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Spurensuche Teil 1. Eine Studienreise in "Das Kapital" von Karl Marx

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se Sichtweise übernehmen. Dennoch ist sie falsch; oder besser gesagt: Sie ist nur die halbe<br />

Wahrheit, weil sie zwar die Sache richtig beschreibt, aber die Wirkung für die Ursache nimmt.<br />

Denn ob neue Waren auf den Markt kommen und die Nachfrage verschieben, ob sich "Gewohnheiten<br />

der Konsumenten" verändern, ja sogar dann, wenn mit außerökonomischen Mitteln<br />

künstliche Verknappungen <strong>von</strong> Waren erzwungen werden: Die Korrektur erfolgt nicht als,<br />

sondern durch veränderte Preisbildung am Markt. Es s<strong>in</strong>d die veränderten Preisbildungen, die<br />

über das Wertgesetz zu den erforderlichen Korrekturen <strong>in</strong> der Produktion führen; und nur die<br />

wirklich stattf<strong>in</strong>dende Produktion entscheidet über das Angebot an Waren.<br />

Daher geht M.s Perspektive immer <strong>von</strong> der Produktion aus. Wir folgen ihm dar<strong>in</strong>. Denn auch für<br />

uns ist das Verhältnis <strong>von</strong> Angebot und Nachfrage, ja das gesamte Marktgeschehen, nichts anderes<br />

als e<strong>in</strong> Spiegelbild für die Verteilung der gesellschaftlichen Arbeit auf die e<strong>in</strong>zelnen Sektoren<br />

der Produktion und deren Produktivitätsentwicklung.<br />

Diese Verteilung wird durch erfolgreichen oder erfolglosen Verkauf der Waren und die dabei erzielten<br />

Preise immer wieder mit den tatsächlichen gesellschaftlichen Bedürfnissen abgeglichen.<br />

Und wie äußern sich diese Bedürfnisse? In der arbeitsteiligen Warenproduktion, die durch Produzenten<br />

erledigt wird, die <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander entweder nichts wissen oder die e<strong>in</strong>ander als Konkurrenten<br />

begegnen, gibt es dafür nur e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen wirklich wirksamen Regulator: Die Preisbildung<br />

und Nachfrage am Markt, mögen die Ergebnisse im e<strong>in</strong>zelnen und zeitweilig auch noch so<br />

absurd ersche<strong>in</strong>en wie zu Zeiten der holländischen Tulpenzwiebelspekulation oder bei Spekulationsblasen<br />

<strong>in</strong> neuerer Zeit. 156<br />

Damit stoßen wir auf den Kern des Wertgesetzes: Es sorgt für die proportionale Verteilung der<br />

gesellschaftlichen Arbeit auf die e<strong>in</strong>zelnen Sektoren oder Branchen der Produktion gemäß den<br />

(veränderbaren) gesellschaftlichen Bedürfnissen. Freilich immer nur rückwirkend und immer nur<br />

korrigierend.<br />

E<strong>in</strong>ige Schlaumeier nutzen die digitale Volltextsuche für denkwürdige Tests. Sie haben genau<br />

geprüft, wie oft der Begriff 'Wertgesetz' <strong>in</strong> den ersten drei Bänden des "Kapital" auftaucht:<br />

Nicht mehr als 50 mal. Sie haben dabei auch festgestellt, dass <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er "Werttheorie" <strong>in</strong> den<br />

ersten drei Bänden des "Kapital" überhaupt nicht die Rede ist.<br />

<strong>Das</strong> zielt wohl <strong>in</strong> die selbe Richtung, die auch e<strong>in</strong>ige <strong>von</strong> M.s Kritikern nach dem Ersche<strong>in</strong>en des<br />

<strong>1.</strong> Bandes des "Kapital" anvisierten. Die machten ihm nämlich den Vorwurf, se<strong>in</strong> Wertgesetz<br />

nirgends wirklich präzise zu def<strong>in</strong>ieren. Als Freund Kugelmann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief an M. über diesen<br />

Vorwurf berichtete, reagierte der merklich angesäuert. In se<strong>in</strong>er eher mürrischen Antwort an<br />

Kugelmann gibt M. e<strong>in</strong>e kurze Zusammenfassung se<strong>in</strong>er Sichtweise, die nur e<strong>in</strong>es deutlich<br />

macht: <strong>Das</strong>s nämlich das gesamte "Kapital" immer und immer wieder vom Wertgesetz und se<strong>in</strong>en<br />

verschiedenen Formen handelt, sich zu realisieren - oder mit anderen Gesetzen der kapitalistischen<br />

Produktionsweise <strong>in</strong> Konflikt zu geraten.<br />

Wir werden auf das Wertgesetz als dem Dreh- und Angelpunkt <strong>von</strong> M.s ökonomischer Theorie<br />

noch oft genug zurückkommen müssen. Vor allem haben wir genau zu prüfen, wie das Wertgesetz<br />

bei kapitalistischer Produktionsweise wirkt und welche Konflikte sich daraus ergeben. Und<br />

wir haben natürlich zu fragen, welche Bedeutung es für den heutigen Kapitalismus hat, der ja<br />

<strong>von</strong> der Warenproduktion, die unserer Argumentation bisher zugrunde liegt, trotz der <strong>in</strong>zwischen<br />

erfolgten Konkretisierungen immer noch e<strong>in</strong> gutes Stück entfernt ist.<br />

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