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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Möglichkeiten: Dazu gehört die Wertkorrektur nach unten wie nach oben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em durch das<br />

Wertgesetz nur ungenau festgelegten Korridor. 187<br />

Lebendigkeit und Selbstbewußtse<strong>in</strong> dieser speziellen Ware verändern die allgeme<strong>in</strong>en Regeln<br />

des Warenkaufs. Stellen wir uns bloß e<strong>in</strong>mal vor, dass womöglich auch die Waren, die wir täglich<br />

kaufen, uns gegenüber eigene Interessen artikulieren. Vielleicht weigern sich die Äpfel, wegen<br />

schlechter Lagerung gegessen zu werden? Oder die Salatköpfe dieser Welt vere<strong>in</strong>igen sich<br />

zur Gemüsegewerkschaft und protestieren gegen die Essig-Anmache? Fordern Strümpfe und<br />

Unterkleidung <strong>von</strong> ihren Konsumenten am Ende gar ethisch e<strong>in</strong>deutige Verpflichtungen zum<br />

Emmissionsschutz?<br />

Ob lustig oder nicht, jedenfalls würde das unserer Shopp<strong>in</strong>g-Kultur e<strong>in</strong>en schweren Stoß versetzen.<br />

188 <strong>E<strong>in</strong>e</strong> lebendige Ware, die womöglich e<strong>in</strong> starkes Bewußtse<strong>in</strong> der eigenen Interessen nicht<br />

nur entwickelt, sondern auch für die Durchsetzung dieser Interessen tätig wird, läßt uns die<br />

Schwierigkeiten des Käufers lebendiger Arbeitskraft ahnen.<br />

Als untrennbare Eigenschaft lebendiger Menschen, die eigens<strong>in</strong>nige, ganz unwarenmäßige Bedürfnisse<br />

entwickeln, ist der Wert der Arbeitskraft variabel und wird im Kampf der Interessen<br />

immer wieder neu ausgehandelt. <strong>E<strong>in</strong>e</strong> objektive Bestimmung gibt es hier nicht, weder nach oben<br />

noch nach unten. Die Wertbestimmung der Ware Arbeitskraft unterscheidet sich auch dar<strong>in</strong> <strong>von</strong><br />

allen anderen Waren, dass sie großen Spielraum <strong>in</strong> beide Richtungen aufweist.<br />

Endlich: Kapital!<br />

Wir betrachten das Tauschschema G-W-G' auf neue Weise und berücksichtigen dabei alles, was<br />

wir über die spezielle Ware Arbeitskraft gelernt haben.<br />

Zwischenfrage 43: Inwieweit ist das Handelskapital Wegbereiter<strong>in</strong> des modernen Kapitals? Wie erfolgt<br />

der Übergang? (S.195)<br />

Aus dieser Sicht ist das erste G nichts anderes als e<strong>in</strong>e Menge Geld. Wir lagen <strong>in</strong> unserem<br />

Selbstversuch zum Kapitalbegriff gar nicht so falsch. Der Ursprung dieser <strong>in</strong> der Geburtsphase<br />

des modernen Kapitalismus als Initialzündung wirkenden Geldvermögen ist ebenso vielfältig wie<br />

anrüchig. <strong>Das</strong> Handelskapital <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en verschiedenen Facetten spielt dabei e<strong>in</strong>e große Rolle.<br />

<strong>Das</strong> W <strong>in</strong> der Mitte der Formel s<strong>in</strong>d die Waren: Masch<strong>in</strong>en, Rohstoffe usw. Alles, was man<br />

braucht, um die Produktion <strong>von</strong> nachgefragten Waren auf den Weg zu br<strong>in</strong>gen. Unbed<strong>in</strong>gt dabei<br />

aber, und das macht den historischen Unterschied aus, ist die frei verfügbare Arbeitskraft.<br />

<strong>Das</strong> ist die lebendige Arbeitskraft, die zu ihrem Wert als Ware, und nicht etwa danach bezahlt<br />

wird, was sie an Werten erzeugt. Der selbständige Produzent unserer "e<strong>in</strong>fachen Warenproduktion",<br />

der se<strong>in</strong>e eigene Arbeitskraft mit eigenen Produktionsmitteln betätigte, erzeugte im Monat<br />

soundsoviel an Waren, deren Verkauf ihm, wenn alles klappte, sogar e<strong>in</strong> Mehrprodukt zurückbrachte<br />

189 . Aber die Wertform dieser e<strong>in</strong>fachen Warenproduktion brachte ke<strong>in</strong>e Sonderung<br />

des Mehrprodukts als Mehrwert hervor, solange Produzent und Besitzer der Produktionsmittel,<br />

Wertschöpfer und Aneigner identisch waren.<br />

Im neuen Verhältnis, <strong>in</strong> dem der Produzent zur käuflichen Arbeitskraft wird und selbst als Ware<br />

fungiert, s<strong>in</strong>d Produktionsmittel und Produzent getrennt und werden erst <strong>in</strong> der Hand des Regie<br />

führenden Geldgebers wiedervere<strong>in</strong>igt. Selbst wenn es dieselbe Werkstatt und dieselben Menschen<br />

wären: <strong>Das</strong> neue Verhältnis verändert alles. Die als Ware tätige Arbeitskraft erzeugt wie<br />

der selbständige Produzent soundsoviel Waren. Bezahlt wird die Arbeitskraft aber entsprechend<br />

dem Wert der Arbeitskraft, auch wenn sie das Zehnfache an Warenwerten produzieren würde.<br />

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