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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Gesetzt nun, es sei durch irgende<strong>in</strong> unerklärliches Privilegium dem Verkäufer gegeben, die Ware<br />

über ihrem Werte zu verkaufen, zu 110, wenn sie 100 wert ist, also mit e<strong>in</strong>em nom<strong>in</strong>ellen Preisaufschlage<br />

<strong>von</strong> 10%. Der Verkäufer kassiert also e<strong>in</strong>en Mehrwert <strong>von</strong> 10 e<strong>in</strong>. Aber nachdem er<br />

Verkäufer war, wird er Käufer. E<strong>in</strong> dritter Warenbesitzer begegnet ihm jetzt als Verkäufer und<br />

genießt se<strong>in</strong>erseits das Privilegium, die Ware 10% zu teuer zu verkaufen. Unser Mann hat als<br />

Verkäufer 10 gewonnen, um als Käufer 10 zu verlieren. <strong>Das</strong> Ganze kommt <strong>in</strong> der Tat darauf<br />

h<strong>in</strong>aus, daß alle Warenbesitzer ihre Waren e<strong>in</strong>ander 10% über dem Wert verkaufen, was durchaus<br />

dasselbe ist, als ob sie die Waren zu ihren Werten verkauften. E<strong>in</strong> solcher allgeme<strong>in</strong>er nom<strong>in</strong>eller<br />

Preisaufschlag der Waren br<strong>in</strong>gt dieselbe Wirkung hervor, als ob die Warenwerte z.B. <strong>in</strong><br />

Silber statt <strong>in</strong> Gold geschätzt würden. Die Geldnamen, d.h. die Preise der Waren würden anschwellen,<br />

aber ihre Wertverhältnisse unverändert bleiben.<br />

Unterstellen wir umgekehrt, es sei das Privilegium des Käufers, die Waren unter ihrem Wert zu<br />

kaufen. Hier ist es nicht e<strong>in</strong>mal nötig zu er<strong>in</strong>nern, daß der Käufer wieder Verkäufer wird. Er war<br />

Verkäufer, bevor er Käufer ward. Er hat bereits 10% als Verkäufer verloren, bevor er 10% als<br />

Käufer gew<strong>in</strong>nt. Alles bleibt wieder beim alten.<br />

Die Bildung <strong>von</strong> Mehrwert und daher die Verwandlung <strong>von</strong> Geld <strong>in</strong> Kapital, kann also weder<br />

dadurch erklärt werden, daß die Verkäufer die Waren über ihrem Werte verkaufen, noch dadurch,<br />

daß die Käufer sie unter ihrem Werte kaufen.<br />

<strong>Das</strong> Problem wird <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise dadurch vere<strong>in</strong>facht, daß man fremde Beziehungen e<strong>in</strong>schmuggelt,<br />

also etwa mit Oberst Torrens sagt:<br />

"Die effektive Nachfrage besteht <strong>in</strong> dem Vermögen und der Neigung (!) der Konsumenten, sei<br />

es durch unmittelbaren oder vermittelten Austausch, für Waren e<strong>in</strong>e gewisse größere Portion<br />

<strong>von</strong> allen Ingredienzien des Kapitals zu geben, als ihre Produktion kostet."<br />

In der Zirkulation stehn sich Produzenten und Konsumenten nur als Verkäufer und Käufer gegenüber.<br />

Behaupten, der Mehrwert für den Produzenten entspr<strong>in</strong>ge daraus, daß die Konsumenten<br />

die Ware über den Wert zahlen, heißt nur den e<strong>in</strong>fachen Satz maskieren: Der Warenbesitzer<br />

besitzt als Verkäufer das Privilegium, zu teuer zu verkaufen. Der Verkäufer hat die Ware selbst<br />

produziert oder vertritt ihren Produzenten, aber der Käufer hat nicht m<strong>in</strong>der die <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Gelde<br />

dargestellte Ware selbst produziert oder vertritt ihren Produzenten. Es steht also Produzent dem<br />

Produzenten gegenüber. Was sie unterscheidet, ist, daß der e<strong>in</strong>e kauft und der andre verkauft.<br />

Es br<strong>in</strong>gt uns ke<strong>in</strong>en Schritt weiter, daß der Warenbesitzer unter dem Namen Produzent die Ware<br />

über ihrem Werte verkauft und unter dem Namen Konsument sie zu teuer zahlt.<br />

Die konsequenten Vertreter der Illusion, daß der Mehrwert aus e<strong>in</strong>em nom<strong>in</strong>ellen Preiszuschlag<br />

entspr<strong>in</strong>gt oder aus dem Privilegium des Verkäufers, die Ware zu teuer zu verkaufen, unterstellen<br />

daher e<strong>in</strong>e Klasse, die nur kauft, ohne zu verkaufen, also auch nur konsumiert ohne zu produzieren.<br />

Die Existenz e<strong>in</strong>er solchen Klasse ist <strong>von</strong> unsrem bisher erreichten Standpunkt, dem<br />

der e<strong>in</strong>fachen Zirkulation, noch unerklärlich. Aber greifen wir vor. <strong>Das</strong> Geld, womit e<strong>in</strong>e solche<br />

Klasse beständig kauft, muß ihr beständig, ohne Austausch, umsonst, auf beliebige Rechts- und<br />

Gewaltstitel h<strong>in</strong>, <strong>von</strong> den Warenbesitzern selbst zufließen. Dieser Klasse die Waren über dem<br />

Wert verkaufen, heißt nur, umsonst weggegebenes Geld sich zum <strong>Teil</strong> wieder zurückschw<strong>in</strong>deln.<br />

So zahlten die kle<strong>in</strong>asiatischen Städte jährlichen Geldtribut an das alte Rom. Mit diesem<br />

Geld kaufte Rom Waren <strong>von</strong> ihnen und kaufte sie zu teuer. Die Kle<strong>in</strong>asiaten prellten die Römer,<br />

<strong>in</strong>dem sie den Eroberern e<strong>in</strong>en <strong>Teil</strong> des Tributs wieder abluchsten auf dem Wege des Handels.<br />

Aber dennoch blieben die Kle<strong>in</strong>asiaten die Geprellten. Ihre Waren wurden ihnen nach wie vor<br />

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