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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Wirtschaftskrise, die im wöchentlichen Rhythmus mit dem H<strong>in</strong>weis auf externe Faktoren, exogene Wirkungen,<br />

Angstreaktionen der Märkte usw. immer wieder korrigiert wurden. Resumierend <strong>in</strong> der Neuen Zürcher Zeitung:<br />

"Alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> der letzten Woche haben aufgrund solcher düsterer Daten mehrere Forschungs<strong>in</strong>stitute ihre Prognosen<br />

für 2009 auf vor kurzem noch kaum vorstellbare Werte reduziert; die OECD erwartet nun e<strong>in</strong>e Schrumpfung des<br />

deutschen Brutto<strong>in</strong>landprodukts um 5,3%, das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung sagte 5%<br />

voraus, laut dem Rhe<strong>in</strong>isch-Westfälischen Institut werden es 4,3% se<strong>in</strong>." (NZZ 2.4.2009) Dieselben Institut hatten<br />

drei Monate zuvor noch e<strong>in</strong> leichtes Wachstum auf der Rechnung. Hier trifft die bekannte Metapher mit den<br />

Glashaus und den Ste<strong>in</strong>en recht gut.<br />

505 Selbstverständlich hält M. den Kampf für den Sozialismus für notwendig. Was hat er denn se<strong>in</strong> Leben lang<br />

getan? Aber das tat er, weil der Sozialismus eben nicht e<strong>in</strong>fach "folgt", sondern erkämpft werden muß. Insofern<br />

könnten wir sagen: Der Sozialismus wäre zwar die folgerichtige ("logische") Fortentwicklung der kapitalistischen<br />

Produktionsweise. Aber das letzte Wort hat auch hier die wirkliche Geschichte. Und die wird bekanntlich, wie wir<br />

<strong>von</strong> M. selbst gehört haben, <strong>von</strong> den Menschen selbst gemacht und nicht <strong>von</strong> Automaten.<br />

506 So hat M., während <strong>in</strong> England noch der 12- und 14-Stunden-Tag galt, die weitere Verkürzung der Arbeitszeit<br />

als Notwendigkeit erkannt. Er schreibt:<br />

"Es unterliegt nicht dem ger<strong>in</strong>gsten Zweifel, daß die Tendenz des Kapitals, sobald ihm Verlängrung des Arbeitstags<br />

e<strong>in</strong> für allemal durch das Gesetz abgeschnitten ist, sich durch systematische Steigrung des Intensitätsgrads<br />

der Arbeit gütlich zu tun und jede Verbeßrung der Masch<strong>in</strong>erie <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Mittel zu größrer Aussaugung der Arbeitskraft<br />

zu verkehren, bald wieder zu e<strong>in</strong>em Wendepunkt treiben muß, wo abermalige Abnahme der Arbeitsstunden<br />

unvermeidlich wird." (MEW 23, S.440)<br />

Dennoch gehört es immer noch zur beliebten Anti-<strong>Marx</strong>-Übung, ihm mit H<strong>in</strong>weis auf die langen Arbeitszeiten im<br />

19. Jahrhundert, die M. als e<strong>in</strong>er der ersten mit der Forderung nach dem 8-Stunden-Tag bekämpfte und deren<br />

Überw<strong>in</strong>dung er völlig richtig vorhersagte, als altmodisch und überholt abzutun.<br />

507 Die Neue Zürcher Zeitung, e<strong>in</strong> wohl <strong>in</strong>formiertes neo-ordoliberales Kampfblatt, schreibt: "<strong>Das</strong> Institut für<br />

deutsche Wirtschaftsforschung <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> hat letzte Woche auf Basis e<strong>in</strong>er Analyse der Prognosen der letzten zehn<br />

Jahre festgestellt, dass über das laufende Jahr h<strong>in</strong>ausreichende Prognosen 'nahezu ke<strong>in</strong>en Informationsgehalt'<br />

hatten." (NZZ, 2.4.2009)<br />

508 Dazu gehört dann auch der fast "natürliche" Wechsel zwischen euphorischen und niederschmetternden Phasen.<br />

M. selbst hat mit der Europa weiten Niederlage der 1848er Revolutionen, aber auch mit der brutalen Niederschlagung<br />

der Pariser Kommune <strong>von</strong> 1871 diesen Wechsel der Phasen erlebt. Gerade aus der Analyse der<br />

Niederlage heraus skizziert M. 1852 se<strong>in</strong>e Sicht des revolutionären Prozesses:<br />

"Proletarische Revolutionen… kritisieren beständig sich selbst, unterbrechen sich fortwährend <strong>in</strong> ihrem eignen<br />

Lauf, kommen auf das sche<strong>in</strong>bar Vollbrachte zurück, um es wieder <strong>von</strong> neuem anzufangen, verhöhnen grausamgründlich<br />

die Halbheiten, Schwächen und Erbärmlichkeiten ihrer ersten Versuche, sche<strong>in</strong>en ihren Gegner nur niederzuwerfen,<br />

damit er neue Kräfte aus der Erde sauge und sich riesenhafter ihnen gegenüber wieder aufrichte,<br />

schrecken stets <strong>von</strong> neuem zurück vor der unbestimmten Ungeheuerlichkeit ihrer eignen Zwecke, bis die Situation<br />

geschaffen ist, die jede Umkehr unmöglich macht." (MEW 8, S.111f) <strong>Das</strong>s ist nicht nur als "moralische Aufrüstung"<br />

geme<strong>in</strong>t. <strong>Das</strong> ist vor allem e<strong>in</strong>e Aufforderung an uns, alle Vorstellungen <strong>von</strong> gradl<strong>in</strong>igen oder automatischen<br />

Entwicklungen aus unserem Gedankenarsenal zu streichen. Und natürlich die Forderung, den eigenen Niederlagen<br />

analytisch zu begegnen: S<strong>in</strong>d es Niederlagen, <strong>in</strong> denen optimistische, aber unbegründete Hoffnungen<br />

vernichtet wurden, weil die objektiven Voraussetzungen für e<strong>in</strong>en Erfolg fehlten? Oder s<strong>in</strong>d es Niederlagen, die<br />

auf eigenen Fehler basieren und die gegnerischen Kräfte erst stark gemacht haben? Die Vitalisierung des beständigen<br />

Lern- und Erfahrungsprozesses aus der sozialen und politischen Bewegung heraus gehört zu den elementaren<br />

Pflichten für alle, die sich als M.s Erben betrachten.<br />

509 Anspielung auf e<strong>in</strong>en Ausspruch <strong>von</strong> Mao tse-tung, dem Führer der ch<strong>in</strong>esischen Revolution, der für viele<br />

Sprüche gut war: "Der Ste<strong>in</strong>, den sie gegen uns erheben, fällt auf ihre eigenen Füße." Geme<strong>in</strong>t waren natürlich<br />

die Gegner der Revolution.<br />

510 E<strong>in</strong> großer Vorteil unseres heutigen, vom Gold (weitgehend) befreiten Geldes ist ja, dass es zwar wegen der<br />

Fälschungssicherheit aufwändig produziert wird, verglichen mit dem Druck <strong>von</strong> Zeitungen oder Flugblättern, im<br />

Ganzen aber viel billiger <strong>in</strong> der Herstellung kommt als die Förderung <strong>von</strong> Gold und als Zirkulationsmittel immer <strong>in</strong><br />

ausreichender Menge verfügbar und regulierbar ist.<br />

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