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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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ten e<strong>in</strong>er sogenannten F<strong>in</strong>anzkrise weltweiten Ausmaßes betreiben, haben wir M.s Aufbauplan<br />

für das "Kapital" mißachtet, der dieses Thema erst für den 3. Band vorsieht. 450<br />

Wir wollten schon an dieser Stelle zeigen, warum das kapitalistische Kreditsystem sich nicht <strong>von</strong><br />

außen wie e<strong>in</strong> Dieb e<strong>in</strong>schleicht, sondern <strong>von</strong> <strong>in</strong>nen aus der Zirkulation heraus als Mitglied der<br />

Familie <strong>in</strong> die kapitalistische Entwicklung e<strong>in</strong>greift und e<strong>in</strong>greifen mußte. Weil aber M. zum<br />

Thema Kreditsystem noch mehr zu sagen hat, kommen wir darauf im zweiten <strong>Teil</strong> und <strong>in</strong> den<br />

Schlußfolgerungen zu unserer <strong>Spurensuche</strong> zurück. Dort befassen wir uns sogar mit M.s Erklärung<br />

der gegenwärtigen Weltwirtschaftskrise. Die hat er zwar nicht erlebt, aber mit se<strong>in</strong>er Analyse<br />

des Kreditsystems hat er Grundlagen gelegt, auf denen auch e<strong>in</strong>e ergiebige Analyse aktueller<br />

Probleme möglich ist.<br />

Vergesellschaftung und Gullydeckel<br />

Als wir <strong>in</strong> den Zirkulationsprozess des Kapitals e<strong>in</strong>stiegen, formulierten wir e<strong>in</strong>e To-do-Liste für<br />

das Thema. E<strong>in</strong> Punkt dieser Liste betraf den gesellschaftlichen Charakter der kapitalistischen<br />

Produktion. Wie kommt M. zu dieser Charakterisierung, wo es sich doch um Warenproduktion<br />

privater, <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander unabhängiger Produzenten handelt? Privat und gesellschaftlich - wie passt<br />

das zusammen? Warum spricht er <strong>von</strong> der zunehmenden Arbeitsteilung als <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er Vergesellschaftung?<br />

451 Wir haben diese Fragen <strong>in</strong> den vorangehenden Kapiteln schon beantwortet, aber<br />

mehr im allgeme<strong>in</strong>en Gang der Untersuchung, ohne uns auf die To-do-Liste ausdrücklich zu beziehen.<br />

Mit dem folgenden anekdotischen Ausflug wollen wir die Fragen endgültig abhaken.<br />

Bemühen wir noch e<strong>in</strong>mal unseren Gullydeckel-Fabrikanten für e<strong>in</strong> anderes Exempel. Wir lassen<br />

ihn wieder Pionierarbeit tun, die ihm e<strong>in</strong>en großen Batzen an zusätzlichem Gew<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen<br />

und se<strong>in</strong>e Konkurrenz das Fürchten lehren soll: Auf neuestem technischen Stand verdoppelt er<br />

se<strong>in</strong>e Produktionskapazitäten! Sicher, das fixiert e<strong>in</strong>e Menge se<strong>in</strong>es Kapitals und belastet mit erheblichen<br />

Z<strong>in</strong>sleistungen für den aufgenommenen Kredit. Ständige Verwertung des fixen Kapitals<br />

wird dadurch zu e<strong>in</strong>em unbed<strong>in</strong>gten Muß! <strong>E<strong>in</strong>e</strong> ausreichende Nachfrage an Gullydeckeln<br />

sche<strong>in</strong>t jedoch gesichert zu se<strong>in</strong>, denn die Städte expandieren und entdecken die Kanalisation.<br />

Und für die Verdopplung der Zulieferungen liegen Geld und Zusagen se<strong>in</strong>er Lieferanten vor. Was<br />

sollte schief gehen?<br />

Von unserem Fabrikanten unbemerkt werden an anderer Stelle weiter entfernt ebenfalls Kapazitäten<br />

ausgebaut; nehmen wir an, weil die Nachfrage nach Straßenbahnschienen wächst oder<br />

aus irgende<strong>in</strong>em anderen Grund. Wenn unser Fabrikant da<strong>von</strong> wüßte, würde es ihn nicht <strong>in</strong>teressieren,<br />

weil das auf den ersten Blick mit se<strong>in</strong>en Gullydeckeln nichts zu tun hat. Trotzdem bekommt<br />

er es zu spüren. Denn obwohl weit entfernt, steigert das eben doch die Nachfrage nach<br />

Roheisen 452 und Koks und Transportkapazitäten beträchtlich. <strong>Das</strong> verändert <strong>in</strong> kurzer Zeit die<br />

Preise und führt sogar zu plötzlichen Lieferengpässen trotz aller vorher getroffenen Zusagen.<br />

Niemand weiß, ob und wann die Produktion <strong>von</strong> Roheisen und Kohle der gewachsenen Nachfrage<br />

folgen kann. Es s<strong>in</strong>d Bereiche mit hoher Kapitalfixierung und e<strong>in</strong>e Ausweitung braucht Zeit<br />

und entsprechende Kapazitäten der Anlagenbauer! <strong>Das</strong>selbe gilt für die Ausweitung der Transportkapazitäten.<br />

Plötzlich gerät alles, was <strong>in</strong> den Jahren zuvor stabil war und worauf die Planung<br />

unseres Kapitalisten beruhte, <strong>in</strong> Bewegung. Verflixte Vernetzung.<br />

Mittendr<strong>in</strong> unser Gully-Mann, der hart kämpfen muß, um se<strong>in</strong>e neuen Produktionskapazitäten<br />

halbwegs auszulasten, und der nun zu deutlich höheren Preisen produziert als geplant. Er kann<br />

se<strong>in</strong>e Anlagen nicht ruhen lassen; Wertrückfluß muß stattf<strong>in</strong>den und Z<strong>in</strong>sen müssen bezahlt<br />

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