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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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wie Diebstahl und Betrug; aber für ihre Entstehung und Ausbreitung, und vor allem: Für ihr<br />

fortdauerndes Funktionieren zunächst nicht erforderlich. 242 Hier entspr<strong>in</strong>gt die Aneignung des<br />

Mehrwerts sche<strong>in</strong>bar <strong>von</strong> selbst aus der Anwendung der Lohnarbeit. Es ist die kapitalistische<br />

Anwendung der Lohnarbeit, die den Mehrwert bildet, "der den Kapitalisten mit allem Reiz e<strong>in</strong>er<br />

Schöpfung aus Nichts anlacht", wie M. das so freundlich formuliert.<br />

Zweitens zeigt uns das Arbeitstagmodell mit se<strong>in</strong>er Gegenüberstellung <strong>von</strong> notwendiger und<br />

Mehrarbeitszeit auf e<strong>in</strong>en Blick, welche Methoden es zur Produktion des Mehrwerts nur geben<br />

kann: Man kann die Länge des Arbeitstags absolut verändern oder das Verhältnis <strong>von</strong> notwendiger<br />

und Mehrarbeitszeit zue<strong>in</strong>ander relativ verändern oder man kann beides tun. 243<br />

Die Produktion des absoluten Mehrwerts ist die Grundlage des Kapitals. Sie ist möglich, weil die<br />

Arbeitskraft lange genug angewendet wird, um Neuwert über den eigenen Wert h<strong>in</strong>aus zu<br />

schaffen. Erhöhung des absoluten Mehrwerts erfolgt deshalb durch Ausdehnung des Arbeitstages.<br />

Die Phase der Mehrarbeit (B-C) wird verlängert, während die notwendige Arbeit (A-B) gleich<br />

bleibt.<br />

Als Produktion des relativen Mehrwerts bezeichnet M. alle Methoden, mit denen die notwendige<br />

Arbeitszeit (A-B), bei gleichbleibendem Arbeitstag, gegenüber der Phase der Mehrarbeit relativ<br />

verkürzt wird. Da die notwendige Arbeitszeit durch den Wert der angewendeten Arbeitskraft<br />

bestimmt wird, geht es hier vordergründig um alle Methoden, die den Wert der Arbeitskraft<br />

senken. Tatsächlich aber f<strong>in</strong>den wir hier e<strong>in</strong>en wichtigen Motor gesellschaftlicher Veränderungen.<br />

Mehrwert und Klassenstruktur<br />

Im ersten Band des "Kapital" widmet M. dem Mehrwert-Thema über 350 Seiten. Zweifellos sah<br />

er <strong>in</strong> der Mehrwerttheorie den zentralen Punkt se<strong>in</strong>er Analyse. Nicht die viel diskutierten Themen,<br />

die uns später noch erhitzen werden, nicht das absolute, allgeme<strong>in</strong>e Gesetz der kapitalistischen<br />

Akkumulation oder der tendenzielle Fall der Profitrate, sondern die Mehrwerttheorie ist<br />

der Dreh- und Angelpunkt. Daran scheiden sich die Geister. Deshalb entpuppen sich alle Angriffe<br />

auf M.s Werttheorie bei näherer Betrachtung als Angriffe auf die Mehrwerttheorie, ihren legitimen<br />

Sprößl<strong>in</strong>g. 244<br />

Mit den Kategorien absoluter Mehrwert und relativer Mehrwert werden die ökonomischen und<br />

die politischen Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit vom Kern ihres Verhältnisses aus, vom<br />

Standpunkt der Verwertung nämlich betrachtet. <strong>Das</strong> ist nicht der Standpunkt, der im Aktionsraum<br />

der Produktionsweise <strong>von</strong> ihren Akteuren e<strong>in</strong>genommen, sondern außen durch den Analytiker<br />

e<strong>in</strong>genommen wird. Dabei s<strong>in</strong>d die beiden Kategorien M.s Kompaß. Damit spürt er die Interessen<br />

auf, die dem ökonomischen Klassenkampf zugrunde liegen, ob es um die Länge des<br />

Arbeitstags wie überhaupt um Umfang und Verteilung der Arbeitszeit 245 , um die Höhe des<br />

Lohns oder um die Gestaltung der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen geht.<br />

Mit den beiden Kategorien steckt M. das Terra<strong>in</strong> ab, auf dem sich die Beziehungen zwischen<br />

Kapital und Arbeitskraft, zwischen den Hauptklassen der bürgerlichen Gesellschaft, im Klassenkampf<br />

entfalten. Bis h<strong>in</strong> zur Frage, wie der gesellschaftlich erzeugte Mehrwert angeeignet und<br />

verwendet werden soll. Wem "Klassenkampf" zu martialisch kl<strong>in</strong>g, kann auch "Streit der Interessen"<br />

oder "Konflikte der Tarifparteien" sagen. <strong>Das</strong> kl<strong>in</strong>gt manchem angenehmer, bezeichnet<br />

aber dasselbe.<br />

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