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Klassenbester in Deutsch oder Englisch? Nein danke – das passt ...

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Bildungssystem per def<strong>in</strong>itionem <strong>in</strong>sofern mite<strong>in</strong>ander verzahnt s<strong>in</strong>d, als <strong>das</strong>s<br />

„…Bildungssysteme die von ihnen erwarteten erzieherischen (und) sozialisatorischen …<br />

Aufgaben erfüllen…“ 384 , und folglich „…die Dynamik des Arbeitsmarktes die Rolle von<br />

Bildung modifiziert…“ (Berner 1992, S. 157), ergibt sich hier für die Bildungspolitik e<strong>in</strong><br />

massiver Handlungsbedarf. So wird wegen des bestehenden bildungsökonomischen<br />

„…Zusammenhangs von Wirtschaftswachstum und Output des Bildungssystems…“ (Bolte/<br />

Beck/ Brater 1983, S. 68) wieder verstärkt e<strong>in</strong>e „Mobilisierung der Bildungsreserven“<br />

gefordert. E<strong>in</strong>e solche Mobilisierung muss allerd<strong>in</strong>gs ganz klar auf e<strong>in</strong>e Renaissance des<br />

Koedukationsge<strong>danke</strong>ns fokussieren, der -bildungstheoretisch entsprechend umgesetzt- die<br />

Ausprägung <strong>in</strong>dividueller (anstelle geschlechtsrollenspezifischer) Kompetenzprofile und<br />

Verhaltensmuster bewirkt. Das bedeutet nichts Ger<strong>in</strong>geres, als die Curricula und Methoden<br />

auf den Koedukationsge<strong>danke</strong>n als ihren bildungspolitischen Extrakt abzustimmen und die<br />

Lehrkräfte entsprechend für den Umgang mit diesen Curricula und die sich aus dem<br />

emanzipatorischen Bildungsauftrag ergebenden neuen pädagogischen Anforderungen zu<br />

qualifizieren.<br />

„E<strong>in</strong>e schlechte Praxis kann schon mal e<strong>in</strong>e gute Theorie wegstecken.“, heißt es so<br />

schonungslos realistisch bei Klaus Bernhardt<strong>–</strong> und angesichts der <strong>in</strong> der Untersuchung<br />

aufgezeigten strukturellen Ambivalenzen, die den schulischen Alltag kennzeichnen, kann man<br />

sich schlecht der Versuchung entziehen, die bisher praktizierte Koedukation <strong>in</strong> den Kontext<br />

dieses Aphorismus’ zu stellen und sie als ihres emanzipatorischen Anspruchs verlustig<br />

gegangene Formalie zu betrachten. Diesem emanzipatorischen Anspruch e<strong>in</strong>e konkrete<br />

bildungstheoretische Gestalt zu geben und ihn somit auch für die Öffentlichkeit erkennbar zu<br />

machen (z.B. für die 2/5 der Jungen und <strong>das</strong> reichliche Fünftel der Mädchen, die Koedukation<br />

als geme<strong>in</strong>same Bildung beider Geschlechter unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer<br />

Begabungen <strong>in</strong>terpretierten), dies wird die bildungspolitische Aufgabe der Zukunft se<strong>in</strong><strong>–</strong> und<br />

zwar der sehr, sehr nahen Zukunft, wie die bereits kursierenden Ängste um die Bedrohung des<br />

Technologiestandortes <strong>Deutsch</strong>land und e<strong>in</strong>en bevorstehenden Pflegenotstand verdeutlichen.<br />

Es besteht also die Notwendigkeit, Koedukation bildungsprogrammatisch zu verankern und<br />

ihren emanzipatorischen pädagogischen Auftrag detailliert auszuformulieren. Wenn wir -im<br />

S<strong>in</strong>ne der Pädagogischen Psychologie- e<strong>in</strong>e selbstbestimmte Berufswahl als<br />

Entwicklungsaufgabe von Jugendlichen verstehen, so muss die koedukative Schule <strong>in</strong> ihrer<br />

Funktion, qualifikatorisch auf die Integration <strong>in</strong> den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt<br />

vorzubereiten, auch die entsprechenden Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e solche Selbstbestimmung<br />

schaffen. Hieraus ergibt sich <strong>das</strong> Erfordernis, Interessen und Begabungen tatsächlich<br />

<strong>in</strong>dividuell zu fördern, damit e<strong>in</strong>e geschlechtsrollenunabhängige Persönlichkeitsentfaltung zu<br />

ermöglichen, und e<strong>in</strong> kameradschaftliches Lern- und Sozialklima zu schaffen, <strong>das</strong> die Letztere<br />

nicht gefährdet. Infolgedessen bedarf es e<strong>in</strong>er Bildungs- und Erziehungstheorie, die<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern gestattet, sich ganzheitlich als androgyner Mensch zu begreifen<br />

und nicht -im Geiste der vorkoedukativen Geschlechterphilosophie- als InhaberInnen<br />

„geschlechtsspezifischer“ Anlagen, die es späterh<strong>in</strong> für die Bewältigung ebenso<br />

„geschlechtsspezifischer“ beruflicher Aufgaben e<strong>in</strong>zusetzen gilt.<br />

Gewiss<strong>–</strong> <strong>das</strong> kl<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong> bisschen verschwommen … und schwer konkret fassbar. Leicht<br />

durchdr<strong>in</strong>gbar wird <strong>das</strong> Anliegen von der Vermittlung e<strong>in</strong>es androgynen Menschenbildes<br />

jedoch, wenn wir uns zu se<strong>in</strong>er Veranschaulichung auf die durchaus gegenständlichen<br />

Begriffe vom Lern-, Leistungs- und Sozialverhalten beziehen. Wie die E<strong>in</strong>stellungen der <strong>in</strong><br />

dieser Studie Befragten zur pr<strong>in</strong>zipiellen Eignung von Frauen <strong>oder</strong> Männern <strong>in</strong><br />

„geschlechtsuntypischen“ Berufen vor Augen geführt haben, mangelt es jungen Leuten<br />

heutzutage <strong>in</strong> der Regel nicht an e<strong>in</strong>em ausgeprägten Bewusstse<strong>in</strong> für „political correctness“.<br />

384 Böttcher, Wolfgang/ Klemm, Klaus (Hg.): Bildung <strong>in</strong> Zahlen. Statistisches Handbuch zu Daten und Trends<br />

im Bildungsbereich. Veröffentlichungen der Max-Traeger-Stiftung, Band 23, Juventa Verlag: We<strong>in</strong>heim und<br />

München 1995, S. 15<br />

325

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