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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Kapitel 7: Woher kommen die Arbeitskräfte? Wie geraten sie<br />

unter die Herrschaft des Geldes?<br />

Wir erfahren, warum die frühen Kapitalisten mehr Glück als Verstand hatten und wie<br />

naheliegend es für sie war, etwas zu schaffen, <strong>von</strong> dessen Tragweite ihnen nichts<br />

dämmerte.<br />

Wir sehen uns genauer an, woher die Arbeitskräfte kamen, die plötzlich <strong>in</strong> so großer<br />

Zahl durch das Geld als Lohnarbeiter kommandiert wurden. Wir erleben den wichtigen<br />

Formwandel dieser konfliktreichen Beziehung zwischen Geld und Arbeitskraft<br />

<strong>von</strong> der formellen zur reellen Subsumtion. Gut gesagt, oder?<br />

Mehr Glück als Verstand<br />

Die strukturelle Analyse des Austauschs <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>fachsten Form hat uns gezeigt, wie sich<br />

durch die neuartige Konfiguration bekannter Elemente e<strong>in</strong>e neue Basis für die gesellschafliche<br />

Produktion ergibt. Die beiden Schemata W-G-W und G-W-G dienten uns als Ausgangspunkt.<br />

Erneut könnte der E<strong>in</strong>druck entstehen, wir hätten es mit "Begriffszauberei", mit e<strong>in</strong>er Art <strong>in</strong>tellektuellem<br />

Taschenspielertrick zu tun, mit e<strong>in</strong>em Salonzauberer vielleicht, der uns aus drei Buchstaben<br />

die tiefen Geheimnisse der kapitalistischen Welt erklärt.<br />

Doch was M. mit Hilfe der Tauschschemata an Zusammenhängen aufdeckt, wird uns ja weder<br />

als Prognose noch als geheimnisvolle Offenbarung angedient. Die Tauschschemata s<strong>in</strong>d Hilfsmittel<br />

der strukturellen Analyse, die zunächst auf die Vorgeschichte angewendet wird, also auf alles,<br />

was vor M.s Ausgangspunkt liegt. Diesen Ausgangspunkt der Analyse machte ganz entschieden<br />

schon der erste Satz 192 des "Kapital" klar: Es ist die entwickelte kapitalistische Produktionsweise!<br />

Auch die Analyse ihrer historisch viel früher auftretenden Elemente wie Ware,<br />

Tausch oder Geld erfolgt e<strong>in</strong>zig vom Standpunkt dieser entwickelten kapitalistischen Produktionsweise<br />

aus. Anders wäre die Analyse auch gar nicht möglich. 193<br />

Warum sagt M. nicht e<strong>in</strong>fach: Kapitalistische Produktionsweise ist Geldkapital plus Arbeitskraft<br />

und geht sofort <strong>in</strong> die Vollen? Warum schenkt er sich nicht (und erspart uns) das ganze Gehube<br />

um die W-G-W und sonstige Schemata, um Wertform- und Geldformentwicklung? Weil das auf<br />

die schlichte Feststellung h<strong>in</strong>auslaufen würde: Kapitalistische Produktionsweise ist Kapitalherrschaft.<br />

Damit blieben alle Fragen nach dem Woher? und dem Wie?, nach den <strong>in</strong>neren Zusammenhängen<br />

unbeantwortet. Und M.s Arbeit würde man, wenn überhaupt, nur noch <strong>in</strong> den h<strong>in</strong>teren<br />

Regalen der Antiquariate f<strong>in</strong>den.<br />

M. will uns nicht die Oberfläche dieser Produktionsweise beschreiben; da müßten wir nur aus<br />

dem Fenster sehen und den Wirtschaftsteil irgende<strong>in</strong>er Zeitung regelmäßig lesen. M. dr<strong>in</strong>gt <strong>in</strong><br />

ihr Inneres e<strong>in</strong>, um herauszuf<strong>in</strong>den, wie sich diese Produktionsweise im geschichtlichen Prozess<br />

bildet, dabei vorgefundene Elemente neu konfiguriert und eigene Triebkräfte entfaltet, die dieser<br />

Produktionsweise e<strong>in</strong>e eigene Dynamik und Entwicklungsrichtung geben.<br />

Er will nicht nur erklären, was kapitalistische Produktionsweise ist, sondern wie sie entsteht, was<br />

ihre <strong>in</strong>neren Bewegungsgesetze s<strong>in</strong>d, welche Entwicklungsrichtung sie nimmt und (vergessen<br />

wir das nicht) wo ihre Bruchstellen s<strong>in</strong>d, wo die Angriffspunkte liegen, um sie womöglich aus<br />

den Angeln zu heben und zu überw<strong>in</strong>den. 194<br />

Rückblickend, vom Standpunkt der entwickelten kapitalistischen Produktionsweise des 19. Jahrhunderts,<br />

wird e<strong>in</strong>es ganz deutlich: Der ohneh<strong>in</strong> schon glückliche Geldbesitzer des 17. und 18.<br />

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