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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Erst mit der Ausweitung des Kreditwesens lassen sich Vorhaben <strong>in</strong> viel größeren Dimensionen<br />

und viel schneller als bisher realisieren 337 : <strong>E<strong>in</strong>e</strong> Großstadt stellt auf Gasbeleuchtung um? Da trifft<br />

es sich gut, wenn man als Bank dafür die richtigen Unternehmen <strong>in</strong>s Boot holt, denen man<br />

ebenfalls per Kredit die nötigen Produktionskapazitäten für Straßenlaternen, Rohrleitungen und<br />

Baumasch<strong>in</strong>en f<strong>in</strong>anziert. Jetzt kommt die Sache wirklich <strong>in</strong> Schwung... auf jeden Fall für die<br />

Bank.<br />

Wir sehen auf e<strong>in</strong>en Blick, dass sich Investor und Bankier sehr ähnlich sehen. Sie gehören zum<br />

kapitalen Drill<strong>in</strong>g, auch als Trio <strong>in</strong>fernale bekannt. Es besteht aus dem "funktionierenden Kapitalisten",<br />

der als aussterbende Gattung immer mehr <strong>von</strong> beauftragten Managern verdrängt wird.<br />

Und es besteht aus den aufstrebenden jüngeren Brüdern, dem modernen Bankier und F<strong>in</strong>anzmann<br />

338 , der riesige Geldummen im Auftrag regiert, und aus dem unabhängigen Investor, der<br />

uns auch als Rentier oder Kouponschneider oder Aktionär begegnet. 339 Beide s<strong>in</strong>d auf die Vermehrung<br />

ihres Geldes durch gew<strong>in</strong>nbr<strong>in</strong>gende Geldanlage aus.<br />

Nun ist unser Bankier ganz und gar aufs Geldgeschäft spezialisiert. Die Bank wird zu e<strong>in</strong>em eigenen<br />

sich tragenden Unternehmen. Erst durch diese neue Bank wird auch der Investor als sozialer<br />

Prototyp wirklich mächtig und allgegenwärtig. Jetzt darf jeder se<strong>in</strong> ungebundenes Geld,<br />

bevor es ihm e<strong>in</strong> Loch <strong>in</strong> die Tasche brennt, der Bank anvertrauen und auch mit kle<strong>in</strong>en Summen<br />

an zuvor kaum erreichbaren Geschäften teilnehmen. Die Bank macht ihrerseits aus den vielen<br />

kle<strong>in</strong>en Summen die großen Summen, mit denen nicht nur Unternehmen gekauft, fusioniert<br />

oder niederkonkurriert werden. <strong>Das</strong> ist die <strong>von</strong> M. oben erwähnte "neue und furchtbare Waffe<br />

im Konkurrenzkampf".<br />

Mit dem modernen kapitalistischen Kreditwesen werden auch die Grenzen verschoben. Jetzt lassen<br />

sich Projekte <strong>in</strong> erstaunlich kurzer Zeit angehen, für die unser Ex-Gully-Farikant andernfalls<br />

hätte jahrelang Geld ansammeln müssen; und es s<strong>in</strong>d sogar Projekte möglich, die tausendfach<br />

und mehr über die Möglichkeiten e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen Fabrikanten h<strong>in</strong>ausgegangen wären. Der Trick<br />

der Bank ist simpel: Sie sammelt überschüssiges Geld aus tausenden Akkumulationsquellen und<br />

sorgt für se<strong>in</strong>e Verwertung durch Kredite an produzierende Unternehmen, durch Staatsanleihen,<br />

durch Rohstoffspekulationen, durch Währungsgeschäfte, durch Ausbeutung neuer Erf<strong>in</strong>dungen<br />

und Rohstofflagerstätten, durch Initiierung <strong>von</strong> Aktiengesellschaften und Fusionen, durch Schaffung<br />

mächtiger, ganze Märkte dom<strong>in</strong>ierender Trusts, durch F<strong>in</strong>anzierung <strong>von</strong> Aufrüstung und<br />

Krieg... mit dem Hebel des Kredits sche<strong>in</strong>t alles möglich zu se<strong>in</strong>, wenn es nur genug abwirft! 340<br />

Was da kapitalisiert wird, als Gew<strong>in</strong>n zurückfließt und wieder <strong>in</strong>vestiert wird, läßt se<strong>in</strong>e Herkunft<br />

nicht mehr erkennen. Es entstammt e<strong>in</strong>em immer größer werdenden F<strong>in</strong>anzmarkt, dessen B<strong>in</strong>dungen<br />

an Feuer und Rauchschwaden und Lärm der Produktion zwar geahnt wird, aber kaum<br />

mehr sichtbar ist. Deshalb muß unser Kapitalist, vormals Gullydeckel-Fabrikant, auch <strong>von</strong> der<br />

"Realwirtschaft" nichts mehr verstehen. Die Zeiten s<strong>in</strong>d irgendwann vorbei, zu denen der Kapitalist<br />

noch durchweg "funktionierender Kapitalist" war, als se<strong>in</strong>e Villa noch neben der Fabrik<br />

stand und er selbst vielleicht sogar als tätiges Mitglied des Gesamtarbeiters kreatives Talent als<br />

Ingenieur oder Chemiker e<strong>in</strong>brachte. Und irgendwann hören auch die Banken auf, E<strong>in</strong>-Mann-<br />

Betriebe zu se<strong>in</strong>. Sie werden selbst zu Aktiengesellschaften mit e<strong>in</strong>er Vielzahl <strong>von</strong> Eigentümern.<br />

Die Leitung liegt <strong>in</strong> den Händen sorgfältig ausgewählter Spezialisten, die mit Milliardensummen<br />

operieren.<br />

Im Verlauf <strong>von</strong> e<strong>in</strong>igen Dutzend Reproduktionszyklen erleben wir die soziale Differenzierung der<br />

Kapitalistenklasse. Nicht nur, dass sich die Kapitalisten nach ihrem jeweiligen Akkumulationserfolg<br />

und daher nach ihrem Reichtum zunehmend unterscheiden. Es gibt kle<strong>in</strong>e und mittlere und<br />

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