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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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tion e<strong>in</strong>en überwiegenden E<strong>in</strong>fluß ausübte; als durch sie der Außenhandel dem B<strong>in</strong>nenhandel den Rang abzulaufen<br />

begann; als sich der Weltmarkt sukzessive ausgedehnter Gebiete <strong>in</strong> der neuen Welt, <strong>in</strong> Asien und <strong>in</strong> Australien<br />

bemächtigte; als schließlich die <strong>in</strong>dustriellen Nationen, die auf die Arena traten, zahlreich genug geworden<br />

waren – erst <strong>von</strong> dieser Zeit an datierten jene sich stets wiedererzeugenden Zyklen, deren aufe<strong>in</strong>anderfolgende<br />

Phasen Jahre umfassen und die immer h<strong>in</strong>auslaufen auf e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Krise, die Ende e<strong>in</strong>es Zyklus und Ausgangspunkt<br />

e<strong>in</strong>es neuen ist. Bis jetzt ist die periodische Dauer solcher Zyklen zehn oder elf Jahre, aber es gibt<br />

ke<strong>in</strong>erlei Grund, diese Zahl als konstant zu betrachten. Im Gegenteil, aus den Gesetzen der kapitalistischen Produktion,<br />

wie wir sie eben entwickelt haben, muß man schließen, daß sie variabel ist und daß die Periode der Zyklen<br />

sich stufenweise verkürzen wird." (MEW 23, S.662 Anmerkung)<br />

458 Banker und Investoren s<strong>in</strong>d immer habgierig. Sie wollen immer soviel wie eben möglich. Deswegen s<strong>in</strong>d sie ja<br />

Banker und Investoren geworden und vor allem geblieben. Habgier herrscht <strong>in</strong> der Konjunktur wie <strong>in</strong> der Rezession.<br />

Sie herrscht vor, während und nach jeder Krise. Nur bilden sich bisweilen Situationen, <strong>in</strong> denen die Habgier<br />

besonders rast. Aber auch das ist dann ke<strong>in</strong>e Sache, die sich mit dem moralischen Zeigef<strong>in</strong>ger lösen ließe. Vielmehr<br />

ist zu fragen, wodurch immer wieder Situationen hervorgebracht werden, <strong>in</strong> denen die Habgier besonders<br />

gut gedeiht.<br />

<strong>Das</strong> ist unser übliches Standardprogramm: Vom Verhalten ausgehend richten wir mit M. unseren Blick auf die<br />

Verhältnisse, die das Verhalten erst ermöglichen. <strong>Das</strong> Verhalten der Akteure wird deshalb nicht unwichtig. Ohne<br />

dem gäbe es nichts, worüber wir hier schreiben könnten. Aber die Akteure erf<strong>in</strong>den ihr Verhalten schließlich<br />

nicht. Sie folgen den Vorgaben und Erwartungen e<strong>in</strong>es fest <strong>in</strong>stallierten ökonomischen und darauf sich aufbauenden<br />

sozialen Systems. Tun sie das nicht, erfüllen sie nicht die Erwartungen z.B. nach m<strong>in</strong>destens gleicher Rendite<br />

wie der Konkurrent, hören sie auf, Akteure im System zu se<strong>in</strong>.<br />

Was bei unbekümmerter Betrachtung als Ursache e<strong>in</strong>er Krise ersche<strong>in</strong>en mag, die Maßlosigkeit, das Gew<strong>in</strong>nstreben,<br />

die Habgier, die Risikosucht usw., steht selbst <strong>in</strong> Abhängigkeit <strong>von</strong> den Verhältnissen, <strong>in</strong> denen gehandelt<br />

wird.<br />

Und er<strong>in</strong>nern wir uns auch daran: Selbst wenn alle Akteure kurz vor der Seligsprechung stünden, würde es dennoch<br />

Verwertungszwang und Konkurrenz geben – oder es müßte zuvor (gruseliger Gedanke) doch über Alternativen<br />

gesprochen und vor allem: gehandelt werden, um e<strong>in</strong> anderes ökonomisches System zu <strong>in</strong>stallieren.<br />

459 <strong>Das</strong> Brutto<strong>in</strong>landsprodukt, auch BIP genannt, erfaßt alle <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wirtschafts- und Zeitraum produzierten<br />

Waren sowie alle erbrachten Dienstleistungen, bere<strong>in</strong>igt um die Vorleistungen (das s<strong>in</strong>d die produktiv konsumierten<br />

Zulieferungen und Dienstleistungen zwischen den Unternehmen) und um die Importe. <strong>Das</strong> BIP gilt als Maß<br />

für die Wirtschaftsstärke e<strong>in</strong>es Staates oder Wirtschaftsraums und wird <strong>in</strong> Deutschland regelmäßig vom Statistischen<br />

Bundesamt als <strong>Teil</strong> der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung erhoben und veröffentlicht. E<strong>in</strong> Abs<strong>in</strong>ken<br />

des BIP m<strong>in</strong>destens <strong>in</strong> drei aufe<strong>in</strong>ander folgenden Quartalen wird als Rezession bezeichnet.<br />

460 Die Annahme gleichbleibender Verwertungsbed<strong>in</strong>gungen für den Kreislaufprozess formuliert M. so: "Da wir<br />

es hier zunächst mit der bloßen Bewegungsform zu tun haben, werden die Revolutionen nicht berücksichtigt, die<br />

der Kapitalwert <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Kreislaufsprozeß erleiden kann; aber es ist klar, daß trotz aller Wertrevolutionen die<br />

kapitalistische Produktion nur solange existiert und fortexistieren kann, als der Kapitalwert verwertet wird, d.h.<br />

als verselbständigter Wert se<strong>in</strong>en Kreislaufsprozeß beschreibt, solange also die Wertrevolutionen <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er<br />

Art überwältigt und ausgeglichen werden." (MEW 24, S.109)<br />

461 "Erleidet der gesellschaftliche Kapitalwert e<strong>in</strong>e Wertrevolution, so kann es vorkommen, daß se<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles<br />

Kapital ihr erliegt und untergeht, weil es die Bed<strong>in</strong>gungen dieser Wertbewegung nicht erfüllen kann. Je akuter<br />

und häufiger die Wertrevolutionen werden, desto mehr macht sich die automatische, mit der Gewalt e<strong>in</strong>es elementaren<br />

Naturprozesses wirkende Bewegung des verselbständigten Werts geltend gegenüber der Voraussicht<br />

und Berechnung des e<strong>in</strong>zelnen Kapitalisten, desto mehr wird der Lauf der normalen Produktion untertan der<br />

anormalen Spekulation, desto größer wird die Gefahr für die Existenz der E<strong>in</strong>zelkapitale." (MEW 24, S.109) Was<br />

es mit der "anormalen Spekulation" auf sich hat, wird sich schon bald aufklären.<br />

462 Hier sehen wir schon, wie alle Rettungsaktionen, die das <strong>in</strong>dividuelle Kapital für sich selbst im Falle stockender<br />

Verwertung ergreift, sich sofort als Verwertungskrise anderer Kapitale fortsetzen. Da s<strong>in</strong>d zum Beispiel die<br />

Entlassungen, mit der die Nachfrage nach Konsumgütern s<strong>in</strong>kt und die Produzenten dieser Waren trifft. Da s<strong>in</strong>d<br />

die stornierten Zulieferungen, mit denen die Krise auf die vernetzten Kapitale übertragen wird. Und wenn die betroffenen<br />

Kapitale auch noch hohe Kreditverpflichtungen tragen, die nicht mehr erfüllt werden können, wird sich<br />

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