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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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16. Woher kommen die Kategorien, mit denen M.s Analyse arbeitet: Arbeit, Produktion,<br />

Distribution, aber auch Ware, Lohn, Preis usw.?<br />

Sie kommen aus der Anschauung und ihrer gedanklichen Verarbeitung. Sie basieren auf Begriffen,<br />

die M. <strong>von</strong> se<strong>in</strong>en Vorgängern übernommen, geprüft und der Kritik unterzogen hat. Sie gelten<br />

ihm als "verständige Abstraktionen", die geeignet ersche<strong>in</strong>en, den analytischen Weg vom<br />

Abstrakten zum Konkreten oder vom Allgeme<strong>in</strong>en zum Besonderen zurückzulegen.<br />

Dennoch bleiben es gedankliche Konstruktionen, die sich <strong>in</strong> der strukturellen und historischen<br />

Analyse bewähren müssen. Fördern sie Neues zu Tage? Dann s<strong>in</strong>d sie brauchbar. Kleistern sie<br />

nur zu? Dann weg damit.<br />

17. S<strong>in</strong>d diese Kategorien fest vorgegeben oder käme man mit anderen Ansätzen auch zu<br />

anderen Kategorien?<br />

Sie s<strong>in</strong>d nicht fest vorgegeben. Nichts kann e<strong>in</strong>en Wissenschaftler daran h<strong>in</strong>dern, lang und breit<br />

über die Bevölkerung und demografische Trends zu schwadronieren und daraus e<strong>in</strong>e ökonomische<br />

Theorie zu entwickeln. Schließlich wird das und noch sehr viel dümmeres Tag für Tag an<br />

Universitäten und anderen Forschungs<strong>in</strong>stituten der Wirtschaft getan.<br />

Die Rechtfertigung für M.s Weg ergibt sich alle<strong>in</strong> aus dem Ergebnis: Wo liegt die größere analytische<br />

Potenz? Damit scheidet aber auch M.s Weg für alle Schwadronierer aus, die ja an solchen<br />

Ergebnissen, mit denen die bestehende Produktionsweise als veränderbar gilt, gar nicht <strong>in</strong>teressiert<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

18. Ist M.s analytischer Ansatz der e<strong>in</strong>zig denkbare? Oder der e<strong>in</strong>zig wissenschaftliche?<br />

Oder doch nur der e<strong>in</strong>zige uns zusagende Ansatz?<br />

Natürlich ist das nicht der e<strong>in</strong>zig denkbare analytische Ansatz. Schließlich gibt es vielfältige Versuche,<br />

die ökonomischen Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft zu erfassen und zu verstehen.<br />

M.s Ansatz ist auch nicht der e<strong>in</strong>zige wissenschaftliche Ansatz, sofern man als Wissenschaft<br />

die durch nachvollziehbare Methode gewonnenen und überprüfbaren Aussagen über ihren jeweiligen<br />

Gegenstand betrachtet.<br />

In gewisser Weise ist die Entscheidung für diesen oder jenen wissenschaftlichen Ansatz immer<br />

auch e<strong>in</strong>e ideologische Entscheidung. Man bestimmt damit auch se<strong>in</strong>e eigene Position zu dieser<br />

Gesellschaft. Wer sie für die Beste der möglichen hält, wird sich anders ausrichten als wir, die<br />

wir nicht bereit s<strong>in</strong>d, uns mit den unübersehbaren Grausamkeiten abzuf<strong>in</strong>den.<br />

Dabei halten wir M.s Ansatz aber nicht nur se<strong>in</strong>e revolutionäre Energie oder se<strong>in</strong>e "gute Absicht"<br />

zugute. <strong>Das</strong> wäre nicht ausreichend. Vor allem geht es darum, dass M.s Ansatz eben zahlreiche<br />

Praxistests bestanden und <strong>in</strong> den letzten 15 Jahren fast schon pe<strong>in</strong>lich-triumphale Erfolge<br />

vorzuweisen hat. Ironischerweise also se<strong>in</strong>e Triumphe gerade zu e<strong>in</strong>er Zeit erlebte, da sich viele<br />

ehemalige "<strong>Marx</strong>isten" wegen der Riesenpleite der sozialistischen Versuche vom "<strong>Marx</strong>ismus"<br />

abwandten. Hier bewußt <strong>in</strong> Anführungszeichen gesprochen, da natürlich genau geprüft werden<br />

muß, wieweit die sozialistischen Staaten <strong>in</strong> der Vergangenheit wirklich e<strong>in</strong>e kreative Anwendung<br />

<strong>von</strong> M.s Theorie umgesetzt haben.<br />

Unabhängig <strong>von</strong> allen Überlegungen über den richtigen wissenschaftlichen Ansatz dürfen wir<br />

das nicht vergessen: Jeder kann auf ganz eigenen Wegen ohne e<strong>in</strong>en Hauch <strong>von</strong> Wissenschaft<br />

und ohne e<strong>in</strong>e Zeile <strong>von</strong> M. gelesen zu haben, zu kritischen Auffassungen über die Politik, über<br />

unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaftsordnung kommen. Wäre dem nicht so, stünde es<br />

schlecht um uns.<br />

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