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Klassenbester in Deutsch oder Englisch? Nein danke – das passt ...

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gerade <strong>in</strong> den kulturell als geschlechtsuntypisch geltenden Berufen präsentieren. Laut den<br />

Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung wird die Darbietung weiblicher Rollenmodelle<br />

im Rahmen der schulischen Berufsorientierung, was „geschlechtsspezifische“ und<br />

„geschlechtsuntypische“ Berufe betrifft, bereits sehr gleichgewichtig realisiert. Gaben doch<br />

die Schüler<strong>in</strong>nen gleichermaßen zu zwei Fünfteln an, während der schulischen<br />

Berufsorientierung z.B. bei Betriebsbesichtigungen sowohl Frauen <strong>in</strong> „Frauenberufen“ als<br />

auch Frauen <strong>in</strong> „Männerberufen“ kennengelernt zu haben. Stattdessen erlebten Schüler <strong>in</strong> der<br />

schulischen Berufsorientierung mehrheitlich (zu zwei Dritteln) Vertreter des eigenen<br />

Geschlechts <strong>in</strong> geschlechtsrollenkonformen Berufen, und nur zu e<strong>in</strong>em Drittel Männer <strong>in</strong><br />

„Frauenberufen“. Angesichts der Tatsache, <strong>das</strong>s emanzipatorische Zielstellungen im Bereich<br />

Ausbildungs- bzw. Studienwahl nur unter E<strong>in</strong>beziehung beider Geschlechter wirklichen<br />

Erfolg versprechen, und <strong>in</strong> Anbetracht dessen, <strong>das</strong>s gemäß dieser Studie die Präsentation<br />

männlicher Rollenangebote <strong>in</strong> „Frauenberufen“ bei Jungen offensichtlich <strong>in</strong> noch stärkerem<br />

Maße als umgekehrt bei Mädchen zur Ablehnung von berufsbezogenen<br />

Geschlechterstereotypen führt 350 , stellt sich für die schulische Berufsorientierung demnach<br />

künftig die Aufgabe, emanzipatorische Rollenmodelle für Jungen mehr als bisher <strong>in</strong> ihrem<br />

Aufgabenspektrum zu berücksichtigen.<br />

G.1.2. Geschlechterkommunikation bzw. -<strong>in</strong>teraktion<br />

Die Berufswahl ist, wie unter anderem an den Ergebnissen der empirischen Untersuchung<br />

deutlich wurde, auch abhängig von den bisher erlebten Geschlechterbeziehungen, also den<br />

bisher gemachten konkreten Erfahrungen im Umgang mit dem anderen Geschlecht. Das heißt,<br />

die Erwägung e<strong>in</strong>er bestimmten Ausbildung bzw. e<strong>in</strong>es bestimmten Studiums wird<br />

maßgeblich determ<strong>in</strong>iert durch die fachliche und soziale Akzeptanz, die für den Fall der<br />

Ausübung des <strong>in</strong> Betracht gezogenen Berufes antizipiert wird. Die Schule stellt sich aufgrund<br />

der alltäglichen Konfrontation mit den Mitschüler<strong>in</strong>nen und Mitschülern als ideales Terra<strong>in</strong><br />

für <strong>das</strong> e<strong>in</strong>zelne Mädchen bzw. den e<strong>in</strong>zelnen Jungen dar, diese fachliche sowie soziale<br />

Akzeptanz beim eigenen und beim anderen Geschlecht auszutesten. Dieses Austesten der<br />

Fremdbewertung der eigenen Person durch gleich- und andersgeschlechtliche<br />

Klassenangehörige hat e<strong>in</strong>en sehr wichtigen Stellenwert, denn der Entschluss, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

„geschlechtsuntypischen“ Beruf arbeiten zu wollen, impliziert -jedenfalls nach der bisherigen<br />

Makrostatistik- auch immer die klare Entscheidung für e<strong>in</strong>en M<strong>in</strong>derheitenstatus bzw. sogar<br />

e<strong>in</strong>e ExotInnenposition, die sowohl e<strong>in</strong>e fachliche als auch e<strong>in</strong>e soziale Seite hat. Das<br />

bedeutet, Frauen <strong>in</strong> „Männerberufen“ <strong>oder</strong> Männer <strong>in</strong> „Frauenberufen“ haben aufgrund<br />

geschlechterstereotyper kultureller Zuschreibungen im H<strong>in</strong>blick auf Fachkompetenz und<br />

Sozialverhalten <strong>in</strong> ihrer real existierenden exponierten Stellung (die sie besonders anfällig für<br />

die Projektion von „geschlechtsspezifischen“ Attribuierungen von seiten ihres Kollegiums<br />

macht) schlechtere Chancen als Menschen <strong>in</strong> „geschlechtstypischen“ <strong>oder</strong> „Mischberufen“,<br />

zwei menschliche Grundbedürfnisse zu befriedigen: <strong>das</strong> Grundbedürfnis nach Lustgew<strong>in</strong>n<br />

und Unlustvermeidung und <strong>das</strong> Grundbedürfnis nach B<strong>in</strong>dung 351 . Erschwert doch ihre<br />

Sonderrolle im Beruf <strong>das</strong> Erlangen fachlicher und sozialer Anerkennung<strong>–</strong> e<strong>in</strong>e Sonderrolle,<br />

von der bereits die schulischen Alltagserfahrungen konkrete Vorstellungen vermitteln:<br />

a) Fachliche Anerkennung<br />

Jeweils die Hälfte aller Schüler<strong>in</strong>nen bzw. Schüler bevorzugte es gemäß den<br />

Untersuchungsresultaten, Klassenbeste <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong> <strong>oder</strong> <strong>Englisch</strong> statt <strong>in</strong> Physik <strong>oder</strong><br />

Informatik bzw. <strong>Klassenbester</strong> <strong>in</strong> Physik <strong>oder</strong> Informatik anstelle von <strong>Deutsch</strong> <strong>oder</strong> <strong>Englisch</strong><br />

350 siehe Kapitel „E.2.4. Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse“, Teilkapitel „Schulische Hilfestellungen<br />

bei der Fach- und Berufswahl“<br />

351 vgl. Sanders, Rudolf: Partnerschule. Junfermann Verlag: Paderborn 2000, S. 68<br />

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