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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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wechselseitigen stofflichen Voraussetzungen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>gebunden <strong>in</strong> die Grenzen der gesellschaftlichen<br />

Konsumtionskraft, wobei dieselben Verhältnisse, die jedem <strong>in</strong>dividuellen Kapital die Verbesserung<br />

se<strong>in</strong>er Verwertung als Zwang auferlegen, gleichzeitig die Tendenz zur Kapitalfixierung,<br />

zur Ausweitung der Produktion und zur E<strong>in</strong>schränkung dieser Konsumtionskraft hervorbr<strong>in</strong>gen.<br />

Schon das <strong>von</strong> uns oben vorgestellte Schema der e<strong>in</strong>fachen Reproduktion hört schlagartig auf<br />

simpel zu se<strong>in</strong>, wenn man sich die beteiligten Größen nicht nur als variabel vorstellt, sondern ihr<br />

Zustandekommen bedenkt. Sie werden ja nicht auf Beschluß irgende<strong>in</strong>es gesamtkapitalistischen<br />

Ausschusses festgelegt. Was uns im Reproduktionsschema als c+v+m begegnet, bildet sich aus<br />

tausenden <strong>von</strong> E<strong>in</strong>zelwerten, die sich nicht nur unabhängig <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander, sondern <strong>in</strong> Gegnerschaft<br />

zue<strong>in</strong>ander im Herrschaftsbereich der <strong>in</strong>dividuellen Kapitale ergeben.<br />

Es ist nicht nur so, dass niemand weiß, was der andere tut. Er soll es auch nicht wissen. Denn<br />

nicht nur der andere Produzent derselben Warenart ist der unerbittliche Gegner. 486 Jeder andere<br />

Akteur ist Konkurrent, da es für alle Akteure um den Anteil an begrenzter Konsumtionskraft<br />

geht. Nur über diesen Anteil an der Konsumtionskraft führt der Weg zum <strong>in</strong>dividuellen Anteil<br />

am gesellschaftlichen Mehrwert. Unter diesen Bed<strong>in</strong>gungen ist die Vorstellung e<strong>in</strong>es irgendwie<br />

gleichgewichtigen proportionalen Zustands schon für die schlichten Annahmen der e<strong>in</strong>fachen<br />

Reproduktion absurd. <strong>Das</strong> ist nicht e<strong>in</strong>mal als zufälliges Resultat denkbar. 487<br />

Krisen s<strong>in</strong>d die periodischen Begleiter der gesellschaftlichen Reproduktion unter kapitalistischen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen. Aber es s<strong>in</strong>d Krisen des Überflusses. Zuviele Waren, zu viele Produktionskapazitäten:<br />

Die Krise löst den Knoten. Fabriken werden stillgelegt, Waren werden vernichtet, Arbeitskräfte<br />

werden entlassen. Anderes Kapital flieht <strong>in</strong> die Geldform, legt vielleicht <strong>in</strong> Staatspapieren<br />

oder niedrig verz<strong>in</strong>sten Geldanlagen e<strong>in</strong>e Verwertungspause e<strong>in</strong>, um nach kommenden neuen<br />

Verwertungsmöglichkeiten zu schnobern. Bere<strong>in</strong>igung durch Vernichtung und Neuausrichtung<br />

488 : <strong>Das</strong> beschreibt den Weg, über den sich die <strong>von</strong> der Krise betroffenen Bereiche wieder<br />

<strong>in</strong> die gesellschaftliche Reproduktion <strong>in</strong>tegrieren.<br />

Dennoch ist die gesellschaftliche Reproduktion ke<strong>in</strong> zielloses Gewimmel. Man kann die Notwendigkeit<br />

<strong>von</strong> Krisen für die gesellschaftliche Reproduktion als Hohn auf menschliche Vernunft<br />

oder als teuren Irrweg oder als Konstruktionsfehler <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ansonsten leistungsstarken Konzept<br />

betrachten: Tatsache ist, dass die gesellschaftliche Reproduktion unter kapitalistischen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

immer wieder gel<strong>in</strong>gt - so oder so, mit hohen oder sehr hohen Verlusten. Wie ist das<br />

möglich?<br />

Was da geschieht, wird <strong>von</strong> Unternehmerseite hochtrabend "das freie Spiel der Kräfte" oder<br />

"die unsichtbare Hand des Marktes" genannt. Mit gleicher Berechtigung können wir es als Versuch-und-Irrtum-Zirkus<br />

bezeichnen, <strong>in</strong> dem die Akteure auf der Grundlage ihrer eigenen beschränkten<br />

Erfahrungen, geleitet durch ihre eigenen beschränkten Verwertungs<strong>in</strong>teressen, e<strong>in</strong>en<br />

Weg zur Verwertung suchen. <strong>Das</strong> ist wie der Weg durch e<strong>in</strong> Labyr<strong>in</strong>th <strong>in</strong> völliger Dunkelheit, bei<br />

dem jeder schmerzhafte Zusammenstoß mit e<strong>in</strong>er Wand als lenkende Hand des Schicksals gefeiert<br />

wird.<br />

Doch was br<strong>in</strong>gt die Akteure dazu, das Labyr<strong>in</strong>th überhaupt zu betreten? Dieses und jenes zu<br />

versuchen? Woran erkennen sie ihren Irrtum <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Labyr<strong>in</strong>th ohne Wände? Wir akzeptieren,<br />

dass unverkaufte Waren e<strong>in</strong> schlagender Beweis für gravierende Probleme s<strong>in</strong>d. Aber es ist ja<br />

nicht ständig Krise. Was sagt ihnen, wenn alle Waren verkauft werden, ob sich ihr Kapital ausreichend<br />

verwertet? Woran wird das gemessen und woraus ergibt sich dieser Maßstab?<br />

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