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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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turereignis. Sie ist vermutlich auch ke<strong>in</strong>e beabsichtigte, aber doch e<strong>in</strong> wirkliche Konsequenz<br />

menschlichen Handelns. Und nicht irgendwelcher Menschen, sondern <strong>von</strong> Menschen, die ihren<br />

ökonomischen Interessen folgten. Nun könnten wir das vornehmer ausdrücken, könnten das<br />

"unternehmerisches Handeln" oder "Umsetzung <strong>von</strong> Gruppen<strong>in</strong>teressen" oder "Marktrationalität"<br />

nennen. Wir können das auf psychologisch formulieren und <strong>von</strong> "Habgier der Banker", <strong>von</strong><br />

"Dummheit der Investoren" oder <strong>von</strong> "Risikobl<strong>in</strong>dheit der Marktteilnehmer" sprechen. Es bleibt<br />

- Klassenkampf.<br />

Der Klassenkampf ist die Art und Weise, wie die Menschen ihre Geschichte wirklich machen.<br />

Spätestens seit der französischen Revolution <strong>von</strong> 1789 ist die Gliederung der Gesellschaft <strong>in</strong><br />

Klassen und soziale Gruppen mit divergierenden ökonomischen Interessen und den daraus resultierenden<br />

Klassenkämpfen akzeptiert. 491 Immerh<strong>in</strong> betrat die junge Bourgeoisie als bewußte<br />

Klassenkämpfer<strong>in</strong> die historische Bühne. Wenn ihre Medienfritzen heute auch alles daran setzen,<br />

den Gang der Ereignisse als objektive Notwendigkeit und als logisches Resultat der diversen<br />

Sachzwänge ersche<strong>in</strong>en zu lassen.<br />

Es gibt den Klassenkampf <strong>von</strong> oben, derzeit sehr <strong>in</strong> Mode. Der ist mal offen und brutal, wenn<br />

<strong>von</strong> unvermeidlichen Freisetzungen die Rede ist. Oder er versteckt sich h<strong>in</strong>ter wohlkl<strong>in</strong>genden<br />

Worten wie "Eigenverantwortung" und wird sogar als "Reformpaket" geschnürt, wenn es um<br />

den Abbau sozialer Rechte geht. Und es gibt den Klassenkampf <strong>von</strong> unten, derzeit stark e<strong>in</strong>geschüchtert<br />

oder sanft schlummernd. Aber selbst der Verzicht darauf ist wichtiges Element des<br />

alltäglichen Klassenkampfs: Jedes "Die da oben machen doch was sie wollen", jedes "Wir kle<strong>in</strong>en<br />

Leute können da nichts machen" ist ebenso wie e<strong>in</strong> Streik oder e<strong>in</strong>e Betriebsbesetzung<br />

praktischer alltäglicher Klassenkampf. Wer dazu gebracht wird, auf die Durchsetzung eigener<br />

Interessen zu verzichten, ist eben e<strong>in</strong> passiver Bauer im großen Klassenschach. Aber er nimmt<br />

dennoch daran teil.<br />

Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht: Wir s<strong>in</strong>d <strong>Teil</strong> dieser alles beherrschenden Produktionsweise.<br />

Von der allgeme<strong>in</strong>en Umweltschädigung bis zum Verlust des Arbeitsplatzes, <strong>von</strong> der<br />

schönen bunten Warenwelt der E<strong>in</strong>kaufscenter bis zu den schäbigen M<strong>in</strong>ijobs ebendort. Und die<br />

Bewegungsgesetze dieser Produktionsweise bewegen und verändern unsere Lebensverhältnisse<br />

täglich – und sie bewegen uns so oder so.<br />

Der Klassenkampf ist e<strong>in</strong>e objektive Tatsache. Unabhängig da<strong>von</strong>, was wir darüber denken. Subjektiv<br />

ist nur die Art und Weise, wie er geführt wird. Man kann ihn bewußt führen, also: Zielstrebig<br />

für die eigenen Interessen e<strong>in</strong>treten, sich mit Menschen, die ähnliche Interessen haben,<br />

zusammenschließen. Man kann den Problemen, die e<strong>in</strong>en selbst und andere bedrängen, zu Leibe<br />

rücken. Man kann sogar für e<strong>in</strong>e Gesellschaft auf nicht kapitalistischer Grundlage kämpfen.<br />

Man kann das alles auch lassen. Aber wenn man nicht teilnimmt, so steckt man doch mittendr<strong>in</strong>.<br />

Wer sich selbst nicht e<strong>in</strong>mischt, wird dennoch mitgemischt.<br />

2. Bei <strong>Marx</strong> und Engels f<strong>in</strong>den wir sehr oft das Wort "Kritik" <strong>in</strong> den Titeln ihrer<br />

Veröffentlichungen. Und der Text ihrer Arbeiten ist meist sehr scharf und polemisch<br />

formuliert. Handelte es sich bei den Herren um extreme Streithammel?<br />

Die Vorliebe für schärfste Polemik ist <strong>in</strong>sofern verständlich, als sie mit ihren Gedanken fast immer<br />

wirkliches Neuland betraten. Man kann e<strong>in</strong>en sich erst noch entwickelnden Standpunkt, der<br />

sich gegen alle Denktraditionen und etablierten Schulen behaupten muß, wohl kaum mit akademisch-braven,<br />

höflich zurückhaltenden und emotionsfreien Beiträgen vorantreiben.<br />

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