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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Naturaltausch noch e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividueller Tauschakt zu se<strong>in</strong> schien, der mehr oder weniger zufällig<br />

zustande kam, ist nun unübersehbar fest an die gesellschaftlichen Verhältnisse gekoppelt.<br />

Die Vielzahl der Austauschakte, bei denen die Produzenten mal als Verkäufer, mal als Käufer<br />

auftreten, funktioniert für den e<strong>in</strong>zelnen Produzenten wie für die Gesellschaft als Ganzes nur als<br />

ununterbrochener Prozess, <strong>in</strong> dem sich die arbeitsteilig organisierte Gesellschaft immer wieder<br />

verwirklicht. Wir haben dieses Ine<strong>in</strong>andergreifen der <strong>in</strong>dividuellen, durch Geld vermittelten<br />

Tauschakte oben bereits als Zirkulation <strong>von</strong> Waren und Geld kennengelernt. Wir kommen später<br />

darauf zurück, wenn wir diesen Prozess als Reproduktionsprozess untersuchen.<br />

Der Preis betritt die Bühne<br />

Mit dem Geld betritt der Preis die ökonomische Bühne. Der Preis ist für M. der Geldname für das<br />

<strong>in</strong> der Ware vergegenständlichten Quantum an gesellschaftlicher Arbeit. Es ist nun ke<strong>in</strong>eswegs<br />

so, dass der Preis den Wert verdrängt. Wie sollte das geschehen? Nach wie vor ist es der Anteil<br />

der gesellschaftlichen Arbeit, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ware steckt, die den Anspruch des Warenproduzenten<br />

auf Waren gleichen Anteils begründet. Nur die Ermittlung des Werts ist jetzt ungleich flexibler.<br />

Man kann sich vorstellen, dass der Tausch <strong>von</strong> Bier gegen Sch<strong>in</strong>ken, sobald sich die Akteure auf<br />

e<strong>in</strong>en beidseitig akzeptierten Maßstab gee<strong>in</strong>igt haben, relativ e<strong>in</strong>fach ist. Sowohl Bier als auch<br />

Sch<strong>in</strong>ken s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> beliebiger Quantität tauschbar. Aber wie steht es mit Vieh? Haus? Armreifen?<br />

Kochlöffel? Schuhen? Erst mit dem Geld erhalten wir e<strong>in</strong>en universellen und sehr flexiblen Maßstab.<br />

Deshalb müssen wir uns näher mit dem Prozess beschäftigen, wie der Preis zum Geldausdruck<br />

des Werts werden kann.<br />

In unserem Gedankenmodell der "e<strong>in</strong>fachen Warenproduktion" g<strong>in</strong>gen wir zwar schon da<strong>von</strong><br />

aus, dass die Ermittlung des Werts nicht per Waage oder Zollstock erfolgt, sondern durch den<br />

tatsächlichen Austausch, durch Versuch und Irrtum, durch die Erfahrungen der Akteure ermittelt<br />

wird. Aber wir haben dabei unterstellt, dass es letztlich um den Austausch <strong>von</strong> gleichen Werten<br />

gegangen sei.<br />

Spätestens jetzt, wenn wir das Geld <strong>in</strong> unsere Überlegungen e<strong>in</strong>beziehen, müssen wir uns <strong>von</strong><br />

dieser Annahme verabschieden. Wir machen das gründlich und gehen jetzt da<strong>von</strong> aus, dass<br />

praktisch ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger Tauschakt e<strong>in</strong> Austausch <strong>von</strong> gleichen Werten ist, und wenn, dann<br />

höchstens zufällig.<br />

Also komplette Kehrtwendung? Stehen wir damit im Widerspruch zu dem, was wir vorher gesagt<br />

haben? Man könnte das me<strong>in</strong>en, und M. ist wegen solcher Wendungen immer wieder zur<br />

Zielscheibe der Kritik geworden. Nur haben die Kritiker, die auf der Suche nach solchen "Widersprüchen"<br />

waren, M.s Methode ignoriert, die notwendigerweise solche sche<strong>in</strong>baren Wendungen<br />

hervorbr<strong>in</strong>gt. Zunächst haben wir uns über die allgeme<strong>in</strong>en Bed<strong>in</strong>gungen der Warenproduktion<br />

verständigt. Haben dabei <strong>von</strong> allem abgesehen ("abstrahiert"), was uns den Blick auf<br />

die historischen Grundstrukturen verstellt hätte. Jetzt geht es darum, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Schritten weitere<br />

Elemente <strong>in</strong> die Überlegungen e<strong>in</strong>zubeziehen. Wieder mal der oft zitierte Aufstieg vom Abstrakten<br />

zum Konkreten.<br />

Zwischenfrage 34: Warum kommt es notwendigerweise immer zu Abweichungen zwischen Wert und<br />

Preis? (S.188)<br />

Wer will, kann zwischen der früheren Annahme e<strong>in</strong>es Tausches gleicher Werte und unserer jetzigen<br />

Behauptung, dass praktisch ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger Tausch wirklich gleiche Werte betrifft, e<strong>in</strong>en Widerspruch<br />

sehen. Aber der Widerspruch löst sich leicht auf. Denn auch vorher s<strong>in</strong>d wir bereits<br />

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