Klassenbester in Deutsch oder Englisch? Nein danke – das passt ...
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zu se<strong>in</strong>. Im Kontext dazu zweifelten bereits 44% der weiblichen Befragten an der fachlichen<br />
Akzeptanz e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> Informatik, Technik, Mathematik <strong>oder</strong> Physik begabten Mädchens durch<br />
ihre Mitschüler, und gleichfalls 44% der männlichen Befragten g<strong>in</strong>gen davon aus, die<br />
Fachkompetenz e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>, Fremdsprachen <strong>oder</strong> Biologie begabten Jungen würde von<br />
se<strong>in</strong>en Mitschüler<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Frage gestellt (jeweils an Hauptschulen <strong>in</strong> der stärksten<br />
Ausprägung). In logischer Verb<strong>in</strong>dung zu diesem subjektiv angenommenen<br />
Anerkennungszweifel antizipierten die Schüler<strong>in</strong>nen bzw. Schüler für Frauen <strong>in</strong><br />
„Männerberufen“ e<strong>in</strong>en Akzeptanzmangel durch Kollegen bzw. für Männer <strong>in</strong><br />
„Frauenberufen“ e<strong>in</strong>en Akzeptanzmangel durch Kolleg<strong>in</strong>nen. Folglich gilt es, den <strong>in</strong> diesen<br />
Befragungsergebnissen zum Ausdruck kommenden kollektiven Erwartungen an<br />
„geschlechtsspezifische“ fachliche Fähigkeiten ebenso wie den daran gekoppelten Analogien<br />
zum Berufsleben etwas entgegenzusetzen, was den Sozialisationsraum Schule klar als<br />
gemischtgeschlechtliches fachliches Mite<strong>in</strong>ander ausweist. E<strong>in</strong>em solchen pädagogischen<br />
Anspruch an <strong>das</strong> Lern- und Arbeitsklima wird e<strong>in</strong>e kooperationsorientierte Form der<br />
Unterrichtsorganisation am besten gerecht. Insofern bietet sich hier die -häufig an<br />
Gesamtschulen praktizierte- Arbeit <strong>in</strong> Tischgruppen an. Um <strong>in</strong> der Wahrnehmung der<br />
Lernenden die Zugehörigkeit zu den beiden sozialen Großgruppen der Mädchen bzw. der<br />
Jungen als nachrangig ersche<strong>in</strong>en zu lassen, sollte dabei die Aufteilung der Klasse <strong>in</strong><br />
gemischtgeschlechtliche Tischgruppen <strong>in</strong> jedem e<strong>in</strong>zelnen Unterrichtsfach nach dem Aspekt<br />
der Leistungsfähigkeit erfolgen. 352 Anhand der geme<strong>in</strong>samen Lösung von Aufgaben, des<br />
geme<strong>in</strong>samen fachlichen Austauschs und des geme<strong>in</strong>samen Lernens tritt e<strong>in</strong> auf die jeweilige<br />
gemischtgeschlechtliche Tischgruppe bezogener Identifikationseffekt e<strong>in</strong>, welcher auf der<br />
Erkenntnis der Individualität (also Geschlechtsunabhängigkeit) von Wissen bzw. Begabung<br />
basiert und die Wertung von Zusammenarbeit sowie gegenseitiger Unterstützung als<br />
notwendige Pr<strong>in</strong>zipien des partnerschaftlichen Umgangs mite<strong>in</strong>ander e<strong>in</strong>schließt.<br />
Aber die aus Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern des gleichen fachlichen Leistungsniveaus bestehende<br />
Tischgruppe ist auch e<strong>in</strong>deutig als Experimentierfeld zu verstehen. Provoziert doch die bloße<br />
E<strong>in</strong>ordnung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e bestimmte Tischgruppe e<strong>in</strong>e entsprechende Selbste<strong>in</strong>schätzung des<br />
eigenen Leistungsvermögens und damit die Entwicklung e<strong>in</strong>es Anspruchs auf die fachliche<br />
Anerkennung der eigenen Leistungsfähigkeit durch die auf dem gleichen Leistungslevel<br />
bef<strong>in</strong>dlichen -männlichen wie weiblichen- Mitglieder der eigenen Tischgruppe. Damit<br />
verb<strong>in</strong>det sich der prozesshaft zu erzielende Lerneffekt, diesen Anspruch offensiv<br />
e<strong>in</strong>zufordern und durchzusetzen. Diese letztgenannte Zielstellung bewegt sich natürlich im<br />
Bereich des Illusorischen, wenn wir uns vergegenwärtigen, <strong>das</strong>s <strong>in</strong> gemischtgeschlechtlichen<br />
Gruppen von den Gruppenangehörigen sozialisationsbed<strong>in</strong>gt immer wieder -auch<br />
fachbezogene- geschlechtsrollengebundene soziale Erwartungen und Projektionen<br />
h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>getragen werden, die e<strong>in</strong>en Konformitätsdruck erzeugen und hiermit e<strong>in</strong><br />
entsprechendes Anpassungsverhalten auslösen. Ergo müssen, für alle Tischgruppen<br />
gleichermaßen, verb<strong>in</strong>dliche Gruppenregeln für den Umgang mite<strong>in</strong>ander sowie für die<br />
geme<strong>in</strong>same Bewältigung von Konflikten vere<strong>in</strong>bart werden. Zu diesen Gruppenregeln sollten<br />
die folgenden Vere<strong>in</strong>barungen gehören: die Gleichrangigkeit aller Gruppenmitglieder,<br />
dementsprechend e<strong>in</strong>e gleichrangige Kooperation aller Gruppenangehörigen bei der<br />
geme<strong>in</strong>samen Bearbeitung von Aufgaben, e<strong>in</strong>e paritätische anstelle e<strong>in</strong>er hierarchisierenden<br />
Arbeitsteilung bei der kollektiven Lösung von Problemen (im Zweifelsfall Zuteilung von<br />
Teil-Arbeitsaufgaben nach der alphabetischen Reihenfolge der Anfangsbuchstaben des<br />
352 E<strong>in</strong>er Hierarchisierung zwischen leistungsstarken und leistungsschwachen Tischgruppen mit der Konsequenz<br />
e<strong>in</strong>er entsprechenden Demotivierung der leistungsschwächeren Klassenmitglieder muss dabei durch<br />
differenzierte, auf <strong>das</strong> jeweilige kollektive Leistungsvermögen der Tischgruppe zugeschnittene<br />
Aufgabenstellungen vorgebeugt werden. Außerdem bietet es sich im Bemühen um e<strong>in</strong>e kameradschaftliche<br />
Lernatmosphäre an, fachlich leistungsstärkere gemischtgeschlechtliche Tischgruppen Lernpatenschaften<br />
für fachlich leistungsschwächere gemischtgeschlechtliche Tischgruppen übernehmen zu lassen.<br />
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