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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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aus kann man verstehen und kritisieren, was <strong>in</strong>nerhalb des Rahmens des Systems geschieht,<br />

man kann aber weder verstehen noch werten, was dem System selbst geschieht. Die letztere<br />

Tatsache nimmt ziemlich häufig die Form an, dass e<strong>in</strong>fach geleugnet wird, man könne s<strong>in</strong>nvoll<br />

über soziale Systeme reden. Aber große historische Ereignisse betreffen <strong>in</strong> der Regel ganze soziale<br />

Systeme. Aus all dem folgt, daß sie für den typisch modernen Geist Katastrophencharakter<br />

annehmen, mit allem, was dar<strong>in</strong> an emotionalem Schock und <strong>in</strong>tellektueller Verwirrung enthalten<br />

ist.<br />

Für den <strong>Marx</strong>isten ist der spezifisch historische (d.h. vorübergehende) Charakter des Kapitalismus<br />

e<strong>in</strong>e Hauptprämisse. Auf Grund dieser Tatsache kann der <strong>Marx</strong>ist sozusagen außerhalb des<br />

Systems stehen und es als Ganzes kritisieren. Da aber menschliches Handeln selbst für die Veränderungen<br />

verantwortlich ist, die das System durchmacht und durchmachen wird, ist e<strong>in</strong>e kritische<br />

Heltung nicht nur <strong>in</strong>tellektuell, sondern auch moralisch möglich – während z.B. e<strong>in</strong>e kritische<br />

Haltung gegenüber dem Sonnensystem, welcher Art auch immer se<strong>in</strong>e Unzulänglichkeiten<br />

se<strong>in</strong> mögen, nicht möglich ist - und sie ist auch <strong>von</strong> praktischer Bedeutung.<br />

Friedrich Engels: <br />

Aus: Ergänzung und Nachtrag zum III. Band des "Kapitals", 1895 (MEW Bd. 25, S. 906 ff.)<br />

Wir alle wissen, daß <strong>in</strong> den Anfängen der Gesellschaft die Produkte <strong>von</strong> den Produzenten selbst<br />

verbraucht werden und daß diese Produzenten <strong>in</strong> mehr oder m<strong>in</strong>der kommunistisch organisierten<br />

Geme<strong>in</strong>den naturwüchsig organisiert s<strong>in</strong>d; daß der Austausch des Überschusses dieser Produkte<br />

mit Fremden, der die Verwandlung der Produkte <strong>in</strong> Waren e<strong>in</strong>leitet, späteren Datums ist,<br />

zuerst nur zwischen e<strong>in</strong>zelnen stammesfremden Geme<strong>in</strong>den stattf<strong>in</strong>det, später aber auch <strong>in</strong>nerhalb<br />

der Geme<strong>in</strong>de zur Geltung kommt und wesentlich zu deren Auflösung <strong>in</strong> größere oder<br />

kle<strong>in</strong>ere Familiengruppen beiträgt. Aber selbst nach dieser Auflösung bleiben die austauschenden<br />

Familienhäupter arbeitende Bauern, die fast ihren ganzen Bedarf mit Hilfe ihrer Familie auf<br />

dem eignen Hof produzieren und nur e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen <strong>Teil</strong> der benötigten Gegenstände gegen<br />

überschüssiges eignes Produkt <strong>von</strong> außen e<strong>in</strong>tauschen. Die Familie treibt nicht bloß Ackerbau<br />

und Viehzucht, sie verarbeitet auch deren Produkte zu fertigen Verbrauchsartikeln, mahlt stellenweise<br />

noch selbst mit der Handmühle, bäckt Brot, sp<strong>in</strong>nt, färbt, verwebt Flachs und Wolle,<br />

gerbt Leder, errichtet und repariert hölzerne Gebäude, stellt Werkzeuge und Geräte her, schre<strong>in</strong>ert<br />

und schmiedet nicht selten; so daß die Familie oder Familiengruppe <strong>in</strong> der Hauptsache sich<br />

selbst genügt.<br />

<strong>Das</strong> Wenige nun, was e<strong>in</strong>e solche Familie <strong>von</strong> andern e<strong>in</strong>zutauschen oder zu kaufen hat, bestand<br />

selbst bis <strong>in</strong> den Anfang des 19. Jahrhunderts <strong>in</strong> Deutschland vorwiegend aus Gegenständen<br />

handwerksmäßiger Produktion, also aus solchen D<strong>in</strong>gen, deren Herstellungsart dem Bauer<br />

ke<strong>in</strong>eswegs fremd war und die er nur deshalb nicht selbst produzierte, weil ihm entweder der<br />

Rohstoff nicht zugänglich oder der gekaufte Artikel viel besser oder sehr viel wohlfeiler war.<br />

Dem Bauer des Mittelalters war also die für die Herstellung der <strong>von</strong> ihm e<strong>in</strong>getauschten Gegenstände<br />

erforderliche Arbeitszeit ziemlich genau bekannt. Der Schmied, der Wagner des Dorfs arbeiteten<br />

ja unter se<strong>in</strong>en Augen; ebenso der Schneider und Schuhmacher, der noch zu me<strong>in</strong>er<br />

Jugendzeit bei unsern rhe<strong>in</strong>ischen Bauern der Reihe nach e<strong>in</strong>kehrte und die selbstverfertigten<br />

Stoffe zu Kleidern und Schuhen verarbeitete. Der Bauer sowohl wie die Leute, <strong>von</strong> denen er<br />

kaufte, waren selbst Arbeiter, die ausgetauschten Artikel waren die eignen Produkte e<strong>in</strong>es jeden.<br />

Was hatten sie bei der Herstellung dieser Produkte aufgewandt? Arbeit und nur Arbeit: für<br />

den Ersatz der Werkzeuge, für Erzeugung des Rohstoffs, für se<strong>in</strong>e Verarbeitung haben sie nichts<br />

ausgegeben als ihre eigne Arbeitskraft; wie also können sie diese ihre Produkte mit denen and-<br />

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