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Klassenbester in Deutsch oder Englisch? Nein danke – das passt ...

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von den Geschlechterrollen für (nicht nur) junge Menschen implizieren kann. Zwar haben<br />

rigide Vorgaben über „geschlechtstypische“ Aufgaben, Zuständigkeiten und Wesenszüge<br />

immer mehr an Verb<strong>in</strong>dlichkeit verloren, was neue Freiheiten, Herausforderungen und<br />

Optionen für den Entwurf der eigenen Biografie bedeutet. Aber zugleich nimmt der Druck zur<br />

eigenverantwortlichen Lebensgestaltung zu, der bei Personen ohne ausgeprägteres Potential<br />

zur Erschaffung e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>dividuellen Leitbildes für die eigene Lebenskonzeption unter<br />

Umständen zu Unsicherheit und Orientierungsverlust führt. Bei dieser durch<br />

Orientierungslosigkeit gekennzeichneten Sachlage kann sich e<strong>in</strong>e „geschlechtsadäquate“<br />

Berufswahl im S<strong>in</strong>ne der Bewältigung 136 e<strong>in</strong>er schwierigen Entscheidungssituation als<br />

Problemlösung erweisen, weil sie die Sicherheit sche<strong>in</strong>bar bewährter traditioneller<br />

Lebensentscheidungen (und Lebensmuster) bietet. Außerdem stellt -wie im vorigen Kapitel<br />

beschrieben- eventuell auch die (sich für die Geschlechter sehr unterschiedlich<br />

präsentierende) Chancenstruktur des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes <strong>in</strong>sbesondere für<br />

Mädchen e<strong>in</strong>en Grund dar, die E<strong>in</strong>mündung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en geschlechtsrollenkonformen Beruf zu<br />

erwägen. Denn: „Geschlechtsspezifische Interessen und Fähigkeiten dienen (so)…der<br />

Herstellung biographischer Kont<strong>in</strong>uität angesichts der Erfordernisse, die sich aus der<br />

Aufnahme und Ausübung von Berufsarbeit im geschlechtsspezifisch geteilten Arbeitsmarkt<br />

ergeben.“ (He<strong>in</strong>z/ Krüger 1981, S. 676)<br />

Den zweiten zur „geschlechtstypischen“ Berufsf<strong>in</strong>dung beitragenden Faktor bildet die Suche<br />

nach der jeweiligen Geschlechtsidentität, die „…unveränderlich…“ und deren Erwerb<br />

„…Grundvoraussetzung…der Teilhabe am sozialen Leben…“ ist (Bilden 1991, S. 294). Das<br />

heißt, <strong>in</strong> unserer Kultur, <strong>in</strong> der die Geschlechter als „polar-komplementär“ (Bilden 1985, S.<br />

15) h<strong>in</strong>sichtlich ihrer charakterlichen und habitusbezogenen Merkmalsstruktur verstanden<br />

werden, unterliegt jeder Mensch e<strong>in</strong>em Geschlechtsrollenzwang, <strong>in</strong>dem er sich entweder als<br />

Frau <strong>oder</strong> Mann zu def<strong>in</strong>ieren hat -und zwar unter Konfrontation mit sämtlichen an diese<br />

beiden Kategorien gekoppelten Interpretationen-, um sich anhand dieser Def<strong>in</strong>itionen sozial<br />

zu verorten [im öffentlichen Bereich (Schule, Ausbildungsmarkt, universitärer <strong>oder</strong><br />

Fachhochschulbereich) wie auf der nichtöffentlichen Ebene (Familie, Freundeskreis)]. Bei<br />

dieser sozialen Verortung, zu der auch die Berufsentscheidung gehört, fungiert nun <strong>das</strong><br />

Geschlecht als normatives Orientierungskriterium für die Bestimmung des Berufswunsches.<br />

Dies gilt umso mehr, als die Phase der Berufsf<strong>in</strong>dung auch mit der Phase der<br />

geschlechtlichen Identitätsf<strong>in</strong>dung bzw. -festigung (Pubertät, frühes Erwachsenenalter)<br />

zusammenfällt, e<strong>in</strong>e Wechselwirkung zwischen den beiden Suchprozessen also nicht<br />

ausbleiben kann. Infolge der unsere Kultur markierenden Priorität des<br />

Geschlechtsrollenkonzeptes vor anderen kategorial angelegten Konzeptionen (vgl. Bilden<br />

1991, S. 282) dom<strong>in</strong>iert jedoch -wie vorh<strong>in</strong> am Beispiel der Forschungsergebnisse von Helga<br />

Krüger gezeigt- die Geschlechterrolle die antizipierte Berufsrolle: <strong>das</strong> (wenngleich sich noch<br />

nicht aus praktischen Erfahrungen speisende, sondern bisher nur theoretisch existente)<br />

berufliche Selbstverständnis wird vom eigenen Verständnis als Frau bzw. Mann überlagert,<br />

was sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Selbstbeschränkung bei der Wahrnehmung der Breite des Berufsspektrums<br />

äußert. Hier greift die Theorie des „do<strong>in</strong>g gender“ als sozialkonstruktivistischer Ansatz,<br />

besagend, „…<strong>das</strong>s wir unsere (geschlechterdualistische- d.V.) Wirklichkeit andauernd <strong>in</strong><br />

sozialen Praktiken produzieren.“ (Bilden 1991, S. 280) Dies bedeutet, durch<br />

„geschlechtstypisches“ Handeln („do<strong>in</strong>g gender“) reproduzieren Frauen wie Männer<br />

Geschlechterstereotypen und damit sich selbst als normkonforme InhaberInnen von<br />

Geschlechterrollen immer wieder neu. Dergestalt entstehen „männliche und weibliche<br />

Sozialcharaktere“ 137 (Bilden 1991, S. 279). Die soziokulturelle Erzeugung solcher<br />

136 zum Begriff der « Bewältigung » am Beispiel des Konzeptes der « Bewältigung des Mannse<strong>in</strong>s » vgl.<br />

Böhnisch/ W<strong>in</strong>ter 1997, S. 120<br />

137<br />

E<strong>in</strong> hübsches Beispiel für die kulturelle Annahme der Existenz dieser « geschlechtsspezifischen »<br />

Sozialcharaktere (welche ja <strong>in</strong> unmittelbarem Zusammenhang mit ihrer sich stets aufs Neue wiederholenden<br />

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