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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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schiede <strong>in</strong> der organischen Zusammensetzung werden uns noch beschäftigen. Jetzt nimmt M.<br />

sie erst e<strong>in</strong>mal als Durchschnittswert für das Gesamtkapital e<strong>in</strong>es Landes, da es zunächst darum<br />

geht, die Wirkung der Akkumulation auf die Entwicklung der Produktionsweise zu untersuchen.<br />

318<br />

Um besser die Bedeutung der organischen Zusammensetzung für die Akkumulation analysieren<br />

zu können, unterscheidet M. zwei verschiedene Akkumulationsregimes: <strong>Das</strong> erste Regime ist<br />

durch gleichbleibende organische Zusammensetzung gekennzeichnet; wir nennen es extensive<br />

Akkumulation. <strong>Das</strong> andere Regime zeichnet sich durch steigende organische Zusammensetzung<br />

aus, also Zunahme des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen Kapital; wir nennen es<br />

<strong>in</strong>tensive Akkumulation. 319 <strong>Das</strong> s<strong>in</strong>d theoretische Abgrenzungen der bekannten Art: Sie wurzeln<br />

im historischen Stoff. Beide Akkumulationsregimes haben ihre Spuren <strong>in</strong> der Geschichte der kapitalistischen<br />

Produktionsweise bis heute h<strong>in</strong>terlassen. Allerd<strong>in</strong>gs kommen, <strong>von</strong> der Frühphase<br />

vielleicht abgesehen, <strong>in</strong> der praktisch nur extensive Akkumulation existierte, beide Formen niemals<br />

alle<strong>in</strong>e vor; vielmehr dom<strong>in</strong>iert mal die e<strong>in</strong>e, mal die andere Form <strong>in</strong> wechselnder Mischung.<br />

320<br />

Extensive Akkumulation<br />

Was geschieht, wenn die organische Zusammensetzung des Kapitals bei fortdauernder Akkumulation<br />

gleichbleibt? Dieses Akkumulationsregime f<strong>in</strong>den wir über e<strong>in</strong>en langen Zeitraum <strong>in</strong> der<br />

Frühphase der kapitalistischen Entwicklung. Bei extensiver Akkumulation wächst mit jedem Zyklus<br />

der Arbeitsprozess stofflich: Mehr Fabriken, Masch<strong>in</strong>en und Rostoffe benötigen e<strong>in</strong>e größere<br />

Arbeitsmenge. Wo die Verlängerung des Arbeitstags schon die physische Grenze erreicht hat<br />

oder wo ihr durch den Normalarbeitstag e<strong>in</strong>e politische Grenze gezogen ist, wächst die Nachfrage<br />

nach Arbeitskraft. 321<br />

Unter diesen Bed<strong>in</strong>gungen bedeutet Akkumulation nicht nur stoffliche, sondern vor allem auch<br />

räumliche und soziale Ausdehnung der Produktionsweise, Wachstum der Produktionsstandorte<br />

nach Zahl und Größe und Wachstum der Arbeiterklasse. 322 Solche Phasen der Akkumulation<br />

haben ihr Merkmal. Die Versorgung mit Arbeitskraft ist unsicher und stockt bisweilen. Weitere<br />

Maßnahmen s<strong>in</strong>d erforderlich. Wo Umschichtungen zwischen den Sektoren der Produktion nicht<br />

möglich s<strong>in</strong>d, erfolgt Zuwanderung <strong>von</strong> Arbeitskräften aus umliegenden oder weiter entfernten<br />

agrarischen Regionen, aber auch Zuwanderung aus anderen Ländern. Für die englische<br />

Texttil<strong>in</strong>dustrie des frühen 18. Jahrhunderts war Irland das bevorzugte Menschenreservoir. Für<br />

die deutsche Industrie der 1960er Jahre waren das Italien, Spanien, Portugal, Griechenland und<br />

später die Türkei.<br />

Die stockende Versorgung mit Arbeitskräften führt zu steigenden Löhnen; natürlich nicht im<br />

Selbstlauf, sondern durch den Klassenkampf und die Konkurrenz der Unternehmen. 323 Die Klagen<br />

der Textilfabrikanten des 18. und 19. Jahrhunderts über "unverschämte Löhne" lesen sich<br />

wie Auszüge unserer Wirtschaftspresse nach Tarifforderungen der IG Metall. Die frühen Fabrikanten<br />

merkten nicht, dass mit steigenden Löhnen auch ihnen selbst e<strong>in</strong> großer Vorteil erwuchs,<br />

nämlich die Stärkung des <strong>in</strong>neren Marktes. 324<br />

Dennoch: In den Phasen extensiver Akkumulation kommt es meist zu e<strong>in</strong>er spürbaren Anhebung<br />

der Löhne und zu e<strong>in</strong>er Verbesserung der Lebensbed<strong>in</strong>gungen zum<strong>in</strong>dest <strong>von</strong> <strong>Teil</strong>en des Gesamtarbeiters.<br />

M. bezieht sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Analyse besonders auf die qualifizierten, mit der Masch<strong>in</strong>erie<br />

und den Produktionsabläufen vertrauten Arbeiter: Aus dem "anschwellenden und schwellend<br />

<strong>in</strong> Zusatzkapital verwandelten Mehrprodukt strömt ihnen e<strong>in</strong> größerer <strong>Teil</strong> <strong>in</strong> der Form <strong>von</strong><br />

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