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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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schleunigten Ausbau der Produktion. Er stimuliert über Komsumentenkredite auch die <strong>in</strong>dividuelle<br />

Nachfrage. Aber auch der Absturz wird dadurch steiler. Sobald es zu Störungen der Verwertungsprozesse<br />

kommt, zirkuliert das Kreditgeld nicht mehr flüssig, wird knapper und teurer. Die<br />

<strong>in</strong>dividuellen Kapitale, die sich <strong>in</strong> Erwartung weiterer Geschäfte mit Krediten belastet haben und<br />

dabei <strong>von</strong> der rezessiven Phase überrascht werden, gehören mit großer Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit zu<br />

den Verlierern. Die Kredite, die erst großer Stimulator der Nachfrage waren, werden wegen der<br />

Kreditbelastungen zu e<strong>in</strong>er ebenso großen Bremse und schaffen nach der Krise längere Phasen<br />

der Stagnation.<br />

Genug an Modellierung. Unser Beispiel hat alles und nichts mit den Realitäten zu tun. Jede Krise<br />

ist anders, hat ihre eigene Geschichte und ihre eigenen Besonderheiten. Und jede kapitalistische<br />

Krise ist gleich, wurzelt <strong>in</strong> denselben Strukturen. Wenn man Krisen so wie Schmetterl<strong>in</strong>ge sammeln<br />

würde, könnte man die gegenwärtige Krise als <strong>in</strong>teressante Mutation der Sammlung e<strong>in</strong>verleiben,<br />

so wie man es mit der Krise <strong>von</strong> 1857 oder 1929 hätte machen können. Die gesellschaftliche<br />

Reproduktion kennt viele Variationen und ebenso viele Wege <strong>in</strong> die Krise. Nur e<strong>in</strong>es<br />

kennt sie unter kapitalistischen Bed<strong>in</strong>gungen nicht: <strong>E<strong>in</strong>e</strong>n Verlauf ohne periodisch auftretende<br />

krisenhafte Rückkopplungen.<br />

Die Rückkopplungen treten auf verschiedene Weise <strong>in</strong> wechselnden Sektoren zu Tage. Als Auslöser<br />

und Verstärker kommen technologische und politische und demografische und klimatische<br />

und e<strong>in</strong>e Vielzahl anderer Faktoren <strong>in</strong> Frage. Aber stets s<strong>in</strong>d es Verwertungskrisen. Auf der Produktionsebene<br />

treten Sie als Überproduktion <strong>von</strong> Waren und als nicht ausgelastete Produktionskapazitäten<br />

zutage. Auf der Verwertungsebene sehen wir sie als Liquiditätskrise <strong>in</strong>dividueller<br />

Kapitale, die zu e<strong>in</strong>em größeren <strong>Teil</strong> dann auch mit der Insolvenz und der Vernichtung des Kapitals<br />

abgeschlossen wird. Für das Gesamtkapital sehen wir e<strong>in</strong>e Überakkumulation, das ist e<strong>in</strong>e<br />

Ansammlung <strong>von</strong> potentiellem Kapital, dessen Verwertung durch die Krise gebremst wurde und<br />

das nun auf Verwertung lauert.<br />

Kapitalistische Krisen s<strong>in</strong>d immer Krisen durch Überfluß und deshalb eigentlich völlig überflüssige<br />

Krisen. Es s<strong>in</strong>d nicht die dürren Jahre, die den fetten Jahren als e<strong>in</strong>e Art göttlicher Ausgleich<br />

folgen. Sie wurzeln alle<strong>in</strong> (wor<strong>in</strong> wohl?) <strong>in</strong> Konkurrenz und Verwertungszwang des Kapitals. <strong>Das</strong><br />

kennen wir <strong>in</strong>zwischen, denn wir haben diese Formulierung oft genug, bis hart an die Grenze<br />

der Belastbarkeit verwendet. Aber die beiden Begriffe umfassen nun mal die kapitalistische Spezifik,<br />

die uns bereits als E<strong>in</strong>heit <strong>von</strong> Arbeitsprozess und Verwertungsprozess begegnet ist. Sie<br />

verwandelt Vernunft und gesellschaftliche Bedürfnisse <strong>in</strong> Konkurrenz und Verwertung. Wo ke<strong>in</strong>e<br />

Verwertung möglich ist, haben auch Vernunft und gesellschaftliche Bedürfnisse ke<strong>in</strong>en Raum. 485<br />

Gehen wir e<strong>in</strong>en Schritt weiter und untersuchen wir genauer, was h<strong>in</strong>ter beiden Begriffen<br />

steckt.<br />

Kompass und Regulator<br />

M. diskutiert die Reproduktionsschemata für die e<strong>in</strong>fache und die erweiterte Reproduktion im 2.<br />

Band des "Kapital" ausführlich auf den letzten 170 Seiten. Unterhaltsam s<strong>in</strong>d diese Seiten nicht.<br />

Er trägt dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Vielzahl <strong>von</strong> Querverb<strong>in</strong>dungen und gegenseitigen Abhängigkeiten zusammen.<br />

Wir halten da<strong>von</strong> folgende Ergebnisse fest:<br />

In der kapitalistischen Produktionsweise agieren e<strong>in</strong>e Vielzahl <strong>von</strong> <strong>in</strong>dividuellen Verwertungsprozessen<br />

unabhängig <strong>in</strong> gegenseitiger Konkurrenz. Trotz ihrer Unabhängigkeit und Konkurrenz<br />

bilden sie e<strong>in</strong>en verwobenen Reproduktionsprozess, <strong>in</strong> dem sich die konkurrierenden Verwertungsprozesse<br />

als <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander abhängige Produktionsprozesse stofflich ergänzen müssen. Die<br />

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