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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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lativen Mehrwerts. Bei dieser ist der Arbeitstag <strong>von</strong> vornhere<strong>in</strong> <strong>in</strong> zwei Stücke geteilt: notwendige Arbeit und<br />

Mehrarbeit. Um die Mehrarbeit zu verlängern, wird die notwendige Arbeit verkürzt durch Methoden, vermittelst<br />

deren das Äquivalent des Arbeitslohns <strong>in</strong> weniger Zeit produziert wird. Die Produktion des absoluten Mehrwerts<br />

dreht sich nur um die Länge des Arbeitstags; die Produktion des relativen Mehrwerts revolutioniert durch und<br />

durch die technischen Prozesse der Arbeit und die gesellschaftlichen Gruppierungen." (MEW 23, S.532f)<br />

244 Warum das so ist, läßt sich leicht sagen: In der Mehrwerttheorie zeigt der Theoretiker M. se<strong>in</strong>e unverbesserlichen<br />

politischen Neigungen. Dabei möchte ihn die Kulturschickeria allzugern als "genialen Wissenschaftler" und<br />

"weitsichtigen Analytiker se<strong>in</strong>er(!) Zeit" feiern und dem eigenen Fundus großer Männer e<strong>in</strong>verleiben - aber wie<br />

soll das gehen? Alles andere könnte man ihm vergeben; man könnte es unter "genial daneben, aber ungeme<strong>in</strong><br />

anregend" abheften und sich ansonsten M.s literarischer und patriotischer Verwertung als "großer Deutscher"<br />

und als Superstar der Philosophie widmen. Aber diese Mehrwerttheorie... verständnisloses Kopfschütteln.<br />

245 Die Geschichte zeigt uns die unterschiedliche Länge der jeweiligen Arbeitstage. Tatsächlich gibt es für die<br />

Länge des Arbeitstags ke<strong>in</strong>e objektive oder dauerhafte Regelung:<br />

"Der Kapitalist behauptet se<strong>in</strong> Recht als Käufer, wenn er den Arbeitstag so lang als möglich und womöglich aus<br />

e<strong>in</strong>em Arbeitstag zwei zu machen sucht. Andrerseits schließt die spezifische Natur der verkauften Ware e<strong>in</strong>e<br />

Schranke ihres Konsums durch den Käufer e<strong>in</strong>, und der Arbeiter behauptet se<strong>in</strong> Recht als Verkäufer, wenn er den<br />

Arbeitstag auf e<strong>in</strong>e bestimmte Normalgröße beschränken will. Es f<strong>in</strong>det hier also e<strong>in</strong>e Ant<strong>in</strong>omie statt, Recht wider<br />

Recht, beide gleichmäßig durch das Gesetz des Warenaustausches besiegelt. Zwischen gleichen Rechten entscheidet<br />

die Gewalt. Und so stellt sich <strong>in</strong> der Geschichte der kapitalistischen Produktion die Normierung des Arbeitstags<br />

als Kampf um die Schranken des Arbeitstags dar – e<strong>in</strong> Kampf zwischen dem Gesamtkapitalisten, d.h.<br />

der Klasse der Kapitalisten, und dem Gesamtarbeiter, oder der Arbeiterklasse." (MEW 23, S.249)<br />

Verändert sich das Machtverhältnis zu Gunsten der Unternehmer, wie wir es seit 1990 beobachten, hat das auch<br />

Auswirkungen auf die Arbeitszeit. So ist es erstmals seit 1950 wieder zur Verlängerung der Arbeitszeit, zum Verlust<br />

bereits erkämpfter Arbeitszeitverkürzungen gekommen.<br />

246 Bevorzugte Formulierung ankreuzen; Mehrfachauswahl ist möglich.<br />

247 Beispiel: Man kann die E<strong>in</strong>führung der Leiharbeit als Beitrag zur Standortsicherung begreifen, also als Stärkung<br />

der Unternehmen <strong>in</strong> Deutschland für den <strong>in</strong>ternationalen Wettbewerb. <strong>Das</strong> war auch die wichtigste politische<br />

Begründung, die der Regierung e<strong>in</strong>gefallen ist, als man das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz <strong>von</strong> 1972 im<br />

Zuge der berüchtigten Hartz-Gesetze 2004 unternehmensgerecht modernisierte. Dah<strong>in</strong>ter steht zweifellos der<br />

Versuch, die Lohnkosten für die Unternehmen zu senken, also die Ausgaben für Arbeitskräfte besser an den aktuellen,<br />

und nicht etwa an den längerfristigen Durchschnittsbedarf anzupassen. Diese Ökonomisierung der Lohnkosten<br />

ist <strong>in</strong> M.s Lesart Steigerung des relativen Mehrwerts, da bei s<strong>in</strong>kender Nachfrage die tatsächlich bezahlte<br />

Arbeitszeit zurückgefahren und bei steigender Nachfrage leicht ausgeweitet werden kann. In der gegenwärtigen<br />

Krise hat sich die Leiharbeit bestens bewährt. <strong>Das</strong> waren die Arbeitskräfte, die man sofort entlassen konnte.<br />

<strong>Das</strong>s nebenbei mit dieser Maßnahme der Stammbelegschaft immer wieder die drohende Arbeitslosigkeit vor Augen<br />

geführt wird, macht sie kompromißbereit und Forderungen nach Lohnsenkung und Mehrbelastung zugänglich.<br />

Mit der E<strong>in</strong>führung der Leiharbeit waren daher fast immer Maßnahmen zur Intensivierung der Arbeit verbunden,<br />

was wir <strong>in</strong> M.s Lesart ebenfalls als Steigerung des relativen Mehrwerts verbuchen. Die Spaltung der Belegschaft<br />

und die Schwächung ihrer Widerstandskraft gibt es für den Unternehmer als Gratisdienst dazu, was ihn<br />

<strong>in</strong> immer mehr Unternehmen befähigt, sogar die Arbeitszeit selbst zu verlängern, oder <strong>in</strong> M.s Lesart: Den absoluten<br />

Mehrwert zu erhöhen.<br />

248 M. ist sich über die Bedeutung der Konkurrenz völlig im klaren, geht aber im Mehrwertkapitel nur dort ausnahmsweise<br />

darauf e<strong>in</strong>, wo er die Anstrengungen der Kapitalisten zur Steigerung der Arbeitsproduktivität würdigt.<br />

Ansonsten ist er hier, wo es um den Mehrwert als gesellschaftliche Kategorie geht, an der Perspektive des<br />

e<strong>in</strong>zelnen Kapitalisten e<strong>in</strong>fach nicht <strong>in</strong>teressiert: "Die Art und Weise, wie die immanenten Gesetze der kapitalistischen<br />

Produktion <strong>in</strong> der äußern Bewegung der Kapitale ersche<strong>in</strong>en, sich als Zwangsgesetze der Konkurrenz geltend<br />

machen und daher als treibende Motive dem <strong>in</strong>dividuellen Kapitalisten zum Bewußtse<strong>in</strong> kommen, ist jetzt<br />

nicht zu betrachten" sagt er schlicht (MEW 23,S. 335). Später, vor allem im 3. Band des "Kapital", werden wir<br />

sehen, welche enorme Bedeutung für M.s Theorie die kapitalistische Konkurrenz hat.<br />

M. (und Engels als Herausgeber) bleiben dem Ste<strong>in</strong>-auf-Ste<strong>in</strong> setzenden Stil der Darstellung treu und blenden die<br />

Konkurrenz auch an dieser Stelle so weit als möglich aus. Wir folgen <strong>in</strong> diesem Punkt und auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen ande-<br />

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