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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Geldkapital oder Geld als Kapital auf den Geldmarkt geworfen und <strong>von</strong> hier aus wenigstens großenteils wieder<br />

für erweiterte Produktion absorbiert wird." (MEW 24, S.323)<br />

341 "Die ökonomische Charaktermaske des Kapitalisten hängt nur dadurch an e<strong>in</strong>em Menschen fest, daß se<strong>in</strong><br />

Geld fortwährend als Kapital funktioniert. Hat z.B. die vorgeschoßne Geldsumme <strong>von</strong> 100 Pfd. St. sich dieses<br />

Jahr <strong>in</strong> Kapital verwandelt und e<strong>in</strong>en Mehrwert <strong>von</strong> 20 Pfd. St. produziert, so muß sie das nächste Jahr usf. dieselbe<br />

Operation wiederholen. Als periodisches Inkrement des Kapitalwerts, oder periodische Frucht des prozessierenden<br />

Kapitals, erhält der Mehrwert die Form e<strong>in</strong>er aus dem Kapital entspr<strong>in</strong>genden Revenue (= E<strong>in</strong>künfte; E<strong>in</strong>nahmen)."<br />

(MEW 23, S.591f)<br />

342 Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt machte aus diesem Dogma die Wahlkampflosung für die SPD<br />

1976: "Die Gew<strong>in</strong>ne <strong>von</strong> gestern s<strong>in</strong>d die Investitionen <strong>von</strong> heute und die Arbeitsplätze <strong>von</strong> morgen!" Damit<br />

sollte die politische Bevorzugung der großen Unternehmen als vernünftig bemäntelt werden. Doch die erstmals <strong>in</strong><br />

dieser Zeit wieder wachsenden Arbeitslosenzahlen sprachen dagegen, weil die tatsächlichen Gew<strong>in</strong>ne und die<br />

tatsächlichen Investitionen der Unternehmen nur die überflüssigen Mitarbeiter <strong>von</strong> morgen zum Ziel hatten. Warum<br />

sonst <strong>in</strong>vestieren? Im Wechsel <strong>von</strong> Freisetzung und B<strong>in</strong>dung der Arbeitskräfte vollzieht sich die Akkumulation<br />

- bei klarer Betonung der Freisetzung.<br />

343 <strong>Das</strong> wird uns noch beschäftigen: E<strong>in</strong> rentables Unternehmen, das Gew<strong>in</strong>n abwirft, kann durchaus unprofitabel<br />

für den Kapitalisten se<strong>in</strong>. Kurz gesagt: Warum sollte er <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Unternehmen <strong>in</strong>vestieren, das ihm 4% Rendite<br />

e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gt, wenn er durch den Kauf <strong>von</strong> F<strong>in</strong>anzprodukten 6% garantiert bekommt? Also lautet die Forderung an<br />

das 4%-Unternehmen: Pleite gehen oder die Kosten gefälligst so weit senken, bis m<strong>in</strong>destens 7% herauskommen!<br />

In diesem S<strong>in</strong>ne waren fast alle <strong>in</strong> den letzten Jahren <strong>in</strong> Deutschland geschlossenen Unternehmen und<br />

Standorte durchaus rentabel, aber eben nicht profitabel.<br />

344 Die Selektionsprozesse, die dazu führen, dass ältere, ger<strong>in</strong>ger qualifizierte, gesundheitlich e<strong>in</strong>geschränkte und<br />

andere Arbeitskräfte häufiger unter den Arbeitslosen zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d, werden bereitwillig mit den Ursachen der<br />

Arbeitslosigkeit verwechselt. Dadurch kann man die Sache so aussehen lassen, als werde die Arbeitslosigkeit<br />

durch persönliche Merkmale begründet und sei damit letzlich auch e<strong>in</strong> persönliches Problem.<br />

Damit bleibt man allerd<strong>in</strong>g die eigentliche Antwort schuldig: Warum gibt es überhaupt regelmäßig mehr Entlassungen<br />

als E<strong>in</strong>stellungen? Warum wird die Massenarbeitslosigkeit zum Dauerzustand? Wieso kann die Arbeit<br />

nicht besser auf alle verteilt werden? Damit niemand <strong>in</strong> Versuchung gerät, diesen Fragen nachzuspüren, gibt es<br />

die weith<strong>in</strong> verbreitete Überzeugung, dass es ohne e<strong>in</strong>en festen Sockel an Arbeitslosigkeit überhaupt nicht geht.<br />

Warum sonst sollten Volkswirtschaftler den Zustand der Vollbeschäftigung als Arbeitslosigkeit <strong>von</strong> unter 6% def<strong>in</strong>ieren?<br />

<strong>Das</strong> er<strong>in</strong>nert doch irgendwie an die Art <strong>von</strong> Grundsätzen, die das M<strong>in</strong>isterium für Wahrheit <strong>in</strong> Orwell's Roman<br />

"1984" so leidenschaftlich propagiert: "Massenarbeitslosigkeit ist Vollbeschäftigung".<br />

345 "Mit dem Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch se<strong>in</strong> variabler Bestandteil, oder die ihm e<strong>in</strong>verleibte<br />

Arbeitskraft, aber <strong>in</strong> beständig abnehmender Proportion. Die Zwischenpausen, wor<strong>in</strong> die Akkumulation als<br />

bloße Erweiterung der Produktion auf gegebner technischer Grundlage wirkt, verkürzen sich. Nicht nur wird e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong> wachsender Progression beschleunigte Akkumulation des Gesamtkapitals erheischt, um e<strong>in</strong>e zusätzliche Arbeiterzahl<br />

<strong>von</strong> gegebner Größe zu absorbieren oder selbst, wegen der beständigen Metamorphose des alten Kapitals,<br />

die bereits funktionierende zu beschäftigen. Ihrerseits schlägt diese wachsende Akkumulation und Zentralisation<br />

selbst wieder um <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Quelle neuer Wechsel der Zusammensetzung des Kapitals oder abermalig beschleunigter<br />

Abnahme se<strong>in</strong>es variablen Bestandteils, verglichen mit dem konstanten. Diese mit dem Wachstum<br />

des Gesamtkapitals beschleunigte und rascher als se<strong>in</strong> eignes Wachstum beschleunigte relative Abnahme se<strong>in</strong>es<br />

variablen Bestandteils sche<strong>in</strong>t auf der andren Seite umgekehrt stets rascheres absolutes Wachstum der Arbeiterbevölkerung<br />

als das des variablen Kapitals oder ihrer Beschäftigungsmittel. Die kapitalistische Akkumulation produziert<br />

vielmehr, und zwar im Verhältnis zu ihrer Energie und ihrem Umfang, beständig e<strong>in</strong>e relative, d.h. für die<br />

mittleren Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-<br />

Arbeiterbevölkerung." (MEW 23, S.658)<br />

346 Bei <strong>Marx</strong>ologen, <strong>in</strong> Schulbüchern und mies recherchierten Internet-Beiträgen f<strong>in</strong>det man oft die Behauptung,<br />

M. habe e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>heitlichung der Arbeiterklasse, so etwas wie e<strong>in</strong>e Entwicklung zur strukturlosen Proletariermasse<br />

prognostiziert. <strong>Das</strong> ist falsch. Da wird der Begriff "Proletarisierung", den M. selber nicht e<strong>in</strong>mal verwendet,<br />

auf eigene Weise gedeutet. Vermutlich hat auch der Begriff "Reservearmee" solche Fehldeutungen geför-<br />

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