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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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tischen Politischen Ökonomie unabd<strong>in</strong>gbar se<strong>in</strong>. <strong>Das</strong> ist nicht immer leicht, gewiß. Bisweilen fehlen<br />

solche Daten oder wurden für ganz andere Zwecke erhoben und s<strong>in</strong>d nur beschränkt verwendbar.<br />

Dennoch bleibt <strong>in</strong>sgesamt die Politische Ökonomie gegenwärtig h<strong>in</strong>ter den Möglichkeiten<br />

zurück und beschäftigt sich viel zu sehr mit Positionsgekabbel und Exegese der Klassiker;<br />

mit Me<strong>in</strong>ungsstreit statt Analysestreit. Und leider auch, vorsichtig formuliert, mit jeder Menge an<br />

philosophischem Eskapismus.<br />

23. Warum beg<strong>in</strong>nt M. se<strong>in</strong>e Analyse nicht mit den Elementen der bürgerlichen Gesellschaft,<br />

die uns geschichtlich als erste begegnen, z.B. mit Handel und Z<strong>in</strong>s?<br />

Tatsächlich tauchen fast alle Elemente der kapitalistischen Produktionsweise (Grundbesitz, arbeitsteilige<br />

Produktion, Handel) und auch die verwendeten Katagorien (Ware, Tauschwert,<br />

Mehrwert, Profit, Z<strong>in</strong>s, Rente usw.) vor der bürgerlichen Gesellschaft auf. Es geht M. aber nicht<br />

um Geschichtsschreibung, sondern um die Aufdeckung der ökonomischen Gesetze <strong>in</strong> der bürgerlichen<br />

Gesellschaft. Er geht da<strong>von</strong> aus, dass <strong>in</strong> der Geschichte stets bestimmte Produktionsverhältnisse<br />

über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum bestimmend s<strong>in</strong>d. M. bezeichnet solche historischen<br />

Perioden als Gesellschaftsform oder Gesellschaftsformation:<br />

"In allen Gesellschaftsformen ist es e<strong>in</strong>e bestimmte Produktion, die allen übrigen, und deren<br />

Verhältnisse daher auch allen übrigen, Rang und E<strong>in</strong>fluß anweist." (MEW 13, S.637) M. nennt<br />

"asiatische, antike, feudale und modern bürgerliche Produktionsweisen als progressive Epochen<br />

der ökonomischen Gesellschaftsformation" (MEW 13, S.9)<br />

Deshalb ergibt sich die analytische Bedeutung der e<strong>in</strong>zelnen Elemente nicht aus ihrer historischen<br />

Abfolge, sondern leitet sich aus ihrem "Rang und E<strong>in</strong>fluß" <strong>in</strong> der bürgerlichen Gesellschaft<br />

ab. M. begründet das so:<br />

"Es wäre also untubar und falsch, die ökonomischen Kategorien <strong>in</strong> der Folge aufe<strong>in</strong>ander folgen<br />

zu lassen, <strong>in</strong> der sie historisch die bestimmenden waren. Vielmehr ist ihre Reihenfolge bestimmt<br />

durch die Beziehung, die sie <strong>in</strong> der modernen bürgerlichen Gesellschaft aufe<strong>in</strong>ander haben, und<br />

die genau das umgekehrte <strong>von</strong> dem ist, was als ihre naturgemäße ersche<strong>in</strong>t oder der Reihe der<br />

historischen Entwicklung entspricht. Es handelt sich nicht um das Verhältnis, das die ökonomischen<br />

Verhältnisse <strong>in</strong> der Aufe<strong>in</strong>anderfolge verschiedener Gesellschaftsformen historisch e<strong>in</strong>nehmen.(...)<br />

Sondern um ihre Gliederung <strong>in</strong>nerhalb der modernen bürgerlichen Gesellschaft."<br />

(MEW 13, S.638)<br />

24. Ist die "e<strong>in</strong>fache Warenproduktion" <strong>von</strong> der M.s Analyse der Ware auszugehen sche<strong>in</strong>t,<br />

e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e Abstraktion oder e<strong>in</strong>e historische Periode oder was?<br />

Natürlich hat e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache, noch nicht entwickelte Warenproduktion historisch <strong>in</strong>nerhalb anderer<br />

Produktionsweisen existiert (und tut es noch), ohne zur bestimmenden Produktionsweise<br />

werden zu können.<br />

Sie stellt daher auch ke<strong>in</strong>e eigene historische Periode dar und kennzeichnet ke<strong>in</strong>en abgrenzbaren<br />

Abschnitt <strong>in</strong> der Entwicklung der Produktionsverhältnisse.<br />

Innerhalb unserer Analyse dient sie uns nur als Modell; es ist Warenproduktion, die wir gedanklich<br />

<strong>von</strong> allen Elementen säubern, die uns vom wesentlichen erst e<strong>in</strong>mal ablenken würden. Es ist<br />

wie e<strong>in</strong> Strichmännchen: Jeder erkennt, was es ist, und dennoch hat es (hoffentlich) nie e<strong>in</strong>en<br />

Menschen gegeben, der e<strong>in</strong>em Strichmännchen auch nur annähernd ähnlich gesehen hätte.<br />

Die "e<strong>in</strong>fache Warenproduktion" ist unser Strichmännchen, das uns helfen soll, die Grundelemente<br />

der kapitalistischen Produktionsweise zu verstehen.<br />

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