09.01.2013 Aufrufe

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

gew<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d, wie e<strong>in</strong>geschränkt gültig ihre Wahrheiten auch immer se<strong>in</strong> mögen. Aber wenn<br />

e<strong>in</strong> Betriebswirt (mittels Excel-Tabelle) feststellt, dass die Entlassung der Mitarbeiter für Toilettenpflege<br />

und die Übertragung dieser Aufgabe an e<strong>in</strong> externes Unternehmen 2.620,00 Euro<br />

E<strong>in</strong>sparung monatlich br<strong>in</strong>gt, wird das vermutlich stimmen - irgendwie.<br />

Kommen wir auf die "feststehenden Wahrheiten" zurück. Eigentlich s<strong>in</strong>d das die am wenigsten<br />

<strong>in</strong>teressanten Erkenntnisse. Es handelt sich, je feststehender die Wahrheit ist, um immer dünnere<br />

Abstraktionen; das oben zitierte Beispiel "Arbeit" zeigt das. Es s<strong>in</strong>d Abstraktionen, denen jedes<br />

Leben ausgetrieben wurde, und die deshalb auch <strong>in</strong> M.s Analyse nur als Ausgangspunkt se<strong>in</strong>er<br />

Kritik und zur Präzisierung se<strong>in</strong>er Fragestellung dienen. Uns kommt es immer wieder auf die historische<br />

Konkretheit an: Wer? Wann? Wie? Womit? Warum? Für Wen? Unter wessen Kontrolle?<br />

Fragen dieser Art 498 s<strong>in</strong>d unser Metier als M.s Erben.<br />

So wie jeder e<strong>in</strong>zelne <strong>Marx</strong>ist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Analysen irren kann, hat auch die marxistische Theorie<br />

ke<strong>in</strong> "Wahrheitsmonopol", auch nicht für die Analyse der bürgerlichen Gesellschaft. Anders gesagt:<br />

Sich <strong>Marx</strong>ist zu nennen heißt noch lange nicht, Recht zu haben. Dafür muß man schon<br />

was tun. Für marxistisch gewonnene Erkenntnisse gilt, was für alle Arten <strong>von</strong> Erkenntnissen gilt:<br />

Sie werden nicht nur gesellschaftlich hervorgebracht, sondern s<strong>in</strong>d immer historisch bed<strong>in</strong>gt; das<br />

gilt für M.s geniales Werk nicht weniger als für Erkenntnisse ger<strong>in</strong>gerer Reichweite.<br />

Die ökonomischen Bewegungsgesetze der kapitalistischen Produktionsweise gelten auch nur für<br />

diese. Und mit der Entwicklung dieser Produktionsweise werden auch diese Gesetze verändert,<br />

müssen immer wieder neu aufgedeckt und neu formuliert werden. Beispiel: Die Veränderungen<br />

<strong>in</strong> den der Konkurrenzbeziehungen zwischen den Kapitalen als Folge ihrer wachsenden Konzentration<br />

und Zentralisation. Um das Zitat <strong>von</strong> oben zum Thema Essen aufzugreifen: Profithunger<br />

ist Profithunger, aber ob er <strong>in</strong> der offenen Konkurrenz tausender, nur ger<strong>in</strong>g differenzierter<br />

E<strong>in</strong>zelkapitale oder mit der ökonomischen Macht und dem politischen E<strong>in</strong>fluß transnationaler<br />

Konzerne befriedigt wird, macht gerade den uns <strong>in</strong>teressierenden Unterschied aus.<br />

10. Will man als "parteilicher Wissenschaftler" nicht vieleicht den gewünschten<br />

Veränderungen mit passenden "Erkenntnissen" auf die Sprünge helfen?<br />

Die Gefahr besteht immer. Wo e<strong>in</strong>er (der e<strong>in</strong>em nützlich se<strong>in</strong> kann) deutlich sagt, was er erwartet,<br />

ist man vielleicht auch bereit, den Forschungsergebnissen auf die Sprünge zu helfen. Ob das<br />

e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>ister, e<strong>in</strong> Institutsdirektor, e<strong>in</strong> Sponsor oder Parteivorstand ist. Die Geschichte der Wissenschaften<br />

ist angefüllt mit Beispielen. Leider macht auch die marxistische Forschung da ke<strong>in</strong>e<br />

Ausnahme. Viel zu oft hat sie sich nicht nur "parteilich", sondern geradezu liebedienerisch und<br />

schleimend verhalten, wo sie kritisch und voller Widerspruchgsgeist hätte se<strong>in</strong> müssen. Dennoch<br />

werden wir e<strong>in</strong>e "Parteilichkeit" für unseren marxistischen Ansatz beibehalten, wenn auch nicht<br />

unbed<strong>in</strong>gt die Formulierung. Und wir s<strong>in</strong>d uns klar darüber, dass die <strong>in</strong>neren Kontrollen wie<br />

auch die äußeren Kontrollen durch Offenheit, Austausch der Ergebnisse und Debatte gestärkt<br />

werden müssen.<br />

Die Redewendung <strong>von</strong> der "parteilichen Wissenschaft" war lange Zeit üblich. Damit wurde zunächst<br />

etwas richtiges gesagt: <strong>E<strong>in</strong>e</strong> <strong>von</strong> Interessen freie, also un-ideologische Wissenschaft gibt<br />

es nicht, schon gar nicht als Wissenschaft <strong>von</strong> der Gesellschaft. 499 Jeder Wissenschaftler ist <strong>von</strong><br />

K<strong>in</strong>dheit an <strong>in</strong> e<strong>in</strong> soziales Geflecht e<strong>in</strong>gebunden, dessen Wertsetzung und Moral auf ihn e<strong>in</strong>wirkt.<br />

Jeder Wissenschaftler wird <strong>von</strong> irgendjemandem bezahlt, bekommt <strong>von</strong> irgendjemandem<br />

Aufträge, muß für die Publikation se<strong>in</strong>er Werke e<strong>in</strong>e Zeitschrift oder e<strong>in</strong>en Verlag f<strong>in</strong>den oder es<br />

169

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!