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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Die anormale Spekulation me<strong>in</strong>t die Reaktionen der Akteure auf die Wertrevolutionen der unterschiedlichen<br />

Art: Sie entscheiden sich für die Erneuerung ihrer Produktionsmittel, vielleicht auch<br />

für die Neuanlage <strong>in</strong> neu entstandenen Sektoren der Produktion. Erneuerung me<strong>in</strong>t aber immer:<br />

Ausweitung vorhandener oder Schaffung neuer Produktionskapazitäten. Genau wie unser Gullydeckel-Fabrikant<br />

verlassen sich die Akteure dabei auf den Markt. Sie sehen die enormen Möglichkeiten,<br />

das "Renditepotential", wie sie es nennen. Sie vertrauen darauf, für ihre ausgeweitete<br />

Produktion auch entsprechende Nachfrage zu f<strong>in</strong>den. Und sie vertrauen darauf, für die ausgeweitete<br />

Produktion den steigenden Bedarf an Zulieferungen zu kalkulierten Preisen decken zu<br />

können. <strong>Das</strong> geht e<strong>in</strong>e Weile gut, da solche Investitionen ihre Zeit erfordern und allerorten nicht<br />

ausgelastete Kapazitäten und Warenreserven e<strong>in</strong>en Spielraum geben. Dann aber wird der Betrieb<br />

zeigen, dass der Ausbau der Produktion nicht nur an e<strong>in</strong>er Stelle, sondern an vielen Stellen<br />

stattfand, weit über die zahlungsfähige Nachfrage 470 h<strong>in</strong>aus.<br />

Umwälzungen <strong>in</strong> der Produktionstechnik s<strong>in</strong>d regelmäßig mit dem Aufbau <strong>von</strong> Überkapazitäten<br />

und zeitweiliger Überproduktion verbunden. 471 Auch dann, wenn man die Produktion zurückfährt,<br />

statt den Markt mit Waren zu überschwemmen, bleiben die Überkapazitäten als Ansammlung<br />

<strong>von</strong> produktivem fixem Kapital erhalten, das die aktuellen Verwertungsmöglichkeiten übersteigt<br />

- und zu totem Kapital wird. In der Sprache der Manager s<strong>in</strong>d das dann die nicht ausgelasteten<br />

Kapazitäten. 472<br />

Krise ist, wenn...<br />

Wir haben jetzt bereits e<strong>in</strong>ige Seiten lang <strong>von</strong> Krisen gesprochen, ohne genau zu sagen, was Krisen<br />

eigentlich s<strong>in</strong>d. <strong>Das</strong> war möglich, weil ökonomische Krisen ganz selbstverständlich zur kapitalistischen<br />

Produktionsweise gehören und jeder daher auch e<strong>in</strong>e Vorstellung da<strong>von</strong> hat, was<br />

geme<strong>in</strong>t ist. 473 Wir möchten es dennoch etwas genauer wissen, vor allem mit Blick auf die Ursachen<br />

der Krise. Denn so sehr auch alle Politiker und Kommentatoren beim Krisenthema derzeit<br />

im selben Takt nicken: <strong>Das</strong> Nicken hört schlagartig auf, sobald es um die Frage nach den Ursachen<br />

geht. 474<br />

Nun ist M. auch im 2. Band des "Kapital" ke<strong>in</strong> Anhänger gesonderter Def<strong>in</strong>itionen der Art "Krise<br />

ist wenn...". Aber aus se<strong>in</strong>en historischen Beispielen zu kapitalistischen Krisen und aus se<strong>in</strong>en<br />

Ausführungen zur Wertrevolution ergeben sich wichtige Bestimmungen. Wir übernehmen sie <strong>in</strong><br />

unseren Fundus, um später darauf zurückzukommen.<br />

Krisen s<strong>in</strong>d gesellschaftlich spürbare Stockungen der Zirkulation, die für die Akteure <strong>in</strong> Überkapazitäten<br />

produktiven Kapitals oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Überangebot an Warenkapital oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Überangebot an Geld oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Mangel an Kreditgeld sichtbar wird. Krisen bilden sich im<br />

Inneren der Produktionsweise. Sie erhalten durch die zyklische Verwertung des fixen Kapitals ihren<br />

Rhythmus und werden durch die Verkopplung der E<strong>in</strong>zelkapitale als gegenseitige Zulieferer<br />

und Abnehmer wie auch durch die Mitwirkung der E<strong>in</strong>zelkapitale am selben Kreditsystem zu e<strong>in</strong>er<br />

gesellschaftlich spürbaren Krisenwirkung gebracht. Krisen können durch parallele Wertrevolutionen<br />

verstärkt, aber auch gemildert werden.<br />

Wachsende Kapitalfixierung, Wertrevolutionen und Kreditsystem s<strong>in</strong>d Folgen <strong>von</strong> Konkurrenz<br />

und Verwertungszwang, die selbst aber nicht das Ergebnis <strong>von</strong> Vere<strong>in</strong>barungen zwischen den<br />

Akteuren s<strong>in</strong>d. <strong>Das</strong> s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Optionen, die man nach Stimmung oder moralischer Überzeugung<br />

wählt. 475 <strong>Das</strong> s<strong>in</strong>d Verhältnisse, die aus der Grundstruktur der Produktionsweise erwachsen<br />

und sich ebenso reproduzieren wie das Kapitalverhältnis selbst.<br />

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