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Klassenbester in Deutsch oder Englisch? Nein danke – das passt ...

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Pädagogische Bemühungen sollten sich deshalb vielmehr auf die Entwicklung e<strong>in</strong>es<br />

fachlichen und sozialen Selbstkonzeptes, <strong>das</strong> Individualität höher als<br />

Geschlechtsrollenzugehörigkeit wichtet, konzentrieren. Dass sich dabei die pädagogische<br />

Aufmerksamkeit nicht alle<strong>in</strong> auf <strong>das</strong> fachliche Selbstkonzept (als aus pädagogischer Sicht am<br />

e<strong>in</strong>fachsten steuerbar ersche<strong>in</strong>end) richten darf, sondern selbige <strong>in</strong> gleicher Weise auch dem<br />

sozialen Selbstkonzept zuteil werden muss, dokumentieren sehr deutlich die Erfahrungen<br />

e<strong>in</strong>er Betriebsrät<strong>in</strong> bei Bosch, nach deren Angaben der def<strong>in</strong>itive Berufsausstieg wegen<br />

K<strong>in</strong>dsgeburt e<strong>in</strong>e von Ingenieur<strong>in</strong>nen des eigenen Unternehmens statistisch häufig gewählte<br />

Möglichkeit darstellt, sich „nach entsprechenden Rückschlägen <strong>in</strong> der ,Männerwelt’ der<br />

Technik“ beruflich zurückzuziehen. 385 Mit anderen Worten: Ausschließlich <strong>das</strong> Lern- und<br />

Leistungsverhalten von Mädchen <strong>in</strong> den Blick zu nehmen und lediglich ihre fachliche<br />

Identität zu stärken, reicht nicht aus, weil <strong>das</strong> fehlende Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g kollegialen Sozialverhaltens<br />

bei beiden Geschlechtern der eben genannten Erfahrung nach so e<strong>in</strong> ernstzunehmender<br />

Frustrationsfaktor bleiben wird, der perspektivisch gesehen vielfach e<strong>in</strong> berufliches<br />

Rückzugsverhalten nach sich ziehen kann. Dementsprechend sollte sich schulisches Wirken<br />

anhand der vorab <strong>in</strong> den pädagogisch-sozialpädagogischen Schlussfolgerungen detailliert<br />

erläuterten (und vorrangig im Rahmen des schulischerseits ohne erheblichen f<strong>in</strong>anziellen,<br />

zeitlichen <strong>oder</strong> organisatorischen Ressourcenaufwand Machbaren gehaltenen) Vorschläge<br />

sowohl auf fachliche als auch verhaltensbezogene Gesichtspunkte der Entwicklung der<br />

Schüler<strong>in</strong>nen- bzw. Schülerpersönlichkeit beziehen. Hiermit würde im H<strong>in</strong>blick auf die<br />

pr<strong>in</strong>zipiellen beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten von Mädchen und Jungen auch dem<br />

Grundsatz der Chancengleichheit <strong>oder</strong> Geschlechtergerechtigkeit gefolgt, der durch den<br />

Amsterdamer Vertrag explizit gestärkt wird<strong>–</strong> <strong>oder</strong> handfester formuliert: zu dessen E<strong>in</strong>haltung<br />

der auf EU-Ebene für sämtliche Mitgliedsstaaten für verb<strong>in</strong>dlich erklärte Gender<br />

Ma<strong>in</strong>stream<strong>in</strong>g Ansatz selbige e<strong>in</strong>deutig verpflichtet. Denn <strong>das</strong> Gender Ma<strong>in</strong>stream<strong>in</strong>g<br />

def<strong>in</strong>iert die Etablierung von Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern als<br />

Querschnittsziel und verlangt deshalb die Berücksichtigung des Geschlechteraspektes <strong>in</strong> allen<br />

Politikbereichen, so auch <strong>in</strong> der Bildungspolitik.<br />

Nun ist die Bundesrepublik <strong>Deutsch</strong>land allerd<strong>in</strong>gs nicht alle<strong>in</strong> e<strong>in</strong> EU-Mitgliedsland, sondern<br />

auch e<strong>in</strong> föderalistischer Staat, <strong>in</strong> dem <strong>das</strong> Bildungswesen der Kulturhoheit der Länder<br />

untersteht. Wenngleich es sich um e<strong>in</strong>en kooperativen Föderalismus handelt, der durch die<br />

Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz als „zentrale Vermittlungs<strong>in</strong>stanz“ 386 e<strong>in</strong>e gewisse E<strong>in</strong>heitlichkeit <strong>in</strong><br />

Sachen Bildungspolitik bzw. Bildungsplanung garantiert, so ist doch die diesbezügliche<br />

„Fragmentierung der Handlungskompetenzen“ 387 vielfach durchaus nachteilig, denn sie<br />

erschwert „…e<strong>in</strong>e geschlossene, str<strong>in</strong>gente Politik. Der politische Handlungsstil entspricht<br />

daher eher e<strong>in</strong>er schrittweisen, sich laufend korrigierenden ,Stückwerk-Technologie’…“ 388 .<br />

Nun hat <strong>das</strong> Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zip als Ursache dieser föderativen „Stückwerk-Technologie“<br />

den berechtigten Anspruch, die Autonomie von untergeordneten E<strong>in</strong>heiten gegenüber von<br />

übergeordneten E<strong>in</strong>heiten zu wahren, weshalb nach dem Grundgesetz, Artikel 7, zwar <strong>das</strong><br />

Schulwesen komplett unter staatlicher Aufsicht steht, aber zugleich nach Artikel 30 des<br />

Grundgesetzes den Ländern die Generalkompetenz über die „Ausübung der staatlichen<br />

Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben“ zugesprochen wird. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

erweist sich die Schutzfunktion des Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zips gegenüber den Ländern als wenig<br />

385 Quelle: Podiumsgespräch der von VDI/ VDE/ IT veranstalteten Tagung „Innovationen-Technikwelten,<br />

Frauenwelten“ am 21.10.2004 im <strong>Deutsch</strong>en Technikmuseum Berl<strong>in</strong><br />

386 Rudzio, Wolfgang: Das politische System der Bundesrepublik <strong>Deutsch</strong>land. 3. Auflage, Leske & Budrich:<br />

Opladen 1991, S. 420<br />

387 Scharpf, Fritz: Theorie der Politikverflechtung. In: Ders. et al: Politikverflechtung. Kronberg 1976, S. 15 und<br />

18, zitiert <strong>in</strong>: Rudzio, Wolfgang: Das politische System der Bundesrepublik <strong>Deutsch</strong>land. 3. Auflage, Leske &<br />

Budrich: Opladen 1991, S. 424<br />

388 Rudzio, Wolfgang: Das politische System der Bundesrepublik <strong>Deutsch</strong>land. 3. Auflage, Leske & Budrich:<br />

Opladen 1991, S. 424<br />

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