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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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er arbeitenden Produzenten austauschen anders als im Verhältnis der darauf verwandten Arbeit?<br />

Da war nicht nur die auf diese Produkte verwandte Arbeitszeit der e<strong>in</strong>zige geeignete Maßstab<br />

für die quantitative Bestimmung der auszutauschenden Größen; da war überhaupt ke<strong>in</strong><br />

andrer möglich. Oder glaubt man, der Bauer und der Handwerker seien so dumm gewesen, das<br />

Produkt zehnstündiger Arbeit des e<strong>in</strong>en für das e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Arbeitsstunde des andern h<strong>in</strong>zugeben?<br />

Für die ganze Periode der bäuerlichen Naturalwirtschaft ist ke<strong>in</strong> andrer Austausch möglich<br />

als derjenige, wo die ausgetauschten Warenquanta die Tendenz haben, sich mehr und mehr<br />

nach den <strong>in</strong> ihnen verkörperten Arbeitsmengen abzumessen. Von dem Augenblick an, wo das<br />

Geld <strong>in</strong> diese Wirtschaftsweise e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gt, wird die Tendenz der Anpassung an das Wertgesetz (<strong>in</strong><br />

der <strong>Marx</strong>schen Formulierung, nota bene!) e<strong>in</strong>erseits noch ausgesprochener, andrerseits aber<br />

wird sie auch schon durch die E<strong>in</strong>griffe des Wucherkapitals und der fiskalischen Aussaugung<br />

durchbrochen, die Perioden, für die die Preise im Durchschnitt sich den Werten bis auf e<strong>in</strong>e zu<br />

vernachlässigende Größe nähern, werden schon länger.<br />

<strong>Das</strong> gleiche gilt für den Austausch zwischen Bauernprodukten und denen der städtischen<br />

Handwerker. Anfangs f<strong>in</strong>det dieser direkt statt, ohne Vermittlung des Kaufmanns, an den<br />

Markttagen der Städte, wo der Bauer verkauft und se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>käufe macht. Auch hier s<strong>in</strong>d nicht<br />

nur dem Bauer die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen des Handwerkers bekannt, sondern dem Handwerker<br />

auch die des Bauern. Denn er ist selbst noch e<strong>in</strong> Stück Bauer, er hat nicht nur Küchen- und<br />

Obstgarten, sondern auch sehr oft e<strong>in</strong> Stückchen Feld, e<strong>in</strong>e oder zwei Kühe, Schwe<strong>in</strong>e, Federvieh<br />

usw. Die Leute im Mittelalter waren so imstande, jeder dem andern die Produktionskosten<br />

an Rohstoff, Hilfsstoff, Arbeitszeit mit ziemlicher Genauigkeit nachzurechnen – wenigstens, was<br />

Artikel täglichen allgeme<strong>in</strong>en Gebrauchs betraf.<br />

Wie war aber für diesen Austausch nach dem Maßstab des Arbeitsquantums dies letztere, wenn<br />

auch nur <strong>in</strong>direkt und relativ, zu berechnen für Produkte, die e<strong>in</strong>e längere, <strong>in</strong> unregelmäßigen<br />

Zwischenräumen unterbrochne, <strong>in</strong> ihrem Ertrag unsichre Arbeit erheischten, z.B. Korn oder<br />

Vieh? Und das obendre<strong>in</strong> bei Leuten, die nicht rechnen konnten? Offenbar nur durch e<strong>in</strong>en<br />

langwierigen, oft im Dunkeln h<strong>in</strong> und her tastenden Prozeß der Annäherung im Zickzack, wobei<br />

man, wie sonst auch, erst durch den Schaden klug wurde. Aber die Notwendigkeit für jeden, im<br />

ganzen und großen auf se<strong>in</strong>e Kosten zu kommen, half immer wieder <strong>in</strong> die korrekte Richtung,<br />

und die ger<strong>in</strong>ge Anzahl der <strong>in</strong> den Verkehr kommenden Arten <strong>von</strong> Gegenständen, sowie die oft<br />

während Jahrhunderten stabile Art ihrer Produktion, erleichterte die Erreichung des Ziels. Und<br />

daß es ke<strong>in</strong>eswegs so lange dauerte, bis die relative Wertgröße dieser Produkte ziemlich annähernd<br />

festgestellt war, beweist alle<strong>in</strong> die Tatsache, daß die Ware, bei der dies wegen der langen<br />

Produktionszeit des e<strong>in</strong>zelnen Stücks am schwierigsten sche<strong>in</strong>t, das Vieh, die erste ziemlich allgeme<strong>in</strong><br />

anerkannte Geldware wurde. Um dies fertigzubr<strong>in</strong>gen, mußte der Wert des Viehs, se<strong>in</strong><br />

Austauschverhältnis zu e<strong>in</strong>er ganzen Reihe <strong>von</strong> andern Waren, schon e<strong>in</strong>e relativ ungewöhnliche,<br />

auf dem Gebiet zahlreicher Stämme widerspruchslos anerkannte Feststellung erlangt haben.<br />

Und die Leute <strong>von</strong> damals waren sicher gescheit genug – die Viehzüchter sowohl wie ihre<br />

Kunden –, um nicht die <strong>von</strong> ihnen aufgewandte Arbeitszeit im Austausch ohne Äquivalent wegzuschenken.<br />

Im Gegenteil: je näher die Leute dem Urzustand der Warenproduktion stehn – Russen<br />

und Orientalen z.B. –, desto mehr Zeit verschwenden sie noch heute, um durch langes, zähes<br />

Schachern den vollen Entgelt ihrer auf e<strong>in</strong> Produkt verwandten Arbeitszeit herauszuschlagen.<br />

Ausgehend <strong>von</strong> dieser Wertbestimmung durch die Arbeitszeit, entwickelte sich nun die ganze<br />

Warenproduktion und mit ihr die mannigfachen Beziehungen, <strong>in</strong> denen die verschiednen Seiten<br />

des Wertgesetzes sich geltend machen, wie sie im ersten Abschnitt des ersten Buchs des "Kapi-<br />

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