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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Erst als der direkte und brutale "quick & dirty" Weg über die Steigerung des absoluten Mehrwerts<br />

durch den Normalarbeitstag begrenzt wurde, beschreitet die neue Klasse der Fabrikanten<br />

auch neue Wege. M. beschreibt diesen Weg als Übergang <strong>von</strong> der Manufaktur zum entwickelten<br />

Fabriksystem unter dem Stichwort Produktion des relativen Mehrwerts. Uns ist das als Übergang<br />

<strong>von</strong> der formellen zur reellen Subsumtion bereits begegnet. Aber jetzt kommt sozusagen<br />

Fleisch und Fell an das Gerippe unserer strukturellen Analyse.<br />

Zwischenfrage 50: Ist der Kapitalist durchweg e<strong>in</strong> technischer Neuerer? Oder s<strong>in</strong>d ihm klare Grenzen<br />

gezogen? (S.201)<br />

Der Zwang zur Verwertung des Kapitals, zur Mehrwertproduktion, hört mit dem Normalarbeitstag<br />

nicht auf. Aber wegen der physischen und jetzt auch politischen Grenzen des Arbeitstags<br />

muß die Verwertungsmasch<strong>in</strong>e anders <strong>in</strong> Gang gehalten werden. Die brutale Methode, immer<br />

mehr Arbeitskräfte immer länger arbeiten zu lassen, funktioniert nicht mehr richtig. Jetzt geht es<br />

darum, die vorhandene Arbeitskraft besser zu nutzen, die man im Ganzen doch zutreffend als<br />

hands 265 bezeichnete. Dieser Wechsel <strong>von</strong> der extensiven Anwendung der Lohnarbeit, extensiv<br />

nach Zahl der Beschäftigten wie nach der Zeitdauer ihrer Ausnutzung, h<strong>in</strong> zu den modernen<br />

Formen des <strong>in</strong>tensivierten Produktionsprozesses, geht ke<strong>in</strong>eswegs gradl<strong>in</strong>ig. <strong>Das</strong> geht zunächst<br />

tastend und mit vielen Sackgassen und sche<strong>in</strong>baren Umwegen. 266 Aber <strong>in</strong> diesen Jahrzehnten<br />

zwischen 1780 und 1850, entdeckt die junge Klasse der Kapitalisten ihre historisch neuen, e<strong>in</strong>zigartigen<br />

Möglichkeiten, durch die man sich im Ergebnis endgültig <strong>von</strong> allem verabschiedet,<br />

was mit der feudalen Ökonomie noch verb<strong>in</strong>det.<br />

Jetzt erfahren wir, was reelle Subsumtion wirklich bedeutet: <strong>Das</strong> ist ke<strong>in</strong> neues Produktionsmodell,<br />

<strong>von</strong> genialen Unternehmern entworfen und umgesetzt. <strong>Das</strong> ist e<strong>in</strong>e fast 400jährige Entwicklung<br />

<strong>von</strong> den ersten Manufakturen, die überwiegend auf feudale Initiative zurückg<strong>in</strong>gen<br />

und häufig der Produktion <strong>von</strong> gut exportierbaren Luxusartikeln dienten, über die Manufakturen<br />

im Textilbereich, die erstmals so etwas wie e<strong>in</strong>e Masssenproduktion anstrebten, bis zu den ersten<br />

Großfabriken des 19. Jahrhunderts, <strong>in</strong> denen hunderte <strong>von</strong> Werkzeugmasch<strong>in</strong>en durch<br />

Dampfkraft angetrieben wurden und den Arbeitsrhythmus für e<strong>in</strong>ige hundert, später dann viele<br />

tausend Arbeitskräfte bestimmten.<br />

In se<strong>in</strong>er historischen Skizze zeichnet M. diese Entwicklung nach, freilich nicht als Wirtschafts-<br />

oder Technikhistoriker. 267 Für ihn s<strong>in</strong>d die treibenden Kräfte dieser Entwicklung <strong>von</strong> Interesse:<br />

Warum entsteht aus der Manufaktur die Fabrik? Warum entstehen aus kle<strong>in</strong>en Fabriken große<br />

Fabriken? Warum nimmt die Entwicklung der Produktionstechnik mit der kapitalistischen Produktionsweise<br />

e<strong>in</strong>e so stürmische Entwicklung? Wie wirkt sich das alles unter den Bed<strong>in</strong>gungen<br />

e<strong>in</strong>es geregelten Normalarbeitstags auf den Mehrwert aus? Welche Möglichkeiten hat der Unternehmer<br />

überhaupt, unter den Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>es gekürzten Arbeitstags die Produktion <strong>von</strong><br />

Mehrwert <strong>in</strong> Gang zu halten, nach Möglichkeit zu steigern?<br />

Die grundlegenden Methoden zur Produktion des relativen Mehrwerts umreißt M. mit den Begriffen<br />

der Intensifikation (sprich: Intensivierung der Arbeit) und der Steigerung der Arbeitsproduktivität.<br />

Diese Methoden faßt M. so zusammen: "Die Produktion des absoluten Mehrwerts<br />

dreht sich nur um die Länge des Arbeitstags; die Produktion des relativen Mehrwerts revolutioniert<br />

durch und durch die technischen Prozesse der Arbeit und die gesellschaftlichen Gruppierungen."<br />

268<br />

Zwischenfrage 51: Ist M.s Analyse nicht schon wegen der gravierenden sozialen Veränderungen seit 1865<br />

hoffnungslos veraltet? (S.202)<br />

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