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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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Fall der Profitrate führen, jener klassischen Formel, mit der die historischen Grenzen des Kapitalsystems<br />

auf den polit-ökonomischen Punkt gebracht werden.<br />

Zwischenfrage 22: Ist M.s Politische Ökonomie überhaupt zu widerlegen? Oder ist so "flexibel" angelegt,<br />

dass sie am Ende immer Recht hat? (S.179)<br />

Dabei dürfen wir als M.s Erben aber e<strong>in</strong>es nicht vergessen: "Historisch" heißt auch, M.s Theorie<br />

selbst historisch zu sehen, se<strong>in</strong>e Erkenntnisse zu prüfen und se<strong>in</strong>e Methode immer wieder neu<br />

fruchtbar zu machen. Ja, "historisch" bedeutet: Uns selbst, unsere Erkenntnisse und Ansichten,<br />

als historisch bed<strong>in</strong>gt, also ke<strong>in</strong>eswegs als zeitlos und als der Weisheit letzten Schluß zu betrachten.<br />

Auch für uns müssen wir akzeptieren, dass wir <strong>in</strong> den Grenzen unserer Zeit befangen s<strong>in</strong>d.<br />

Aber was soll's? Die Grenzen s<strong>in</strong>d vorhanden, aber längst nicht ausgelotet.<br />

Was ist Kapital? E<strong>in</strong> Selbstversuch<br />

Lassen wir M. e<strong>in</strong>fach mal l<strong>in</strong>ks liegen. Versuchen wir es selbst. Nehmen wir e<strong>in</strong>e<br />

Allerweltsfrage: Was ist Kapital? Darauf werden wohl die meisten Menschen etwas <strong>in</strong> der Art<br />

antworten "<strong>E<strong>in</strong>e</strong> Menge Geld"! Wer <strong>von</strong> uns e<strong>in</strong>mal zu e<strong>in</strong>er Menge Geld kommen sollte, vielleicht<br />

durch Erbschaft oder Lottogew<strong>in</strong>n, würde <strong>von</strong> jedem zweiten vermutlich mit den Worten<br />

"Jetzt bist du e<strong>in</strong> richtiger Kapitalist" beglückwünscht oder beneidet. Wären wir das wirklich?<br />

Ist jeder Drache, der auf e<strong>in</strong>em Haufen Gold und Diamanten se<strong>in</strong>en Drachenschlaf schläft, e<strong>in</strong><br />

Kapitalist? Wohl kaum. Unsere Erfahrung sagt uns, dass e<strong>in</strong> Kapitalist vor allem jemand ist, der<br />

nicht nur Geld hat, sondern Geld macht. Wir werden bei M. dafür später die e<strong>in</strong>fache Formel G-<br />

G' f<strong>in</strong>den. Soll sagen: Aus e<strong>in</strong>er Menge Geld (besser: Geldkapital) wird am Ende noch mehr<br />

Geldkapital. Der Zuwachs wird durch den Strich verdeutlicht. Aber wie geschieht das? <strong>Das</strong> ist<br />

genau e<strong>in</strong>e der oben bereits genannten Kernfragen der Politischen Ökonomie nach dem wachsenden<br />

Reichtum der Gesellschaft. Oder genauer: Nach dem Wachstum des Kapitals. Na bitte,<br />

auf die Frage zu kommen ist also nicht so schwierig. Weiter:<br />

Der jedem bekannte Weg, Geld zu machen, ist der, se<strong>in</strong> Geld zu verleihen. Entweder an e<strong>in</strong>e<br />

Bank; dann bekommt man Z<strong>in</strong>sen. Oder an e<strong>in</strong>en anderen Kapitalisten; dann bekommt man etwas<br />

<strong>von</strong> dessen Gew<strong>in</strong>n ab. Aber woher haben Bank und Kapitalist das Geld, mit dem sie uns,<br />

als ihre freundlichen Geldgeber, reicher machen?<br />

Irgendwas stimmt noch nicht. Zwar kann man durch Haareschneiden Geld verdienen. Und man<br />

kann vielleicht, wenn man anderer Leute Steuererklärung frisiert, selber wohlhabend werden.<br />

Aber ke<strong>in</strong>e Gesellschaft der Welt kann dadurch leben, dass sich ihre Mitglieder gegenseitig die<br />

Haare schneiden oder gegenseitig ihre Steuerklärungen frisieren. Also geht das auch nicht,<br />

wenn man sich gegenseitig Geld leiht.<br />

Nun gut, werden jetzt e<strong>in</strong>ige sagen, <strong>in</strong> der Realität funktioniert das ja auch anders: Der e<strong>in</strong>e<br />

nimmt fürs Haareschneiden 10 Euro, der andere 8 Euro. Klar doch, dass der mit dem teuren<br />

Haarschnitt reicher wird als der andere. Mal unterstellt, das würde funktionieren: Dann hätten<br />

wir zwar e<strong>in</strong>e Erklärung dafür, dass am Ende e<strong>in</strong>ige Friseure mehr Geld haben als andere. Aber<br />

wie sollten alle zusammen dann <strong>von</strong> Jahr zu Jahr reicher werden? Und genau das ist der Fakt,<br />

den unsere fleißigen PolitÖkonomen seit dem 18. Jahrhundert erklären müssen. Unsere Erklärung<br />

aber ist bisher nicht besser als Eschers Treppen. <strong>Das</strong> sieht auf den ersten Blick überzeugend<br />

aus. Aber man kommt damit nirgendwo h<strong>in</strong>.<br />

Spätestens jetzt werden wir e<strong>in</strong>ige der Bruchstücke an politischer Ökonomie reaktivieren, die wir<br />

irgendwann schon mal aufgenommen haben. Kapital, er<strong>in</strong>nern wir uns, ist ja nicht nur Geld, das<br />

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