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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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nismus erstmals <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er kapitalistischen Form begegnen, der im Verlauf der Akkumulationszyklen die Position<br />

der e<strong>in</strong>zelnen Kapitale zue<strong>in</strong>ander stark verändert.<br />

155 Über die Bezeichnung des Wertgesetzes "als Regulator <strong>in</strong> letzter Instanz" könnte man vermutlich e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eres<br />

Kompendium für <strong>Marx</strong>ismus-kritischen Sarkasmus erstellen; meist wird diese Formulierung Engels zugeschrieben,<br />

der sie tatsächlich nach M.s Tod zur Verteidigung des Wertgesetzes verwendet. Dabei greift Engels aber auf<br />

M.s eigene Formulierung zurück (MEW 23, S.181 Fußnote). Vor allem Vertreter der psychologischen Schule wie<br />

Böhm-Bawerk & Co. haben diese Formulierung immer als rabulistischen Rettungsanker aus hoffnungloser theoretischer<br />

Lage persifliert. Wir verwenden die Formulierung allen Sarkasmen zum Trotz, weil wir sie für richtig halten.<br />

Wenn es um die Frage des Wertgesetzes und se<strong>in</strong>e Modifikation durch die Profitratenbildung geht, wird es<br />

zu diesem Thema noch e<strong>in</strong>en kräftigen Nachschlag geben.<br />

156 Mal wieder die aktuelle Wirtschaftskrise: Da s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Ländern, weil Banken kräftig am Kreditrad gedreht<br />

und die Immobiliennachfrage stark erhöht haben, die Preise für Häuser <strong>in</strong> kurzer Zeit um mehr als das Doppelte<br />

gestiegen. Niemand fand das merkwürdig. Nicht nur das: Da hat man die Preissteigerungen e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong> die<br />

Zukunft verlängert und vor allem im Bereich der gewerblichen Immobilien riesige Kredite nicht nur auf den aufgepusteten<br />

Verkehrswert, sondern sogar auf die <strong>in</strong> Zukunft zu erwartenden "Wertsteigerungen" vergeben. Freilich:<br />

Wenn unsere umtriebigen F<strong>in</strong>anzmarkt-Akteure <strong>von</strong> "Wert" sprechen, me<strong>in</strong>en sie nicht e<strong>in</strong>mal "Preis", sondern<br />

nur e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> ihrem Kopf steckende spekulative Preishoffnung. Und sie müssen nicht e<strong>in</strong>mal selber an diese<br />

Hoffnung glauben. Es genügt, diese Hoffnung anderen als den normalen ökonomischen Gang der D<strong>in</strong>ge zu verkaufen.<br />

<strong>Das</strong> ist die übliche Arbeitsweise aller Trickbetrüger und Hochstapler, unter welchem Bankenschirm auch<br />

immer die stecken.<br />

157 "D<strong>in</strong>ge, die an und für sich ke<strong>in</strong>e Waren s<strong>in</strong>d, z.B. Gewissen, Ehre usw., können ihren Besitzern für Geld feil<br />

se<strong>in</strong> und so durch ihren Preis die Warenform erhalten." (MEW 23, S.117) Es geht darum, dass unter der Herrschaft<br />

der Warenproduktion, die sich ihrerseits der Herrschaft des Geldes unterwirft, beliebige D<strong>in</strong>ge, Menschen,<br />

Dienstleistungen zwar nicht zur Ware werden; denn sie werden nicht produziert. Sehr wohl aber werden sie wie<br />

e<strong>in</strong>e Ware behandelt. Sie erhalten e<strong>in</strong>en Preis.<br />

158 Als die Besatzung des Raumschiffs Enterprise im 24. Jahrhundert e<strong>in</strong>en zu unserer Zeit tiefgefrorenen und <strong>in</strong><br />

den Weltraum expedierten F<strong>in</strong>anzmakler auftaut und zu neuem Leben verhilft, will der umgehend mit se<strong>in</strong>er Bank<br />

Kontakt aufnehmen, um die <strong>in</strong> drei Jahrhunderten angesammelten Z<strong>in</strong>sen auf se<strong>in</strong>e Wertanlagen zu kassieren.<br />

"Sie haben überhaupt nichts begriffen", muß Capta<strong>in</strong> Picard ihm sagen. "Geld hat ke<strong>in</strong>erlei Bedeutung mehr.<br />

Armut und Reichtum gibt es nicht mehr. Die Menschheit ist erwachsen geworden." Bitter für unseren F<strong>in</strong>anzmakler<br />

zu erfahren, dass sogar das über alles geliebte Geld, die Quelle der Macht, nicht nur zu e<strong>in</strong>em bestimmten<br />

Zeitpunkt <strong>in</strong> die Welt geholt wurde, sondern zu e<strong>in</strong>em späteren Zeitpunkt womöglich auch wieder verabschiedet<br />

werden kann, weil die "Spr<strong>in</strong>gquellen des genossenschaftlichen Reichtums" (MEW 19, S.21) so sprudeln, dass es<br />

ohne weiteres für alle reicht. Wenn <strong>von</strong> allem genug da ist, braucht man nicht mehr zu kaufen und zu verkaufen.<br />

Ob mit Replikator der "Next Generation" oder ohne.<br />

159 Die Geschichte des Münzwesens ist auch e<strong>in</strong>e Geschichte der Münzfälschung. Nicht die kle<strong>in</strong>en Fälscher <strong>in</strong>teressieren<br />

uns (die mit "...Gefängnis nicht unter drei Jahren..."), sondern die großen. Ke<strong>in</strong> Landesherr, der nicht<br />

irgendwann seit dem 14. Jahrhundert durch systematische Geldverschlechterung se<strong>in</strong>e Kriegskasse auffüllte.<br />

Wurde der Goldmünze Blei beigemengt, erhielt der Bauer für se<strong>in</strong> Korn den nom<strong>in</strong>ellen Preis <strong>in</strong> Münzen. G<strong>in</strong>g er<br />

mit diesem Geld aber <strong>in</strong> die Stadt, um Handwerkswaren zu kaufen, oder versuchte er, se<strong>in</strong>em eigenen Grundherrn<br />

damit die Pacht zu bezahlen, dann konnte ihm folgendes passieren: Der Handwerker oder Grundherr berechnete<br />

nur den wirklichen Goldanteil und ignorierte, was auf der Münze stand. Gewiß versuchten auch die<br />

Bauern, nach solchen Erfahrungen höhere nom<strong>in</strong>elle Preise für eigene Waren durchzusetzen. Aber es gehört zum<br />

Grundgesetz jeder Geldentwertung, dass der Abhängige, der mit den ger<strong>in</strong>gsten Reserven, am meisten zuzahlt.<br />

Die "Geldfälschung" gibt es auch als moderne Variante. Wir denken nicht e<strong>in</strong>mal an die E<strong>in</strong>führung des Euro<br />

2001, die <strong>in</strong> weiten Strecken e<strong>in</strong>e Preiserhöhung auf breiter Front, also e<strong>in</strong>e Vernichtung <strong>von</strong> Kaufkraft gewesen<br />

ist. Nehmen wir als Beispiel die aktuelle Wirtschaftskrise. Bevorzugtes Mittel zu ihrer Bekämpfung ist die staatliche<br />

Bereitstellung billigen Geldes für Banken und Versicherungen, die wegen erheblicher Wertkorrekturen an<br />

Kreditdeckung e<strong>in</strong>gebüßt hatten. Diese Geldspritze im Umfang <strong>von</strong> derzeit mehr als 2,6 Bio. Dollar (Juni 2009;<br />

Tendenz steigend) schafft natürlich potentielle Gefahren für die Geldwertstabilität. Die werden aber bewußt <strong>in</strong><br />

Kauf genommen, da man glaubt, e<strong>in</strong>e solche Inflation kontrollieren zu können. <strong>E<strong>in</strong>e</strong> Inflation, ob kontrolliert oder<br />

nicht, wäre auch nur Vermögensvernichtung, wie die Krise selbst, allerd<strong>in</strong>gs auf breiter Front. Die Verluste der<br />

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