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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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385 Wie auch immer wir den Prozess der Verwertung codieren: Am Anfang steht das G und am Ende das G'. Was<br />

dazwischen liegt ist notwendig, aber dem Kapitalisten irgendwie auch ärgerlich. M. dazu:<br />

"Eben weil die Geldgestalt des Werts se<strong>in</strong>e selbständige, handgreifliche Ersche<strong>in</strong>ungsform ist, drückt die Zirkulationsform<br />

G... G', deren Ausgangspunkt und Schlußpunkt wirkliches Geld, das Geldmachen, das treibende Motiv<br />

der kapitalistischen Produktion, am handgreiflichsten aus. Der Produktionsprozeß ersche<strong>in</strong>t nur als unvermeidliches<br />

Mittelglied, als notwendiges Übel zum Behuf des Geldmachens." Engels fügt h<strong>in</strong>zu: "Alle Nationen kapitalistischer<br />

Produktionsweise werden daher periodisch <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em Schw<strong>in</strong>del ergriffen, wor<strong>in</strong> sie ohne Vermittlung<br />

des Produktionsprozesses das Geldmachen vollziehen wollen." (MEW 24, S.62)<br />

<strong>E<strong>in</strong>e</strong>n dieser periodischen Schw<strong>in</strong>del erleben wir derzeit mit der jüngsten Weltwirtschaftskrise hautnah. Die<br />

Kunst, "Rendite zu generieren", denen ke<strong>in</strong>erlei materielle Produktion zugrunde liegt, wurde <strong>von</strong> den Jongleuren<br />

des F<strong>in</strong>anzmarkts auf unsere Kosten mal wieder ausprobiert.<br />

Wer immer noch nicht glauben möchte, dass im Mehrwertmachen der eigentliche Zweck der kapitalistischen Produktionsweise<br />

liegt, mag sich e<strong>in</strong> x-beliebiges Unternehmen ansehen, <strong>in</strong> dem auch nur für kürzere Zeit der Gew<strong>in</strong>n<br />

ausbleibt. Und Gew<strong>in</strong>n, so werden wir noch sehen, heißt nicht irgendetwas oberhalb <strong>von</strong> Verlust, sondern<br />

m<strong>in</strong>destens so viel, wie man auch andernorts e<strong>in</strong>fährt. Deshalb werden durchaus rentable Unternehmen, die aber<br />

den Anforderungen e<strong>in</strong>er zum<strong>in</strong>dest durchschnittlichen Rendite nicht entsprechen, auf die Abschußliste gesetzt.<br />

Uns geht es nicht darum, den Kapitalismus schlecht zu machen. Dafür sorgt der zunehmend selbst. Wo es um die<br />

Analyse der Funktionen des produktiven Kapitals für die Produktion geht, äußert sich M. (wie an vielen anderen<br />

Stellen auch) sogar ausgesprochen lobend über die Karriere der Produktionsweise. Er schreibt:<br />

"Jeder Betrieb der Warenproduktion wird zugleich Betrieb der Ausbeutung der Arbeitskraft; aber erst die kapitalistische<br />

Warenproduktion wird zu e<strong>in</strong>er epochemachenden Ausbeutungsweise, die <strong>in</strong> ihrer geschichtlichen Fortentwicklung<br />

durch die Organisation des Arbeitsprozesses und die riesenhafte Ausbildung der Technik die ganze<br />

ökonomische Struktur der Gesellschaft umwälzt und alle früheren Epochen unvergleichbar übergipfelt." (MEW<br />

24, S.42) Richtig, nur hat jedes D<strong>in</strong>g eben se<strong>in</strong>e Zeit...<br />

386 Spätestens jetzt wird klar, warum der Unternehmer bestrebt ist, diesen nach der Produktion stattf<strong>in</strong>denden<br />

<strong>Teil</strong> der Zirkulation so schnell wie möglich abzuschließen. Die Menge der verkauften Waren (Umsatz) soll gesteigert,<br />

aber das Kapital nur so kurz wie möglich <strong>in</strong> der toten Form des Warenkapitals existieren, <strong>in</strong> der es weder<br />

neue Produktion f<strong>in</strong>anzieren noch anderweitig profitabel verwertet werden kann. Deshalb die große Bedeutung<br />

des Market<strong>in</strong>gs im Unternehmen, der ständige Versuch, Produktion und Verkauf durch Auftragsproduktion zu<br />

verknüpfen, die Vertriebswege zu optimieren, die Produktpalette variabel jeder Nachfrage anzupassen usw. So<br />

wie wir vom gesellschaftlichen Standpunkt aus vom Primat der Produktion sprechen, sprechen Betriebswirte, die<br />

ja den Standpunkt des agierenden Kapitals e<strong>in</strong>nehmen, vom Primat des Absatzes. Und wer sich <strong>in</strong> Produktionsfirmen<br />

auskennt, ist mit dem mächtigen E<strong>in</strong>fluß des Market<strong>in</strong>g-Managements bestens vertraut, dem unzählige<br />

Ingeniere und Produktionsleiter vorzeitig ergraute Haare verdanken.<br />

387 "Der Kreislauf des Kapitals geht nur normal <strong>von</strong>statten, solange se<strong>in</strong>e verschiednen Phasen ohne Stockung<br />

<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander übergehn. Stockt das Kapital <strong>in</strong> der ersten Phase G-W, so erstarrt das Geldkapital zum Schatz; wenn<br />

<strong>in</strong> der Produktionsphase, so liegen die Produktionsmittel funktionslos auf der e<strong>in</strong>en Seite, während die Arbeitskraft<br />

auf der andern unbeschäftigt bleibt; wenn <strong>in</strong> der letzten Phase W'-G', so versperren unverkäuflich aufgehäufte<br />

Waren den Zirkulationsfluß." (MEW 24, S.56)<br />

388 MEW 24, S.56. Im ersten und im dritten Stadium geht es um Zirkulation, um Austausch. Geld und Waren<br />

wechseln nur die Hände und damit ihre Wertform: Von Geld <strong>in</strong> Ware und <strong>von</strong> Ware <strong>in</strong> Geld. Aber die Grundlage<br />

dafür wird <strong>in</strong> der Produktion gelegt, die beide Zirkulationsstadien mite<strong>in</strong>ander vermittelt.<br />

389 Wir wollen das hier nicht vertiefen: Aber die Gegenüberstellung <strong>von</strong> "produktivem Kapital", das mit "richtiger<br />

Arbeit" verbunden ist, und den parasitären F<strong>in</strong>anzkapitalisten und Händlern, hat e<strong>in</strong>e lange Tradition, die tief<br />

<strong>in</strong> der Vorgeschichte des Kapitalismus wurzelt. Auch die Nazis g<strong>in</strong>gen mit der Gegenüberstellung <strong>von</strong> "schaffendem<br />

Kapital" und "raffendem Kapital" schon vor 1933 <strong>in</strong> Deutschland erfolgreich auf antisemitischen Stimmenfang.<br />

In der Weltwirtschaftskrise 2008 lebte das alte Muster auf, wenn auch ohne antisemitische Verschärfung. Plötzlich<br />

war es ganz alle<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Krise habgieriger Banker und F<strong>in</strong>anzleute, die sich <strong>von</strong> den Realitäten abgekoppelt<br />

hatten. Ke<strong>in</strong>e Rede da<strong>von</strong>, dass auch Banker und sogar Börsenspekulanten nur Glieder desselben Verwertungs-<br />

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