strong>nen<br />

bzw. Schülern mite<strong>in</strong>ander zeigten sich jedoch zwischen den geschlechtsheterogenen und den<br />

geschlechtshomogenen Gruppen nicht.<br />

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