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Klassenbester in Deutsch oder Englisch? Nein danke – das passt ...

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Fachliche Diskrim<strong>in</strong>ierung durch KlassenkameradInnen und fachbezogene Erfolgsangst<br />

Erfolg hat immer e<strong>in</strong>e objektive und e<strong>in</strong>e subjektive Komponente. E<strong>in</strong>erseits ist er anhand<br />

festgelegter Kriterien objektiv messbar, andererseits muss Erfolg auch subjektiv als solcher<br />

wahrgenommen, ergo dementsprechend im Selbstkonzept verankert werden. In e<strong>in</strong>er Kultur,<br />

<strong>in</strong> der für beide Geschlechter unterschiedliche Rollenvorgaben existieren und demnach Erfolg<br />

für Frauen und Männer im Rahmen dieser Rollenvorgaben teilweise verschieden def<strong>in</strong>iert<br />

ist 279 , hängt aber der Erfolgsverarbeitungsmodus auch von den Möglichkeiten ab, welche <strong>das</strong><br />

„Weiblichkeits-“ <strong>oder</strong> „Männlichkeitskonzept“ der Integration von Erfolgsmeldungen <strong>in</strong> <strong>das</strong><br />

Selbstbild e<strong>in</strong>räumt. Mit anderen Worten: Auf welche Art und Weise Erfolg verarbeitet<br />

werden kann, <strong>in</strong>wieweit bzw. wie <strong>in</strong>tensiv positive Leistungsrückmeldungen <strong>in</strong>s<br />

Selbstkonzept e<strong>in</strong>gespeist werden, wird auch durch kulturelle Vorstellungen über<br />

„geschlechtsspezifische“ Fähigkeiten und „geschlechtstypische“ gesellschaftliche Aufgaben<br />

bestimmt. Damit fungiert <strong>das</strong> eigene Geschlecht als soziale Bezugsnorm für die Umsetzung<br />

von Erfolg <strong>in</strong> Selbstsicherheit (bei Entsprechung von Erfolgsgebiet und<br />

Geschlechtsrollenvorgabe) <strong>oder</strong> <strong>in</strong> Verunsicherung (bei Inkompatibilität von Erfolgsgebiet<br />

und Geschlechtsrollenvorgabe). Zu fragen blieb folglich, ob SchülerInnen fachlichen Erfolg<br />

<strong>in</strong> bestimmten Schulfächern im Kontext zu den Implikationen ihrer Geschlechterrolle<br />

bewerten bzw. ob Erfolgsangst vor als geschlechtsuntypisch geltenden Metiers e<strong>in</strong>e Art<br />

Prophylaxe gegen e<strong>in</strong>en anteiligen Verlust der eigenen Geschlechtsidentität se<strong>in</strong> kann.<br />

Außerdem sollte geprüft werden, <strong>in</strong>wiefern SchülerInnen mit e<strong>in</strong>er Begabung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

sogenannten geschlechtsuntypischen Fachgebiet e<strong>in</strong>e Verweigerung der entsprechenden<br />

fachlichen Anerkennung durch ihre KlassenkameradInnen erleben und ob dies<br />

-gegebenenfalls- zur Herstellung e<strong>in</strong>er Analogie zum Berufsleben führt, <strong>in</strong>dem für die<br />

Tätigkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em „geschlechtsuntypischen“ Beruf gleichfalls e<strong>in</strong>e solche Aberkennung<br />

fachlicher Kompetenz durch <strong>das</strong> Kollegium antizipiert wird. Hängt doch die<br />

Leistungsfähigkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten Fachgebiet (deren subjektive Annahme ja e<strong>in</strong><br />

entscheidendes Kriterium im Berufsf<strong>in</strong>dungsprozess darstellt) nicht alle<strong>in</strong> von der Begabung,<br />

sondern auch stark von der Leistungsmotivation ab und wird demnach von Faktoren wie<br />

Erfolgszuversicht <strong>oder</strong> Misserfolgsannahme, Ansporn <strong>oder</strong> Entmutigung bee<strong>in</strong>flusst<strong>–</strong> von<br />

Faktoren also, die sowohl durch die Selbste<strong>in</strong>schätzung als auch durch die Fremde<strong>in</strong>schätzung<br />

der eigenen Fachkompetenz determ<strong>in</strong>iert s<strong>in</strong>d. Denn bezüglich des eigenen fachlichen<br />

Leistungsvermögens vorgenommene Attribuierungen Fremder stellen Projektionen dar, die<br />

sich oftmals aus allgeme<strong>in</strong> gültigen sozialen Erwartungen speisen und aufgrund der hieraus<br />

erwachsenden Verb<strong>in</strong>dlichkeit e<strong>in</strong>en Konformitätsdruck erzeugen können, <strong>in</strong>dem sich e<strong>in</strong>e<br />

Anpassung an die sozialen Erwartungen vollzieht. Zu h<strong>in</strong>terfragen war deshalb <strong>in</strong> der Studie,<br />

<strong>in</strong>wieweit auf „geschlechtsuntypische“ fachliche Fähigkeiten bezogene soziale Erwartungen<br />

bereits <strong>in</strong> der Schulklasse bestanden.<br />

Mädchenfragebogen: Ich wäre lieber <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong> <strong>oder</strong> <strong>Englisch</strong> statt <strong>in</strong> Physik <strong>oder</strong><br />

Informatik die Klassenbeste (weil <strong>das</strong> besser zu mir <strong>passt</strong>).<br />

Jungenfragebogen: Ich wäre lieber <strong>in</strong> Physik <strong>oder</strong> Informatik statt <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong> <strong>oder</strong><br />

<strong>Englisch</strong> der Klassenbeste (weil <strong>das</strong> besser zu mir <strong>passt</strong>).<br />

„stimmt genau“: Mä: 22,0%; Ju: 20,4% „stimmt größtenteils“: Mä: 15,7%; Ju: 11,4%<br />

„stimmt eher mehr“: Mä: 14,2%; Ju: 13,0% „stimmt eher weniger“: Mä: 17,3%; Ju: 18,3%<br />

„st. größtenteils nicht“: Mä: 7,4%; Ju: 10,6% „stimmt nicht“: Mä: 23,4%; Ju: 26,4%<br />

279 So s<strong>in</strong>d zum Beispiel Frauen, die „erfolgreich Beruf <strong>oder</strong> Karriere und Familie mite<strong>in</strong>ander vere<strong>in</strong>baren“, e<strong>in</strong><br />

beliebtes und daher häufig bemühtes Medienthema und fest <strong>in</strong> unseren Sprachgebrauch <strong>in</strong>tegriert, während der<br />

„vere<strong>in</strong>barende Mann“ den Quantensprung <strong>in</strong> den bundesdeutschen Wortschatz bisher nicht geschafft hat.<br />

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