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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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noch manch anderes nennen. 506 Eugen Varga war der e<strong>in</strong>zige Wirtschaftswissenschaftler, der<br />

die große Depression <strong>von</strong> 1929, Entstehung und Verlauf recht zutreffend prognostiziert hat.<br />

Ganz im Gegensatz zu mitarbeiterstarken Instituten für Konjunkturanalyse. Auch was die gegenwärtige<br />

Wirtschaftskrise betrifft, waren die Beiträge <strong>von</strong> marxistischer Seite, etwa im<br />

Monthly Review, sowohl vor als auch während der Krise mit Abstand erhellender als das Konjunktur-Gerede<br />

vor und das aufgeregte Gewusel im bürgerlichen Mediengetümmel während der<br />

Krise.<br />

Gewiß haben sich M.s Nachfolger auch häufig geirrt. Vor allem die selbstherrlichen Staats- und<br />

Parteimarxisten seligen Angedenkens. Aber selbst wenn wir auch deren Schnitzer auf M.s Kappe<br />

nehmen, stehen wir noch recht gut da. Denn wie oft schießen die selbsternannten Super-Wissenschaftler,<br />

die regierungsamtlichen Weisen und prächtig f<strong>in</strong>anzierten Gutachter daneben?<br />

Fast ständig, so dass Treffer als unvermeidliche Glückstreffer ersche<strong>in</strong>en. 507 In den (bürgerlichen)<br />

Sozialwissenschaften geht man nach dem Konzept abgebrühter Astrologen vor: Man muß nur<br />

ausreichend viele Zukunftskonzepte vorlegen. So etwas wie e<strong>in</strong> Treffer wird sich dann schon f<strong>in</strong>den.<br />

Trotzdem warten wir immer noch auf den großen prognostischen Wurf. Damit verglichen<br />

könnte M. se<strong>in</strong>e Nase wirklich sehr sehr hoch tragen.<br />

Genug an Selbstlob. Wir bleiben dabei, dass <strong>in</strong> der marxistischen Debatte zu wenig Wert auf<br />

Prognostik und deren ständige Kontrolle und begründete Korrektur gelegt wurde. Wer die ökonomischen<br />

und politischen Verhältnisse erhalten will, hat es e<strong>in</strong>facher als wir, die diese Verhältnisse<br />

überw<strong>in</strong>den und Neues, bisher Unbekanntes anstreben wollen. Umso wichtiger, dass wir<br />

unsere Prognosen sorgfältig erstellen und immer wieder auf den Prüfstand stellen. Aber machen<br />

wir überhaupt Prognosen? Natürlich tun wir das, nur nennen wir sie anders.<br />

Prognosen s<strong>in</strong>d das tägliche Brot der modernen sozialistischen Bewegungen seit dem "Kommunistischen<br />

Manifest". Man benennt die politischen Ziele, Fernziele und Etappenziele. Man wird<br />

sich über die ökonomischen und politischen Bed<strong>in</strong>gungen klar, die den genannten Zielen zugrunde<br />

liegen. Man entwickelt die Tagesforderungen, durch die man e<strong>in</strong>e Verbesserung des politischen<br />

Kräfteverhältnisses erreichen will. Man organisiert den politischen und ökonomischen<br />

Kampf und richtet ihn auf die Tagesziele aus. Man schafft Organisationen, die <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d,<br />

zunächst die politischen, dann die ökonomischen Grundlagen für die angestrebten Ziele zu verwirklichen.<br />

<strong>E<strong>in</strong>e</strong> durch und durch historische Aufgabe voller Prognostik.<br />

Freilich gehört es <strong>von</strong> Anfang an zum täglichen Brot der sozialistischen Bewegungen, sich auch<br />

vom Gang der geschichtlichen Ereignisse überraschen zu lassen. 508 Klar, den eigenen Prognosen<br />

stehen immer noch die Prognosen der anderen Seite entgegen. Und jede Seite ist nach Macht<br />

und Vermögen bemüht, den eigenen Prognosen den Mantel der "Wahrheit" zu verschaffen.<br />

<strong>Das</strong>s die Seite mit der größeren Macht und den sehr viel größeren Vermögen im historischen<br />

Verlauf häufiger die Siegesfanfaren schmettern lassen darf, kann doch niemanden überraschen.<br />

Ach ja: Neben der wissenschaftlichen Prognose mit allen e<strong>in</strong>gebauten Unsicherheiten gibt es das<br />

andere: "Die Zukunft voraussagen!" Wer <strong>von</strong> sich behauptet, das zu können, hat e<strong>in</strong> ernstes<br />

Problem.<br />

22. Ist M.s Politische Ökonomie überhaupt zu widerlegen? Oder ist so "flexibel" angelegt,<br />

dass sie am Ende immer Recht hat?<br />

In der Wissenschaftstheorie werden als Merkmale e<strong>in</strong>er Wissenschaft ihre prognostische Qualität<br />

und ihre Falsifizierbarkeit genannt. Anti-<strong>Marx</strong>isten werfen der marxistischen Theorie oft vor, sie<br />

ziehe sich durch ihre w<strong>in</strong>digen dialektischen Begriffe immer wieder aus der Affäre, wenn ihre<br />

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