Klassenbester in Deutsch oder Englisch? Nein danke – das passt ...
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Anzahl von <strong>das</strong> Berufsfachschulsystem durchlaufen habenden Jugendlichen, die nach ihrem<br />
dort erworbenen Schulabschluss offensichtlich nach e<strong>in</strong>em Ausbildungsplatz im dualen<br />
System suchen 120 . Und e<strong>in</strong> Bericht des Bundesm<strong>in</strong>isteriums für Bildung und Wissenschaft<br />
von 1981 verweist auf den Status von Ausweichlösungen, den berufliche Vollzeitschulen für<br />
Mädchen e<strong>in</strong>nehmen, wenn sie bei ihren Erstbewerbungen im dualen System erfolglos<br />
geblieben s<strong>in</strong>d<strong>–</strong> ersichtlich aus dem abnehmenden Prozentsatz an Berufsfachschüler<strong>in</strong>nen <strong>in</strong><br />
Phasen e<strong>in</strong>es vergrößerten Ausbildungsstellenangebotes und e<strong>in</strong>er zunehmenden Prozentzahl<br />
an Berufsfachschüler<strong>in</strong>nen während e<strong>in</strong>es Lehrstellenmangels. 121 Diese bei Mädchen<br />
vorhandene erhöhte Bereitschaft zur beruflichen Bildung entkräftet klar <strong>das</strong> auch <strong>in</strong> den<br />
neunziger Jahren noch <strong>in</strong> der Forschungsliteratur verwendete Argument von der mangelnden<br />
Bildungsmotivation von Mädchen aufgrund der „Antizipation familiärer Verpflichtungen“<br />
(Hannover/ Bettge 1993, S. 34) und verweist stattdessen auf die objektive Chancenstruktur<br />
des Ausbildungsmarktes als Grund für die massive E<strong>in</strong>mündung von Mädchen <strong>in</strong> <strong>das</strong><br />
Berufsfachschulsystem. E<strong>in</strong>e Chancenstruktur, die mit sich br<strong>in</strong>gt, <strong>das</strong>s bei der<br />
Ausbildungsplatzsuche erfolglos gebliebene und somit systematisch entmutigte Mädchen aus<br />
Angst vor Ausbildungslosigkeit e<strong>in</strong>e immer höhere Bereitschaft zur Flexibilität bei der<br />
eigenen Berufsf<strong>in</strong>dung aufweisen, die dazu führt, den eigenen Berufswunsch letzten Endes<br />
ausbildungsmarktstrategischen Überlegungen völlig unterzuordnen und sich so für die<br />
Aufnahme e<strong>in</strong>er Ausbildung an e<strong>in</strong>er Berufsfachschule zu entscheiden, die sie dann letzten<br />
Endes bekommen. Ursprüngliche Berufswünsche, die mit dem aktuellen Berufswunsch<br />
arbeits<strong>in</strong>haltlich und anforderungsprofilbezogen oft überhaupt nicht kompatibel s<strong>in</strong>d, werden<br />
mit dem jetzigen Berufswunsch harmonisiert, um den vollzogenen Schritt nicht als re<strong>in</strong><br />
strategisch, sondern auch neigungsmotiviert <strong>in</strong>terpretieren zu können. Diesen Vorgang<br />
nannten Helga Krüger und Walter R. He<strong>in</strong>z <strong>in</strong> ihrer 1979-1983 durchgeführten, qualitativ<br />
ausgerichteten Längsschnittstudie ab der siebenten Klasse zur Veränderung der<br />
Berufswunschentwicklung von Hauptschüler<strong>in</strong>nen und Hauptschülern „<strong>das</strong> Phänomen<br />
biographischer Konstruktionen“ (Rettke 1984, S. 75; He<strong>in</strong>z/ Krüger 1981, S. 672). „Dies<br />
bedeutet, <strong>das</strong>s nach erfolgter geschlechtsspezifischer E<strong>in</strong>mündung…“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
reproduktionsorientiertes Tätigkeitsfeld des Berufsfachschulwesens „…dieser Zuweisung<br />
durch retrospektive Selbstdeutungen subjektive Stimmigkeit verliehen wird, die nur mittels<br />
biographisch-geschlechtsspezifischer Entsprechungen hergestellt werden kann.“ (He<strong>in</strong>z/<br />
Krüger 1981, S. 675)<br />
Bedenken wir, wie stark der Ausbildungs- und Arbeitsmarkt noch immer<br />
„geschlechtsspezifisch segmentiert“ ist (vgl. Elfter K<strong>in</strong>der- und Jugendbericht 2002, S. 166),<br />
mit welcher E<strong>in</strong>stellungspraxis der Arbeitgeber sich diese „geschlechtspezifische<br />
Segregation“ -trotz offizieller E<strong>in</strong>haltung der Norm der geschlechtsneutralen Ausschreibung<br />
von Ausbildungsstellen- nach wie vor verb<strong>in</strong>det (vgl. Andruschow/ Mersmann 1994, S. 22, S.<br />
73-76) und was für e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ges Maß an Ausbildungsplätzen der derart geteilte und <strong>in</strong> den<br />
letzten Jahren immer mehr verengte Ausbildungsmarkt für Mädchen impliziert, so lässt sich<br />
leicht vorstellen, wie oft es auch heute noch zu solchen „biographischen Konstruktionen“<br />
kommt. Darauf verweist jedenfalls e<strong>in</strong>e vom Arbeitsm<strong>in</strong>isterium des Landes Brandenburg <strong>in</strong><br />
Auftrag gegebene Studie, welche e<strong>in</strong>e quantitative Befragung von SchülerInnen sowie<br />
Interviews mit BerufsberaterInnen be<strong>in</strong>haltete und unter anderem folgendes Ergebnis<br />
erbrachte: „Während die befragten Jungen, die e<strong>in</strong>en Beruf erlernen, mehrheitlich e<strong>in</strong>e<br />
betriebliche Facharbeiterausbildung <strong>in</strong>nerhalb des dualen Systems aufnahmen, konnte e<strong>in</strong>e<br />
hohe Zahl von Mädchen ihren Berufswunsch nur durch Aufnahme e<strong>in</strong>er beruflichen<br />
120 Bundesm<strong>in</strong>isterium für Bildung und Wissenschaft: Bildungsbericht 1982. Berufs- und Lebenschancen der<br />
Jugend sichern. Bonn 1982, S. 25, zitiert <strong>in</strong> Seidensp<strong>in</strong>ner/ Burger 1984, S. 38<br />
121<br />
Bundesm<strong>in</strong>isterium für Bildung und Wissenschaft: Materialien zur Bildungsplanung. Bildungs- und<br />
Beschäftigungssystem Nr. 4. Zur Situation von Mädchen und Frauen im Bildungswesen. Bonn 1981, S. 102,<br />
zitiert <strong>in</strong>: Seidensp<strong>in</strong>ner/ Burger 1984, S. 38<br />
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