Klassenbester in Deutsch oder Englisch? Nein danke – das passt ...
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Weiterh<strong>in</strong> spielen der „…Verlust an Zuwendung und persönlicher Nähe, die Auflösung<br />
kle<strong>in</strong>er sozialer Netze und Selbsthilfeaktivitäten…e<strong>in</strong>e nicht zu unterschätzende<br />
kontraproduktive Rolle…Selbst wenn es gel<strong>in</strong>gen würde, jeder Frau e<strong>in</strong>en Arbeitsplatz zu<br />
verschaffen, wird gerade dieser Erfolg zum Bumerang gegen e<strong>in</strong>e menschenwürdige<br />
Sozialordnung.“ Denn: „E<strong>in</strong> Konzept, <strong>das</strong> Alte und K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> ,Betreuungsghettos’<br />
abschiebt 110 und Familienarbeit konsequent abwertet, wird…an den tatsächlichen<br />
Bedürfnissen vieler Frauen…vorbeiplanen…“ Demgegenüber steht „…<strong>das</strong> realistische<br />
Szenario…“, welches der „…familienorientierten Frau…e<strong>in</strong>en Anreiz auf e<strong>in</strong>en<br />
Zusatzverdienst…“ eröffnet, <strong>in</strong>dem sich „…Verdienstmöglichkeiten…nun folgerichtig im<br />
sozialen Dienstleistungsbereich schaffen (lassen), <strong>in</strong>dem z.B. ger<strong>in</strong>g entlohnte ger<strong>in</strong>gfügige<br />
Beschäftigungen <strong>oder</strong> Teilzeitarbeitsplätze angeboten werden…“, womit sich z.B.<br />
„…Schwerpflegebedürftige…billige Frauenarbeit <strong>in</strong> der Nachbarschaft e<strong>in</strong>kaufen<br />
(können)…Sicher ist damit e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Berufskarriere ausgeschlossen. Sie ist aber<br />
auch <strong>in</strong> der Mehrzahl der Fälle nicht angestrebt.“ 111 (Neumann/ Schaper 1998, S. 306-308, S.<br />
310) Diese Ausführungen über die weibliche Rolle bzw. den weiblichen Rang <strong>in</strong> der<br />
m<strong>oder</strong>nen bundesdeutschen Sozialordnung verdeutlichen anschaulich, wie eng Beruflichkeit<br />
an die Begriffe von Integration <strong>oder</strong> Ausgrenzung, Auf- <strong>oder</strong> Abwertung, Zentralität <strong>oder</strong><br />
Marg<strong>in</strong>alisierung gekoppelt ist und wie „geschlechtsspezifisch“ diese Begriffe <strong>in</strong> der<br />
Berufswelt besetzt s<strong>in</strong>d. So spiegeln Berufe, die sich entlang der sozioökonomischen<br />
Leitbilder von Haupternährer und Zuverdiener<strong>in</strong> kategorisieren lassen (also typische<br />
„Frauen-“ und „Männerberufe“) nicht nur soziale Ungleichheit wider<strong>–</strong> vielmehr zementieren<br />
und reproduzieren sie diese zugleich. 112<br />
Sozioökonomische Leitbilder s<strong>in</strong>d jedoch, wie e<strong>in</strong>gangs erwähnt, nicht nur traditionell<br />
verankert, sondern auch imstande, sich neuen Trends und Entwicklungen anzupassen. E<strong>in</strong><br />
rasanter technischer und technologischer Wandel mit entsprechenden Veränderungen <strong>in</strong> der<br />
Arbeitsorganisation, die Profilierung zur Wissensgesellschaft und der globalisierte<br />
Erwerbsmarkt (welcher Konkurrenzdruck nicht alle<strong>in</strong> durch Verschiebung von<br />
Produktionsstätten und Arbeitskräften <strong>in</strong>s Ausland nach dem Pr<strong>in</strong>zip der Kostensenkung<br />
durch Standortvorteile, sondern auch durch ständigen Innovationszwang als Legitimation<br />
e<strong>in</strong>es Dase<strong>in</strong>s als „global player“ erzeugt) haben die sozioökonomische Sichtweise auf die<br />
geworben wurde, mit dem e<strong>in</strong>em traurig dre<strong>in</strong> blickenden kle<strong>in</strong>en Mädchen <strong>in</strong> den Mund gelegten Wortlaut:<br />
„Me<strong>in</strong> Papi soll hier Arbeit f<strong>in</strong>den!“ (Abdruck des Plakates <strong>in</strong>: „Die Zeit“, 57. Jg., 2002, Nr. 17, S. 5)<br />
110 Diese Begründung reiht sich e<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Argumentationsmuster, <strong>in</strong> welches auch e<strong>in</strong>e 1975 von W. Ferd<strong>in</strong>and<br />
durchgeführte und immerh<strong>in</strong> noch 1985 <strong>in</strong> der pädagogischen Fachliteratur rezipierte Studie <strong>passt</strong>, die e<strong>in</strong><br />
zunehmendes Ausmaß der mütterlichen Berufstätigkeit <strong>in</strong> den Kontext mit s<strong>in</strong>kenden Schulleistungen von<br />
K<strong>in</strong>dern stellt (vgl. <strong>Deutsch</strong>es Institut für Fernstudien an der Universität Tüb<strong>in</strong>gen DIFF: Fernstudium.<br />
Ausbildung zum Beratungslehrer. Studienbrief 4: Dimensionen und Bed<strong>in</strong>gungsfaktoren der Schulleistung.<br />
Studienblock II: Pädagogisch-psychologische Diagnostik der Schulberatung. Tüb<strong>in</strong>gen 1985, S. 56f)<strong>–</strong> was<br />
natürlich aus heutiger Sicht die Frage unbeantwortet lässt, weshalb an (studentisch regional dom<strong>in</strong>ierten)<br />
ostdeutschen Universitäten trotz durch von mütterlicher Vollzeiterwerbstätigkeit gekennzeichneter<br />
sozialisatorischer Prägung um Jahre schneller studiert wird als im Westteil <strong>Deutsch</strong>lands. Und die oben<br />
beschriebene Argumentation geht weiterh<strong>in</strong> konform mit (erst seit den zahlreichen philosophischen und<br />
mediz<strong>in</strong>ischen Diskursen des 18. Jahrhunderts zum „Wesen der Frau“ bzw. zur „weiblichen Bestimmung“<br />
existenten alltagstheoretischen wie wissenschaftlichen Annahmen zur alle<strong>in</strong> der Frau gegebenen Fähigkeit zur<br />
Erziehung und Pflege der K<strong>in</strong>der und damit zur Alle<strong>in</strong>verantwortung der Mutter für <strong>das</strong> gelungene psychosoziale<br />
Gedeihen des K<strong>in</strong>des. [vgl. Duby, Georges/ Perrot, Michelle (Hg.): Geschichte der Frauen. Band 3: Frühe<br />
Neuzeit. Farge, Arlette/ Zemon Davis, Natalie (Hg.), Fischer Taschenbuch Verlag: Frankfurt am Ma<strong>in</strong> 1997, S.<br />
344- 380; vgl. auch Bad<strong>in</strong>ter, Elisabeth: Die Mutterliebe. Geschichte e<strong>in</strong>es Gefühls vom 17. Jahrhundert bis<br />
heute., 1. Auflage, <strong>Deutsch</strong>er Taschenbuch Verlag: München 1984, S. 40- 268; vgl. auch Lenzen 1989, S. 1550]<br />
111 An dieser Stelle sche<strong>in</strong>t es angebracht, auf e<strong>in</strong>e bereits 1994 veröffentlichte bundesdeutsche Studie zu<br />
verweisen, nach der nicht <strong>das</strong> Geschlecht, sondern vielmehr die soziale Geschlechtsrollenorientierung<br />
berufliche Laufbahnambitionen bestimmt. (vgl. Abele 1994, S. 115)<br />
112 vgl. zur Problematik beruflich fortgeführter und stabilisierter sozialer Ungleichheit Beck/ Brater 1982, S. 125,<br />
zitiert <strong>in</strong> Ostner 1983, S. 119<br />
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