09.01.2013 Aufrufe

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

aber doch nur Kosten, die es zu senken gilt, und für deren Senkung die Manager dann wieder besonders honoriert<br />

werden.<br />

Da schließt sich der Kreis: Würden die Manager e<strong>in</strong>fach nur Geld bekommen, kämen die Interessen der Eigentümer<br />

und der Manager womöglich nicht zur Deckung. Es sei denn, man würde Prämien für Massenentlassungen,<br />

gestiegene Arbeitshetze und ähnliches zahlen. <strong>Das</strong> aber käme <strong>in</strong> der Öffentlichkeit nicht gut an: Pro entlassenen<br />

Mitarbeiter 1000 Euro extra? Riecht nach unwaidmännischer Massenabschußprämie. Dann lieber Aktienoptionen:<br />

Denn so sicher wie das Amen <strong>in</strong> der Kirche ist das Steigen der Aktienkurse bei Massenentlassungen und<br />

ähnlichen Zumutungen. Der beliebte Markt sorgt für die rechte Belohnung für rechte Arbeit. Und die Art der Belohnung<br />

b<strong>in</strong>det die Managerkaste und macht sie als Miteigentümer nicht nur zum Personal, sondern zu e<strong>in</strong>em<br />

<strong>Teil</strong> der Kapitalistenklasse.<br />

301 Ökonometrie ist e<strong>in</strong> <strong>Teil</strong>gebiet der Wirtschaftswissenschaften, <strong>in</strong> dem man versucht, ökonomische Modelle<br />

mit Daten zu prüfen, die dem wirtschaftlichen Geschehen entnommen s<strong>in</strong>d, oder durch Auswertung solcher Daten<br />

zu Aussagen über das Wirtschaftsgeschehen zu kommen. Solche Daten fallen <strong>in</strong> riesigen Mengen an: Als Daten<br />

für die Besteuerung der Unternehmen, als Daten für die Rechenschaftslegung der Unternehmen gegenüber<br />

den Eigentümern (Bilanzdaten), als <strong>Teil</strong> e<strong>in</strong>es umfangreichen staatlichen Berichtssystems, <strong>in</strong> dem die <strong>von</strong> den Unternehmen<br />

bzw. ihren Verbänden gemeldeten Daten zusammengeführt und aufbereitet werden.<br />

302 MEW 23, S.231<br />

303 Die "Form der Aneignung" besteht nicht nur dar<strong>in</strong>, dass der Mehrwert <strong>in</strong> die Taschen der Kapitalisten fließt.<br />

<strong>Das</strong> alle<strong>in</strong> wäre M. egal; das "Kapital" ist schließlich ke<strong>in</strong>e wissenschaftlich verbrämte Aufforderung zum Neid.<br />

Kapitalistische Aneignung des Mehrwerts hat weiterreichende und im Kern destruktive Folgen. Für die <strong>in</strong> private<br />

Produktionsprozesse zerlegte, ihrem wirklichen Zusammenhang nach aber gesellschaftliche Produktion, spielen<br />

gesellschaftliche Interessen und Bedürfnisse ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tegrierte Rolle. Solche Fragen tauchen nur im politischen<br />

Prozess auf und tun sich außerordentlich schwer, auf die ökonomischen Prozesse e<strong>in</strong>zuwirken. Die Debatte zum<br />

Klimawandel ist dafür e<strong>in</strong> anschauliches Beispiel. Die Verwendung des gesellschaftlich produzierten Mehrwerts<br />

wird den e<strong>in</strong>zelnen privaten, immer begrenzten und daher oft auch bornierten Interessen untergeordnet. Es s<strong>in</strong>d<br />

Interessen, die nach ihrer Entstehung und Ausrichtung ke<strong>in</strong>eswegs mit den Interessen des Gesamtarbeiters oder<br />

der Gesellschaft identisch s<strong>in</strong>d. Im Gegenteil: Sehr oft laufen diese Privat<strong>in</strong>teressen den gesellschaftlichen Interessen<br />

zuwider.<br />

Andererseits wählt M. im Zitat die historische Parallele zum Mehrprodukt früherer Produktionsweisen nicht zufällig.<br />

Damit betont er die Notwendigkeit für jede entwickelte Gesellschaft, e<strong>in</strong> Mehrprodukt zu erzielen. <strong>Das</strong> Mehrprodukt<br />

ist ja nicht nur die Voraussetzung für bourgoisen Luxus, für Militärapparate und feudale Burgen und<br />

Schlösser. Es ist auch Voraussetzung für die Entwicklung der Kultur und Wissenschaft, für arbeitsfreie Zeit und<br />

Muße. Deshalb schwebt M. <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en politischen Schlußfolgerungen ke<strong>in</strong>eswegs vor, den produzierten Mehrwert<br />

an die Mitglieder des Gesamtarbeiters e<strong>in</strong>fach zu verteilen. Solche Vorstellungen der frühen Arbeiterbewegung,<br />

wie sie auch <strong>in</strong> der Forderung nach gerechtem Lohn ankl<strong>in</strong>gen, hat M. scharf bekämpft. Der dialektische Konter<br />

zur privaten kapitalistischen Aneignung des gesellschaftlich produzierten Mehrwerts liegt für M. <strong>in</strong> der Überw<strong>in</strong>dung<br />

der engen Eigentumsverhältnisse, <strong>in</strong> der Schaffung gesellschaftlichen Eigentums mit gesellschaftlicher Aneignung<br />

des Mehrprodukts. Also: Ausrichtung der Mehrwertproduktion auf die gesellschaftlichen Entwicklungsbedürfnisse.<br />

Wie das aussehen könnte ist allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> Thema, dem wir uns im Rahmen dieses Ausflugs <strong>in</strong> die<br />

politische Ökonomie im Detail nicht widmen werden. Doch wird uns die politische Ökonomie helfen, über solche<br />

Fragen produktiv nachzudenken.<br />

304 Materiatur = aus der klassischen deutschen Philosophie stammende Bezeichnung für Stofflichkeit, besser<br />

Stoffwerdung, da mit der Materiatur stets der Prozess der Entstehung betont wird. Hier also: Mehrwert, <strong>in</strong> welcher<br />

Form auch immer, entsteht nur als Resultat unbezahlter Arbeit.<br />

305 MEW 23, S.556<br />

306 "Als unabhängige Personen s<strong>in</strong>d die Arbeiter Vere<strong>in</strong>zelte, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Verhältnis zu demselben Kapital, aber<br />

nicht zue<strong>in</strong>ander treten. Ihre Kooperation beg<strong>in</strong>nt erst im Arbeitsprozeß, aber im Arbeitsprozeß haben sie bereits<br />

aufgehört, sich selbst zu gehören. Mit dem E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> denselben s<strong>in</strong>d sie dem Kapital e<strong>in</strong>verleibt. Als Kooperierende,<br />

als Glieder e<strong>in</strong>es werktätigen Organismus, s<strong>in</strong>d sie selbst nur e<strong>in</strong>e besondre Existenzweise des Kapitals.<br />

Die Produktivkraft, die der Arbeiter als gesellschaftlicher Arbeiter entwickelt, ist daher Produktivkraft des Kapitals.<br />

Die gesellschaftliche Produktivkraft der Arbeit entwickelt sich unentgeltlich, sobald die Arbeiter unter be-<br />

307

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!